# taz.de -- Proteste nach Wahl in Belarus: Festnahmen und Blendgranaten
       
       > In der Nacht nach der Wahl protestieren Tausende Belarussen gegen
       > Lukaschenko. Die Polizei reagiert mit Gewalt. Ein Mensch wird getötet.
       
 (IMG) Bild: Minsk am Sonntag Abend, Protest gegen die Wahlfälschungen
       
       Kiew taz | In der weißrussischen Hauptstadt Minsk ist die Polizei in der
       Nacht auf Montag mit Wasserwerfern, Gummigeschossen und Blendgranaten gegen
       Zigtausende von Demonstranten vorgegangen. Die weißrussische
       Menschenrechtsorganisation Charta97 spricht von über 100.000 Menschen, die
       allein in Minsk aus [1][Wut über Wahlfälschungen] auf die Straße gegangen
       waren. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) wurden
       landesweit 126 Demonstranten verhaftet, 55 davon allein in Minsk. Unter den
       Festgenommenen sind auch 16 Journalisten und 40 Wahlbeobachter. Ein Mensch
       wurde getötet. Der Mann sei von einem Lkw der Polizei niedergefahren
       worden, berichtet Walentin Stefanowitsch von Vjasna.
       
       Daneben sind zahlreiche Demonstranten und Journalisten in der Nacht
       verletzt worden. Die Nachrichtenagentur Belapan berichtet von einem jungen
       Mann, der durch die Explosion einer Blendgranate am Bein verletzt worden
       sei. Mstislaw Tschernow, Kameramann der Nachrichtenagentur Associated
       Press, wurde von Polizisten zusammengeschlagen und musste von einem
       Krankenwagen zu einem Arzt gebracht werden. Die Regierung hatte sich
       offensichtlich auf einen Sturm der offiziellen Wahlkommission vorbereitet.
       Dies geht aus der Erklärung der Wahlleiterin Lidia Ermoschina hervor. Sie
       sei um ein Uhr nachts aus dem Regierungsgebäude evakuiert worden.
       
       Nach Angaben der offiziellen Wahlkommission hat Alexander Lukaschenko bei
       einer Wahlbeteiligung von 84 Prozent die Wahl gewonnen: [2][mit 80,23
       Prozent der Stimmen]. Seine Herausforderin Swetlana Tichanowskaja sei auf
       9,9 Prozent gekommen. Die Opposition legt völlig andere Zahlen vor. So
       haben nach einer von der Opposition durchgeführten Befragung von 85.500
       Personen 72,1 Prozent angegeben, sie hätten ihre Stimme Swetlana
       Tichanowska gegeben, 13,7 Prozent Alexander Lukaschenko, berichtet
       Charta97.
       
       Auch außerhalb der Hauptstadt gingen die Menschen gegen die Wahlfälschungen
       auf die Straße. Hier war die Polizei nicht immer überlegen. So zeigt ein im
       Internet kursierendes Video, wie OMON-Polizisten in Baranowitschi vor den
       Demonstranten fliehen. In Pinsk trat der Chef des Stadtrats mit den
       Demonstrierenden in einen Dialog. Zuvor hatten dort die OMON-Polizisten
       ihre Schutzschilder vor den Demonstranten auf den Boden gelegt. Auch in
       Grodno, Brest, Witebsk, Kobrin und Soligorsk zogen Tausende durch die
       Straßen.
       
       Rücksicht mit den Protestierenden ist jedoch nicht von allen
       Verantwortlichen gewollt. Die Behörden wollen festgenommene Demonstranten
       mit aller Härte bestrafen. Man werde Strafverfahren wegen „Massenunruhen
       und Gewalt gegen die Miliz“ einleiten, zitiert die Nachrichtenagentur
       Belapan den Chef des Staatlichen Ermittlungskomitees Iwan Noskewitsch. Bei
       einer Verurteilung, so Noskewitsch, drohten Haftstrafen zwischen 8 und 15
       Jahren.
       
       Für Oppositionelle ist das kein Grund, sich zurückzuziehen. Nun gelte es,
       sofort mit dem landesweiten Generalstreik zu beginnen, erklärte Dmitrij
       Bondarenko, Sprecher der Kampagne „Europäisches Belarus“. Jeden Tag sollten
       sich die Menschen an zentralen Orten versammeln und den Abgang von
       Alexander Lukaschenko fordern.
       
       Mit dem amtlichen Endergebnis ist am 14. August zu rechnen.
       
       10 Aug 2020
       
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