# taz.de -- Offizielle Zahlen zu Nazi-Konzerten: Bloß ein statistischer Fehler?
       
       > In den letzten Verfassungschutzberichten sind nicht alle rechtsextremen
       > Konzerte aufgelistet, die stattfanden. Das Innenministerium weist den
       > Vorwurf der Lüge zurück.
       
 (IMG) Bild: Wat ne traurige Veranstaltung: „Rock gegen Überfremdung“ im thüringischen Themar im Juli 2017
       
       Berlin epd | Im Verfassungsschutzbericht tauchen nicht alle als
       rechtsextremistisch eingestuften Konzerte auf. „Die Verfassungsschutzämter
       belügen in ihren Berichten die Öffentlichkeit“, erklärte die
       Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst
       (epd) in Berlin. „Der Inlandsgeheimdienst verharmlost das tatsächliche
       Ausmaß der Nazi-Umtriebe in Deutschland.“ In den Verfassungsschutzberichten
       für 2018 und 2019 seien deutlich weniger Veranstaltungen aufgezählt worden,
       als die Bundesregierung den Bundestagsabgeordneten auf Anfragen hin
       mitgeteilt habe.
       
       Das Bundesinnenministerium wies den Vorwurf der Lüge entschieden zurück. Es
       bestehe eine „statistische Diskrepanz“ zwischen den Angaben zu
       rechtsextremistischen Musikveranstaltungen im parlamentarischen Fragewesen
       im Vergleich zum jährlichen Verfassungsschutzbericht, erklärte das
       Ministerium in Berlin.
       
       Diese Diskrepanz sei auf eine unterschiedliche Veröffentlichungs- und
       Berichtspraxis, auch in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern,
       zurückzuführen. Eine solche statistische Diskrepanz sollte es möglichst
       nicht geben, räumte das Ministerium ein. Die derzeitige Berichtspraxis
       werde geprüft.
       
       Nach Darstellung von Jelpke wurden den Abgeordneten für 2018 insgesamt 320
       [1][Konzerte der rechtsextremen Szene] genannt, im Bericht des
       Bundesverfassungsschutzes aber nur 270 Konzerte. Für 2019 waren laut
       Regierungsantworten 372 rechtsextreme Musikveranstaltungen registriert
       worden, aber nur 311 laut Verfassungsschutzbericht. Die Zeitungen der
       Essener Funke Mediengruppe hatten zuerst über dieses Thema berichtet.
       
       ## Innenministerium streitet Fehler ab
       
       Die nachträgliche Streichung eines Teils der Konzerte sei bei der
       jährlichen Abstimmung mit den Landesämtern für Verfassungsschutz erfolgt,
       heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine
       parlamentarische Anfrage der Linken-Fraktion, die dem epd vorliegt. Grund
       dafür sei, dass die Landesämter „nur solche Musikveranstaltungen für den
       eigenen Jahresbericht statistisch erfassen, über deren Durchführung offene
       bzw. maximal als ‚Verschlusssache (VS)-Nur für den Dienstgebrauch‘
       eingestufte Erkenntnisse vorliegen“, heißt es laut Bericht. Konzerte, über
       die geheime „höher eingestufte Erkenntnisse“ vorlagen, seien nicht gezählt
       worden.
       
       In seiner Stellungnahme vom Mittwoch, 2. September, erläuterte das
       Bundesinnenministerium, dass insbesondere dann von einzelnen Landesämtern
       für Verfassungsschutz Musikveranstaltungen für den Jahresbericht nicht
       berücksichtigt würden, wenn die Zahl der Musikveranstaltungen mit „höher
       eingestuften Erkenntnissen“ gering sei. Denn dann seien unter Umständen
       Rückschlüsse auf einzelne Veranstaltungen möglich und operative Maßnahmen
       gefährdet.
       
       Für die Beantwortung der quartalsweisen parlamentarischen Anfragen zähle
       das [2][Bundesamt für Verfassungsschutz] hingegen der Vollständigkeit
       halber alle bis zum Beantwortungszeitpunkt bekannten Musikveranstaltungen,
       betonte das Ministerium. Dies geschehe unabhängig von der jeweiligen
       Einstufung. Wegen der größeren Gesamtzahl und der bundesweiten Angabe ohne
       Länderzuordnung bestehe keine Gefährdung der operativen Maßnahmen.
       
       2 Sep 2020
       
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