# taz.de -- Klimafreundlich Essen in Berlin: Geschmack der Zukunft
       
       > Der Berliner Ernährungsrat setzt sich für gutes und klimafreundliches
       > Essen für alle ein – und nutzt dafür die Kollektivintelligenz in der
       > Stadt.
       
 (IMG) Bild: Eher nicht bio: Gemüse in einem Lebensmittel-Discounter
       
       „Berlin ernährt sich klima- und sozial gerecht im Jahr 2030“ – unter diesem
       Motto veranstaltet der Berliner Ernährungsrat eine Aktionskonferenz.
       Gegenwärtig finden Ideenküchen statt, in denen vielfältige Menschen ihre
       Kompetenzen als Zutaten liefern. Vom 19. bis 21. November sollen die
       Projekte fertig gebacken und serviert werden.
       
       „Der globale Lebensmittelsektor ist für bis zu einem Drittel der
       Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich“, schreibt Johan Rockström,
       Leiter des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Landwirtschaft,
       Transport, Verarbeitung, ein Drittel des Essens landet im Müll, hoher
       Fleischkonsum – all das trägt dazu bei. Doch auch aus anderen Gründen kann
       es nicht so weitergehen: Unsere Art der Ernährung ist Hauptursache für den
       rasanten Artenschwund, Adipositas als Volkskrankheit, katastrophale
       Arbeitsbedingungen auf Feldern und in Schlachthöfen sowie die Abholzung der
       Regenwälder. Einzelne Problemfelder isoliert zu betrachten, macht keinen
       Sinn – in den Fokus gehören Lösungen.
       
       Rockström hat einen Speiseplan zusammengestellt, wie jeder Mensch auf der
       Welt klimafreundlich satt werden kann. Das Leibniz-Zentrum für
       Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg hat ausgerechnet, dass Berlin mit
       Lebensmitteln aus einem Radius von etwa 100 Kilometern rund um die Stadt zu
       versorgen wäre. Der Kompass zeigt die Richtung: Überwiegend regional und
       saisonal, wenig Fleisch und Verzicht auf gefährliche Agrochemikalien.
       
       Zugleich müssen die Lösungen anständige Arbeitsbedingungen ermöglichen und
       gute Lebensmittel für alle – nicht nur für Wohlhabende. Bei näherer
       Betrachtung erweisen sich Billiganbieter auch für ärmere Konsumentengruppen
       als Teil des Problems. Die Aldi-Erben führen die Liste der reichen
       Deutschen an, Schlachter Tönnies belegt Platz 85. Dass viele Haushalte
       immer weniger Geld für Lebensmittel haben, liegt auch an steigenden Mieten
       – und die werden teurer, weil Reiche Immobilien als Investitionsobjekte
       suchen.
       
       ## Aktionskonferenz im November
       
       Berlin hat sich als eine der ersten Städte verpflichtet, ein gerechtes,
       dauerhaft tragfähiges Ernährungssystem einzurichten. Seit vergangenem
       Dezember gilt die Klimanotlage. Doch bei der Umsetzung hapert es. Zum
       Startschuss soll nun die Aktionskonferenz vom 19. bis 21. November werden,
       die von Berlin 21/RENN.mitte und der Verbraucherschutzabteilung im
       Justizsenat unterstützt wird.
       
       Nötig sind außerdem Orte in jedem Bezirk, wo Lebensmittel gelagert,
       gehandelt und verarbeitet werden und wo Ernährungsbildung stattfindet. Das
       Baumhaus im Wedding entwickelt gerade die Grundlagen für LebensMittelPunkte
       (LMP). Außerdem setzen sich Berliner Ernährungsrat und thf.vision für einen
       Ernährungscampus im Tempelhofer Flughafen ein, damit sich Praxis, Forschung
       und Bildung gegenseitig vorantreiben können.
       
       Ein Konzept gibt es bereits, die für Ernährung zuständige Staatssekretärin
       Margit Gottstein hat den Raumbedarf angemeldet – doch die Verwaltung will
       zehn Jahre ohne Bürgerbeteiligung sanieren. So lange kann Berlin nicht
       warten. Deshalb wird der Ernährungscampus jetzt „im Exil“ weiterentwickelt.
       
       25 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annette Jensen
       
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