# taz.de -- Zukunft des Bauwagenplatzes „Ölhafen“: Kampf der Kulturen
       
       > Die CDU reibt sich am Bauwagenplatz im Kleingartengebiet Bremen-Walle.
       > Die Frage nach seiner Zukunft hängt eng mit der Stadtentwicklung
       > zusammen.
       
 (IMG) Bild: Regt sich noch jemand über alternative Lebensformen auf? Die CDU in Walle probiert's
       
       Bremen taz | Der Text am Schwarzen Brett des „Kleingarten- und
       Gartenheimervereins Walle“ ist eindeutig: „Ungesetzlich“ und
       „unangekündigt“ habe sich der Bauwagenplatz Ölhafen 2018 im Gartengebiet
       niedergelassen, schreibt die Waller CDU dort. Und: „Eine Auflösung der
       Belagerung ist noch lange nicht in Sicht!“ Die Partei will den belagerten
       Gartenheimer*innen beistehen, für Samstag plant sie eine Versammlung.
       
       Vordergründig geht es um Lärmbelästigung: Bei Konzerten habe es bis in die
       Nacht hinein „Musik und Ramba Zamba“ gegeben. „Es ist ja klar, dass den
       Kleingärtnern das nicht gefällt, wenn sie abends in Ruhe grillen wollen“,
       so Kerstin Eckardt, Vorsitzende des CDU Ortsverbandes Walle und
       Beiratsmitglied.
       
       Laut Rosa und Luca vom Ölhafen ist aber Lärm gar kein Problem mehr: Sie
       hätten ohnehin ein Veranstaltungsverbot aus baurechtlichen Gründen
       bekommen. „Die Bühne haben wir brav zurückgebaut“, so Luca, „und das
       Zwangsgeld bezahlt“. Wie es kulturell für den Platz weitergehe, sei gar
       nicht abzusehen. Neun Konzerte habe man 2019 veranstaltet, 2020 keines.
       
       Dass die CDU sich nun trotzdem des Ölhafens annehme, habe System: [1][„Erst
       das Sportamt], jetzt wir – die CDU ist gerade law-and-order-mäßig gegen
       linke Projekte aktiv, um sich zu profilieren“, glaubt Rosa.
       
       Wie das ankommt, bleibt ungewiss. Der „Kleingärtner- und Gartenheimerverein
       Walle“ steht schon lange ohne kompletten Vorstand da und antwortet nicht
       auf eine entsprechende Anfrage. Und beim benachbarten „Kleingartenverein
       Union“ bekommt man am Telefon nur die automatische Ansage zu hören, man
       solle sich keine Hoffnung auf eine Parzelle mit Laube machen: „Bei uns gibt
       es nur noch brachgefallene Gärten.“
       
       ## Ein Nutzungsvertrag ist rechtlich schwierig
       
       Auch vor Ort machen sich die Gärtner*innen trotz schönsten Gartenwetters
       rar. Ein einzelner Parzellist immerhin mag sprechen. Die Ölhafen-Leute
       sollten sich an Regeln halten, meint er: Mit Musik müssten sie sich zurück
       halten, und ihr Abwasser anmelden, wie alle anderen auch. Ansonsten finde
       er den alternativen Lebensstil „topp“.
       
       Tatsächlich [2][hätte bis zu diesem Frühjahr ein Nutzungsvertrag] mit der
       Ölhafen-Crew stehen sollen, einer, der Rechte und Pflichten umrissen und
       die Existenz des Platzes abgesichert hätte. Doch das könnte noch dauern.
       
       Denn in Wirklichkeit geht es um mehr als um Lärm und Abwassersysteme.
       Hinter dem Konflikt um die Nutzung steht die grundsätzlichere Frage nach
       gleichem Recht für alle. Beim Bauwagenplatz würden Dinge toleriert, die für
       alle anderen nicht möglich seien, so Eckardt von der CDU: „Es kann nicht
       sein, dass die Ölhafen-Leute dort leben und die Kleingärtner nicht einmal
       in ihren Gärten übernachten dürfen.“
       
       Für Luca kein Argument: „Das Verbot wird für andere ja nicht schlimmer,
       weil wir hier leben.“ „Da werden zwei Sachen vermischt“, glaubt Rosa. „Die
       Kleingärtner*innen kämpfen ihren Kampf, wir unseren eigenen.“ Und der ist
       nicht leicht: Erst seit 2018 gibt es den Ölhafen, aber die Crew musste
       schon sechsmal [3][den Ort wechseln].
       
       Dennoch hat die CDU mit ihrer Kritik einen Punkt getroffen: „Wir können
       keine Sonderrechte vergeben“, so Tom Lecke-Lopatta. Er ist in der
       Baubehörde Referent für gesamtstädtische Standortplanung – und soll, so
       sieht es der Koalitionsvertrag vor, eigentlich Lösungen für alternative
       Wohnformen finden.
       
       Der Wagenplatz steht dabei jedoch nicht für sich allein. Im
       Kleingartengebiet gibt es auch noch Kaisenhäuser, die von ihren
       Bewohner*innen noch „ausgewohnt“ werden dürfen. Die Stadt würde sie auch
       darüber hinaus gerne erhalten, zumindest als Parzellenhäuschen, hat aber
       Probleme mit dem Flächennutzungsplan: Das Areal ist als Grünfläche
       eingetragen, für ein Wohngebiet wären die kleingartentypischen engen Wege
       gar nicht zugelassen.
       
       Solange es keine Lösung für die Kaisenhäuser gibt, dürften sich eigentlich
       auch keine Wagenplatz-Leute ansiedeln. Nun allerdings sind sie schon einmal
       da – und einen besseren Platz sieht Lecke-Lopatta für sie nicht.
       
       „Die Frage ist eigentlich, wie eine Stadt überhaupt damit klar kommt, dass
       es Obdachlose gibt, unangemeldete Menschen und solche, die nicht ins Raster
       passen“, so der Stadtentwicklungsreferent. Ein Vertreiben der Crew bringe
       jedenfalls niemanden weiter: „Der Stadt ist nicht geholfen, wenn einzelne
       Bewohner danach auf der Straße leben“, sagt er. Eine Lösung hat er noch
       nicht. „Das ist eine große rechtliche Denksportaufgabe.“
       
       3 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Zoff-um-autonomes-Veranstaltungszentrum/!5704512
 (DIR) [2] https://oelhafen.org/?p=613
 (DIR) [3] /Bremer-Wagenplatzgruppe-Oelhafen/!5524078
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lotta Drügemöller
       
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