# taz.de -- Game-Entwickler über Verschwörungsmythen: „Immer dasselbe Muster“
       
       > Torsten Fock-Herde entwickelt ein Videospiel, das über
       > Verschwörungsideologien aufklären soll – indem die Spieler*in sich in sie
       > hineindenkt.
       
 (IMG) Bild: „Chemtrails“ – diese Verschwörungstheorie wird seit Mitte der 1990er Jahre verbreitet
       
       taz: Herr Fock-Herde, Sie arbeiten an einem Computerspiel zur Unterwerfung
       der Welt. Um was genau geht es da? 
       
       Torsten Fock-Herde: Die Aufgabe bei „Reptrails“ ist, im Auftrag der
       sogenannten Neuen Weltordnung die Bevölkerung der gesamten Welt zu
       kontrollieren. Der ganze Spielmechanismus beruht auf
       [1][Verschwörungstheorien]. Während die Menschen am Anfang leicht zu
       beeinflussen sind, werden sich mit der Zeit immer mehr wehren – Wutbürger
       veranstalten Demos und Schwurbelpromis nutzen ihre Reichweite. Als Spieler
       kann man das bekämpfen, indem man Chemtrail-Flugzeuge startet, die
       Lügenpresse platziert, Handymasten aufstellt oder Geheimwaffen einsetzt.
       
       Und was soll das Ganze? 
       
       Wir wollen Menschen ermächtigen, sich eine informierte Meinung zu bilden,
       und ihnen das Rüstzeug bieten, um in Diskussionen gegenzuhalten. Im Spiel
       gibt es deshalb immer wieder Infos über die verschiedenen
       Verschwörungstheorien wie [2][QAnon] oder Pizzagate, und über all diese
       Dinge wie Reptiloiden und Chemtrails. Wir binden über einen In-Game-Browser
       Factcheckingseiten wie Mimikama, Volksverpetzer, Hoaxilla, Psiram oder
       Belltower News ein. Die muss man als Spieler nicht lesen – aber wenn man
       gut performen will, muss man sich auskennen mit den Instrumenten, die einem
       zur Verfügung stehen. Chemtrails helfen vielleicht bei einer
       Wutbürger-Demo, nicht aber gegen [3][Schwurbel-Promis] – denen muss man
       schon mit der Lügenpresse auf den Leib rücken.
       
       Wie kamen Sie dazu, ein solches Spiel zu machen? 
       
       Ich bin rund um die Jahrtausendwende selbst ein bisschen abgerutscht in
       diese Szene. Ich war damals überzeugt: Die Illuminaten werden uns
       unterjochen, wir werden alle sterben, und dann kommt irgendwann der große
       Erlöser. Erst mit der Zeit ist mir aufgefallen, dass nahezu alle
       [4][Verschwörungstheorien] demselben Muster folgen: Es wird eine Bedrohung
       aufgebaut – eigentlich immer mit einem strukturell antisemitischen Touch –
       und dann kommt der Erlöser oder die Erlösung. Es ist schon faszinierend,
       dass diese einfachen Konstrukte seit Jahrhunderten so wirkungsvoll bei uns
       Menschen sind. Was kann man tun? Ich habe mir auf Facebook die Seele aus
       dem Leib kommentiert, genauso in persönlichen Gesprächen. Aber ich wollte
       das, was mich beschäftigt, mit dem verbinden, was ich kann – und das ist
       Spiele entwickeln. Also habe ich mich mit meiner Tochter an dieses Projekt
       gesetzt.
       
       Und Sie glauben, mit so einem Videospiel überzeugt man Menschen, dass es
       doch keine „Neue Weltordnung“ gibt? 
       
       Nein. Wer so tief in diesen Welten drinsteckt, braucht mehr als ein Spiel.
       Wir wollen die unterstützen, die auch über die Bilder der Demo in Berlin
       erschrocken waren oder Verwandte haben, die so etwas reden und sich fragen:
       Was kann ich tun? Und wir wollen denen, die seit Jahren wichtige
       Aufklärungsarbeit machen, eine neue Zielgruppe eröffnen. Mit einem Spiel
       erreichen wir vielleicht Menschen, die sich sonst nicht auf Mimikama oder
       sonstwo über Verschwörungstheorien informieren würden. Unser Spiel ist nur
       ein weiterer Ansatz.
       
       Besteht nicht die Gefahr, dass Sie am Ende ganz spielerisch
       Verschwörungstheorien reproduzieren, statt sie zu widerlegen? 
       
       Natürlich ist das Problem, dass man solchen Ideenwelten erst mal Raum geben
       muss, um sie zu dekonstruieren. Wir nehmen uns nicht bierernst, sondern
       überzeichnen das Ganze grotesk, damit die Leute sich am Ende nicht selbst
       irgendwelche Theorien zusammenbacken. Stattdessen wollen wir zeigen, wie
       krude diese Ideen sind – und dass es schon rein organisatorisch gar nicht
       möglich ist, eine so umfassende Weltverschwörung auf die Beine zu stellen.
       Wen man da alles bezahlen müsste…. Wir sind übrigens das offizielle
       Chemtrail-Programm der Bundesregierung: Für jeden gespendeten Beitrag in
       unserem [5][Crowdfunding] bekommen wir wegen unseres Bildungsanspruchs 25
       Prozent vom Bund oben drauf.
       
       11 Aug 2020
       
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