# taz.de -- Verfassungsreferendum in Kirgistan: Augen zu und durchregieren
       
       > Kirgistans Präsident Japarow hat vom Wahlvolk zusätzliche Vollmachten
       > erhalten. Kritiker*innen sprechen von zahlreichen Rechtsverstößen.
       
 (IMG) Bild: Bei der Abstimmung am Sonntag in Bischkek: Kirgistans Präsident Sadyr Japarow mit Ehefrau
       
       Berlin taz | Carte blanche für Kirgistans Präsident Sadyr Japarow: Am
       Sonntag hat eine Mehrheit der Kirgis*innen ihren Präsidenten bei
       [1][einem Verfassungsreferendum mit weitreichenden Vollmachten
       ausgestattet]. Die Wahlbeteiligung in dem zentralasiatischen, mehrheitlich
       muslimisch geprägten Staat an der Grenze zu China lag bei knapp 40 Prozent.
       Damit eine Volksabstimmung gültig ist, müssen mindestens 30 Prozent der
       Wähler*innen ihre Stimme abgeben.
       
       Der Machtzuwachs für den Staatschef, der jetzt für zwei Amtsperioden zu je
       fünf Jahren auf seinem Posten bleiben kann, ist immens. So ernennt und
       entlässt er Regierungsmitglieder, die Vorsitzenden des Verfassungsgerichts
       und des Obersten Gerichtshofs sowie deren StellvertreterInnen. Anders als
       bislang kann er Volksentscheide initiieren. Die Kompetenzen des Parlaments
       werden reduziert – genauso wie die Anzahl der Mandate. Künftig werden nur
       noch 90 statt wie bisher 120 Angeordnete im Parlament sitzen.
       
       Japarows politische Blitzkarriere hatte im Herbst vergangenen Jahres
       begonnen. Im Zuge von Protesten gegen Fälschungen bei der Parlamentswahl am
       4. Oktober war er aus dem Gefängnis befreit und wenig später zum
       Regierungschef gewählt worden. Nach dem Rücktritt des damaligen Staatschefs
       Sooronbai Dscheenbekow übernahm er auch dessen Posten kommissarisch.
       
       Von Anfang an hatte Japarow, der gerne den Anti-Korruptionskämpfer gibt,
       kein Hehl daraus gemacht, [2][die Verfassung im Sinne einer Stärkung des
       Präsidentenamtes umbauen zu wollen]. Nur so könne der 6,5
       Millionen-Einwohner-Staat wieder zu Stabilität zurückkehren, lautete das
       Mantra.
       
       ## Auf dem Weg in die Autokratie
       
       Am 10. Januar 2021 wurde Japarow mit 79 Prozent der Stimmen bereits im
       ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt. Bei einem zeitgleich
       stattfindenden Referendum stimmten 84 Prozent für die Wiedereinführung
       eines Präsidialsystems.
       
       Kritiker*innen hatten von Anfang an diesen Schritt abgelehnt und vor
       der Entwicklung hin zu einer Autokratie gewarnt. Für besonders viel Unmut
       sorgte auch, dass keine breite öffentliche Debatte über das
       Verfassungsprojekt stattgefunden hatte.
       
       Am Wahltag selbst hatte das unabhängige Nachrichtenportal Klopp.kg von
       zahlreichen Verstößen gegen die Wahlgesetze berichtet. Klopp. kg zitiert
       dabei Atyr Abdrachmatowa, ehemaliges Mitglied der Zentralen Wahlkommission
       und eine der bekanntesten Wahlexpert*innen Kirgistans.
       
       Laut Abdrachmatowa sei die Vorbereitung auf den Wahltag gleich null
       gewesen. Die Anzahl der Wahlverstöße, wie der Kauf von Stimmen und die
       Manipulation von Wähler*innenverzeichnissen, gleiche in etwa der bei der
       Parlamentswahl im vergangenen Herbst. Diese Rechtsbrüche habe es jedoch
       gebraucht, um das Stimmenquorum für den Volksentscheid zu erreichen.
       
       Doch derartige Einschätzungen fichten Japarow nicht an – im Gegenteil. Noch
       am Sonntag nutzte er seine Stimmabgabe dazu, um medienwirksam für das
       Referendum zu werben. „Innerhalb von 30 Jahren haben wir mehrmals unser
       Grundgesetz geändert und dabei jedes Mal von den Verfassungen anderer
       Länder abgeschrieben. Dieses Mal haben wir unsere Verfassung erstmals
       selbst vorbereitet“, sagte er. In diesen Prozess sei, neben Expert*innen,
       auch das Volk eingebunden gewesen.
       
       12 Apr 2021
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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