# taz.de -- Leipziger Kollektiv über Coronapandemie: „Wir bleiben optimistisch“
       
       > Der Leipziger Club Institut fuer Zukunft (IfZ) ist für progressive
       > elektronische Musik bekannt. Wie kommt er durch die Coronapandemie?
       
 (IMG) Bild: Lauschiges Plätzchen: Der sogenannte Teergarten im Leipziger Institut fuer Zukunft
       
       taz: Im Sommer 2020 hat das Institut fuer Zukunft einen Biergarten
       eröffnet, Ersatz dafür, dass Ihr Club selbst aufgrund der
       Coronapandemie-Beschränkungen geschlossen bleiben musste. Wie haben das
       Ihre Gäste aufgenommen? 
       
       Jasmin (IFZ-Redaktion): Dass wir mal einen Freisitz mit Fassbier eröffnen,
       hätten wir uns Anfang des letzten Jahres bestimmt nicht vorstellen können.
       Die Sehnsucht, das [1][Institut fuer Zukunft] nach der Schließung im März
       wiederzubeleben, war groß. Sowohl aufseiten der Crew als auch bei
       Freund:innen des Ladens. Wir haben unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen,
       die ständig angepasst wurden, einen Raum geschaffen, der uns und unseren
       Gästen ein Gefühl von Gemeinschaft zurückgegeben hat. Mit der
       „Asphaltromantik“, die dabei entstanden ist, haben wir versucht, eine
       Brücke zu schlagen zwischen industriellem Technokeller und klassischem
       Biergartenkonzept. Wir nannten es deshalb Teergarten.
       
       Welche Vorteile hat die Arbeit im Kollektiv nun im längerfristigen
       Ausnahmezustand mit Corona? Wurde Ihnen zusätzliches Vertrauen seitens der
       Gäste entgegengebracht? 
       
       Neele (Booking, Resident): Die Unterstützung von Kolleg:innen und
       Freund:innen des IfZ war unglaublich, wir sind immer noch überwältigt.
       Wenngleich alle Mitarbeitenden von einem auf den anderen Tag ihren Job
       verloren haben oder in die Kurzarbeit geschickt wurden, ist die Solidarität
       für den Laden nicht abgerissen. Das hat uns allen sehr viel Kraft in den
       anstrengenden ersten Wochen der Krise gegeben, die doch von sehr viel
       Ängsten geprägt war. Auch von Freund:innen des IfZ kam große
       Unterstützung auf allen Ebenen. Egal ob Partycrews, Labels,
       Künstler:innen oder Gäste – ohne deren Support hätten wir es wohl nicht
       weit geschafft.
       
       Wie fällt Ihre Bilanz nach einem Jahr Corona aus? 
       
       Neele: Festzuhalten bleibt, dass sich viele derzeit in prekären
       Verhältnissen befinden. Ehrenamt und Support ist ein Luxus, den man sich
       nicht immer leisten kann. Es kam auch zu Erschöpfungserscheinungen, und
       natürlich mussten sich auch viele anderweitig orientieren. Schlussendlich
       führt es dazu, dass Teile der Belegschaft wegbrechen und sich viele nicht
       mehr so engagieren können, wie sie vielleicht möchten. Was das für unseren
       Club heißt, wird sich noch zeigen. Wir bleiben aber optimistisch.
       
       Wird Corona für Sie im Speziellen, in der Clubszene im Allgemeinen,
       nachhaltige Veränderungen mit sich bringen? Profitieren nun Clubs, die sich
       einen guten Ruf erarbeitet haben? Ist das kulturelle Kapital Gold wert? 
       
       Neele: Aus Booking-Sicht kann ich sagen, dass ich schon einige Vorteile
       sehe. Die Pandemie ist auch Chance für einen Neuanfang, gerade was die
       Diversität von Line-ups angeht. Man hat Zeit, sich umzustrukturieren, sich
       neu zu orientieren. Wie will man weiter in diesem doch oft sehr
       gewinnorientierten Business agieren? Welche ideellen Werte kann man wie
       stärken? Wie geht man zukünftig mit den teils horrenden Gagenforderungen
       um? Wie kann man dem entgegenwirken? Ein Vorteil wird definitiv für die
       lokale Künstler:innen-Szene entstehen.
       
       Aufgrund von Reisebeschränkungen wird es schwierig werden, Acts aus dem
       Ausland zu engagieren. In Leipzig gibt es auch eine wirklich starke und
       facettenreiche elektronischen Musikszene, da haben wir sehr viel Glück.
       Dies ist die Chance, die lokalen Kräfte sichtbarer zu machen und ihnen
       öfter den Platz geben zu können, der in der Vergangenheit aufgrund von
       wirtschaftlichen Zwängen und dem „Big-Name-Business“ zu kurz kam. Darüber
       freue ich mich sehr. Ich denke zudem, dass jenseits von Berlin auch andere
       Städte von dieser Entwicklung profitieren können!
       
