# taz.de -- Flüchtlingselend an EU-Grenze: Berlin blickt auf Bosnien
       
       > Der Flüchtlingsrat fordert vom Senat ein Aufnahmeprogramm für in Bosnien
       > gestrandete Geflüchtete. Die Zustände dort seien schlimmer als in Moria.
       
 (IMG) Bild: Auch Familien sind bei kaltem Wetter in Bosnien unterwegs Richtung Kroatien (Foto vom 10.12.20)
       
       Berlin taz | Der Flüchtlingsrat fordert den Senat auf, in Bosnien
       gestrandete Geflüchtete aufzunehmen. Die Regierung möge umgehend ein
       Landesaufnahmeprogramm auflegen, um Menschen von dort aufzunehmen, schrieb
       der Rat am Dienstag [1][in einem Appell] an den Regierenden Bürgermeister
       Michael Müller, Innensenator Andreas Geisel (beide SPD) sowie
       Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke).
       
       Da Bosnien nicht in der EU sei, könne Bundesinnenminister Horst Seehofer
       (CSU) ein solches Programm auch nicht – wie voriges Jahr im Fall
       Griechenland – mit dem Argument ablehnen, laut der Dublin-Regeln sei man
       nicht zuständig. Sprecher Georg Classen: „Seit Jahren riegelt Kroatien mit
       Unterstützung der EU-Grenzschutzagentur Frontex die bosnische Grenze
       rigoros ab. Auch das BMI unterstützt die Maßnahmen.“
       
       Infolge dieser Politik kampieren Tausende Geflüchtete weitgehend
       ungeschützt in den Wäldern Bosniens oder in Notlagern der Internationalen
       Organisation für Migration (IOM) nahe der Grenze. Eines dieser Lager, nahe
       dem Ort Lipa, war kurz vor Weihnachten abgebrannt. [2][Dennoch harren dort
       nach taz-Berichten etwa 900 Menschen aus], die bosnische Armee soll das
       Lager nun winterfest machen. Mindestens 800 weitere sollen in Lipas Umland
       umherirren, darunter auch Kinder. In der Region herrscht derzeit strenger
       Winter.
       
       In seinem Appell zitiert der Flüchtlingsrat den Bericht eines seiner
       Mitglieder. Die ausgebildete Krankenpflegerin war im November mit einer
       Hilfsorganisation ehrenamtlich im medizinischen Einsatz nahe der Grenzstadt
       Velika Kladuša. Die Lage dort sei schlimmer als in Moria, wo sie zuvor
       gewesen war. Viele Geflüchtete hätten infolge von Misshandlungen bei
       Pushbacks durch die kroatische Polizei Verletzungen erlitten, aber
       keinerlei Zugang zu medizinischer Versorgung. Seitens der bosnischen
       Behörden sei humanitäre Hilfe durch NGOs verboten.
       
       Der Senat hatte im vorigen Jahr ein Aufnahmeprogramm für 300 Geflüchtete
       von den griechischen Inseln beschlossen, Seehofer verweigerte seine
       Zustimmung. Dagegen hat R2G vor Kurzem Klage erhoben. Auch einem
       Aufnahmeprogramm für Bosnien müsste Seehofer zustimmen, allerdings würde
       hier sein Hauptargument – die EU-Dublin-Regeln – nicht greifen.
       
       In einer ersten Version des Textes hatte gestanden, das Mitglied des
       Flüchtlingsrates, das von der Situation in Bosnien berichtet hatte, sei
       Ärztin. Dies ist nicht korrekt, die Frau ist ausgebildete Krankenpflegerin.
       Wir bitten dies zu entschuldigen.
       
       5 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/appell_aufnahme_bosnien.pdf
 (DIR) [2] /Gefluechtete-in-Bosnien-und-Herzegowina/!5737977
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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