# taz.de -- Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge: Der Streit geht weiter
       
       > Der Historiker Moshe Zimmermann und weitere Israelis kritisieren den
       > Wiederaufbau der Hamburger Synagoge. Die Gedenkstätte müsse erhalten
       > bleiben.
       
 (IMG) Bild: Seit 1988 Erinnerungsort: Der Joseph-Carlebach-Platz
       
       Hamburg taz | Die Kritik an den Wiederaufbauplänen [1][für die Synagoge am
       Bornplatz], der heute Joseph-Carlebach-Platz heißt, wächst weiter: Nun
       haben sich 45 Israelis um den Wissenschaftler Moshe Zimmermann in einem
       Brief zu Wort gemeldet. Sie drücken ihr Unverständnis darüber aus, dass für
       einen Neubau die Erinnerungsstätte im Grindelviertel beseitigt werden soll.
       
       Ein Neubau würde damit „die Tragödie, die von den Nazis verübt wurde,
       untergraben“. Erhalten haben den Brief die Israelische Botschaft in Berlin,
       die Jüdische Gemeinde in Hamburg und Bürgermeister Peter Tschentscher
       (SPD).
       
       Zimmermann ist emeritierter Historiker und Antisemitismusforscher. Seine
       Eltern waren in Hamburg geboren, mussten 1937 allerdings aus Deutschland
       fliehen. Zimmermann kehrte zu Forschungsaufenthalten später für viele Jahre
       nach Hamburg zurück und konzentrierte sich auch an der Hebräischen
       Universität Jerusalem vorwiegend auf die deutsche Geschichte.
       
       Zu den 44 mitunterzeichnenden Israelis gehören etwa auch der ehemalige
       israelische Botschafter in der Bundesrepublik, Avi Primor, und der Künstler
       Micha Ullman, der 14 Jahre lang Professor für Bildhauerei an der
       Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart war.
       
       ## Gedenkstätte soll erhalten bleiben
       
       Ihre zentrale Kritik an den Plänen ist, dass [2][an dem Ort derzeit eine
       beeindruckende Gedenkstätte] existiere. Diese durch einen Wiederaufbau der
       1906 errichteten Synagoge zu beseitigen, würde „das Ausmaß der Untaten
       untergraben, die von den Nazis begangen wurden“.
       
       Das bestehende Denkmal der Künstlerin Margrit Kahl solle erhalten bleiben.
       Kahl hatte 1988 am Bornplatz ein Bodenmosaik erschaffen, der dem Umriss der
       Synagoge nachempfunden ist. Würde in Hamburg dennoch dringend eine neue
       Synagoge gewollt sein, solle sie besser an anderer Stelle gebaut werden.
       
       Von Zimmermann wiederum ist der Brief nicht die erste Stellungnahme zu den
       Wiederaufbauplänen. Mitte Januar hatte er in einem Gastbeitrag im
       Tagesspiegel ebenso deutliche Worte gefunden, besonders zur
       Unterstützungskampagne „Nein zu Antisemitismus, Ja zur Bornplatzsynagoge“:
       Wer gegen Antisemitismus sei, müsse zwingend den Wiederaufbauplänen
       zustimmen, las er aus der Kampagne heraus.
       
       Das empfand er als einen dreisten Versuch gegen jedwede Kritik. „Wer gegen
       den Neuaufbau der Synagoge auf dem ehemaligen Bornplatz ist, ist also
       Antisemit“, kritisierte er.
       
       Im Hamburger Abendblatt wiederholte der bekennende HSV-Fan Zimmermann die
       Kritik an dem Slogan, für ihn klinge das wie „Gegen Rassismus, für den
       Aufstieg des HSV“.
       
       ## Jüdische Gemeinde wehrt sich gegen Kritik
       
       Unterstützer:innen sehen im Bau der Synagoge hingegen eine
       Möglichkeit, etwas gegen Antisemitismus in der Gesellschaft zu unternehmen.
       „Die Bornplatzsynagoge wird ein Ort der Begegnung und des Dialoges, um
       Unwissenheit und Vorteile abzubauen“, sagte der Initiator Daniel Sheffer
       zum Abschluss der Kampagne.
       
       107.000 Unterschriften hatte die Kampagne gesammelt. SPD, Grüne, CDU, FDP
       und Linke in Hamburg haben sich geschlossen [3][hinter die Idee gestellt,
       eine repräsentative Synagoge am Bornplatz zu errichten.]
       
       Die Jüdische Gemeinde in Hamburg hatte sich gegen die Kritik zuletzt
       vielfach gewehrt – und argumentiert auch auf Grundlage der Bedeutung des
       Bornplatzes. „Die Nazis haben sozusagen bis heute gewonnen, haben erreicht,
       dass dieser Platz leer ist – auch wenn zumindest, und das ist hoch
       anzuerkennen, an die Synagoge erinnert wird. Aber deren Bunker steht noch –
       unsere Synagoge nicht“, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeine,
       Philipp Stricharz, kürzlich der taz.
       
       Nicht zuletzt durch den Brief wird die Debatte um eine neue Synagoge in
       Hamburg mittlerweile auch international geführt. Vorige Woche kritisierte
       ein Beitrag in der liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz die
       Wiederaufbaupläne. Die im Brief verfasste Kritik fällt in eine Woche, in
       der sich in Hamburg im Rahmen des bundesweit begangenen Festjahrs „1.700
       Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ Kultur- und Bildungseinrichtungen mit
       der jüdischen Geschichte und Gegenwart auseinandersetzen.
       
       23 Feb 2021
       
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