       Ihre Crowdfunding-Kampagne hieß „A future sound is possible“. In welche
       Richtung wollen Sie sich entwickeln? Schon vor Corona hielt sich das
       Gerücht, Clubkultur beziehungsweise Techno und elektronische Tanzmusik,
       seien tot. War Ihr Slogan als Antwort auf diesen Pessimismus gedacht? 
       
       Neele: Die „Coronakrise“ hat in der Tat viele strukturelle Probleme
       offenbart, die schon lange im Verborgenen schlummerten. Ich denke da an
       prekäre Arbeitsverhältnisse, generell in der Kultur, oder aber auch
       Gagenforderungen, die für einen DIY-Club in Ostdeutschland schlicht nicht
       zu stemmen sind. Der Slogan gibt keine Antwort auf den medial postulierten
       Techno-Tod. Es ging vielmehr darum, dass uns durch Corona unser Freiraum,
       der so viel mehr als nur Techno ist, genommen wurde: Dadurch fehlen
       soziales Miteinander, politische Arbeit, Debatten, Backstage- und
       Dancefloor-Gespräche, die sich später zu großen Diskussionen entwickeln.
       Man kann sagen, dass sich das IfZ auf dem Höhepunkt befunden hat, als es
       schließen musste.
       
       Sachsen ist härter als andere Bundesländer von hohen Corona-Infizierungen
       betroffen. Wie planen Sie in so einer Situation als Club eigentlich für die
       Zukunft? Ist daran überhaupt zu denken? 
       
       Neele: Generell können wir sagen, dass wir viel planen, viel verwerfen,
       wieder neu planen, wieder neu verwerfen und alles von vorn. Neben vielfach
       verschobenen Buchungen stellt sich langsam die Frage der Aktualität von
       bestehenden Konzepten.
       
       Das rührt daher, dass wir zurzeit sehr viele inhaltliche Diskussionen über
       die Struktur und Ausrichtung des IfZ führen. Das ist natürlich auch ein
       positiver, wenngleich anstrengender Effekt der „Coronapause“: Die Suche
       nach tradierten Rollen- und Denkmustern in unserer Struktur und den Versuch
       ihres Aufbrechens. Wir stellen uns derzeit inhaltliche und auch unbequeme
       Fragen: Etwa, wie können wir gesellschaftlich marginalisierte Gruppen
       bestärken und auch ihnen eine Zukunft am Laden bieten.
       
       Wie konkretisiert man solche Überlegungen? 
       
       Neele: Dies schließt Fragen der Personalstruktur mit ein, bis hin zur Suche
       nach der Antwort, wie wir uns den Neustart auf verschiedenen Ebenen
       vorstellen. Des Weiteren begleitet uns die Frage des finanziellen
       Durchhaltevermögens. Wir stellen weiterhin Anträge zur Förderung, klären
       Angestelltenverhältnisse, starten Merch- und andere Soli-Kampagnen. Es gibt
       Bestrebungen in verschiedene Richtungen, so müssen auch wir uns mit den
       üblichen Fragen zum aktuellen Pandemiegeschehen auseinandersetzen. Es gibt
       Anfragen, dass wir ein Impfzentrum werden. Wir hatten auch die momentan
       beliebte Presseanfrage zu bewältigen, inwieweit wir bereits Geimpften einen
       schnelleren Zugang ermöglichen möchten Das machen wir natürlich nicht.
       
       Sie sprechen gerade den Zugang für bereits Geimpfte an. Sie planen also
       damit, dass es irgendwann wieder losgeht. Da droht ja eine Situation, wo
       Sie von null wieder auf hundert hochfahren müssen, innerhalb kürzester
       Zeit. Wie planen Sie da im Voraus? 
       
       Neele: Wir müssen ganz praktische Voraussetzungen für einen Neustart
       schaffen; das steht weit oben auf unserem Plan. Wo bekommen wir eine
       Lüftungsanlage her? Können wir den Laden handicap-gerechter machen und wenn
       ja, wie? Welche Umbauten sind notwendig und wie finanzierbar? Zur
       kulturellen Wiederaufnahme des Betriebs machen wir uns ebenfalls Gedanken.
       Zum einen hat sich das Konzept des „Teergartens“ im IfZ bewährt und auch
       2021 planen wir, in etwas modifizierter Form damit weiterzumachen.
       
       Ergänzen wollen wir das Programm durch eine Art Hybrid-Veranstaltung –
       einer Mischung aus Ausstellung und performativer Kunst, um auch den Raum
       IfZ neu zu denken. Auch Diskussionsveranstaltungen, Kino und Performance
       stehen weiterhin auf dem Plan, ebenso wie die Bereitstellung der
       IfZ-Infrastruktur für Seminare und Workshops politischer Gruppen. Ideen
       gibt es genug!
       
       7 Feb 2021
       
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