# taz.de -- Protest gegen RWE-Aktionärstreffen: Gegen weichgespülten Kohleausstieg
       
       > Am Freitag sind Umweltschützer*innen gegen den RWE-Konzern auf der
       > Straße. Mehrere Bagger in Garzweiler wurden besetzt.
       
 (IMG) Bild: Es dampft: RWE-Kohlekraftwerke
       
       Bochum taz | Klimaschützer*innen und Atomkraftgegner*innen protestieren am
       Freitag und am Wochenende mit verschiedensten Aktionen gegen den Essener
       Braunkohle- und Atomstromkonzern RWE – und das [1][Kohleausstiegsgesetz der
       Bundesregierung]. Trotz immer schneller ansteigender Erderwärmung setzten
       Energieerzeuger wie RWE weiter auf die besonders klimaschädliche Braunkohle
       – und würden dabei „auch noch von der Bundesregierung und der
       NRW-Landesregierung hofiert“, sagt die Umweltschützerin Antje [2][Grothus],
       die im rheinischen Braunkohlerevier lebt und selbst Mitglied der
       Kohlekommission war.
       
       Ein Anlass der Proteste ist die RWE-Hauptversammlung, die am Freitag wegen
       der Corona-Pandemie erstmals digital stattfindet – das Treffen in der
       Essener Grugahalle, bei dem die Aktiengesellschaft ihre Kleinaktionär*innen
       traditionell mit Würstchen und Kartoffelsalat abfüttert, fällt in diesem
       Jahr aus.
       
       Auf der Straße wird aber ganz real gegen die Umweltzerstörung durch den
       Stromerzeuger demonstriert: Aktivist*innen haben eine Kundgebung vor dem
       RWE-Campus an der Altenessener Straße durchgesetzt. Gleichzeitig
       demonstrieren Schüler*innen von Fridays for Future in der Essener
       Innenstadt.
       
       ## Aktivist:innen besetzen Braunkohletagebau Garzweiler
       
       Am frühen Freitagmorgen sind Aktivist:innen auf das Gelände des
       Braunkohle-Tagebaus Garzweiler in Nordrhein-Westfalen vorgedrungen. Das
       Anti-Kohle-Bündnis „Einsatz Kohlestopp“ will damit einer Mitteilung zufolge
       einen sofortigen Kohleausstieg fordern. Nach Angaben einer Sprecherin
       wollen die Aktivisten auch ein Zeichen gegen das geplante Kohlegesetz der
       Bundesregierung setzen. Der Polizei zufolge seien Menschen im Laufe der
       Nacht in den Tagebau eingedrungen und auf insgesamt sechs Bagger
       geklettert.
       
       Sprecher:innen von „Einsatz Kohlestopp“, sagten [3][im Livestream von
       taz-Reporterin Anett Selle], dass bereits in den Nacht rund 80 Menschen in
       den Tagebau eingestiegen seien. Der Betrieb stehe derzeit still. Die Aktion
       sei Teil einer Woche des Widerstands. Im Livestream war zu sehen, dass noch
       [4][einer der Bagger] in der Grube offenbar in Betrieb sei.
       
       Für das Wochenende hat das Bündnis Ende Gelände, dass einen sofortigen
       Ausstieg aus der Kohleverbrennung fordert, deutschlandweit dezentrale
       Aktionen angekündigt.
       
       ## Entschädigungen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro
       
       Denn in Berlin und in Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf
       verließen sich die Regierungen noch immer allein auf Einschätzungen von RWE
       und dem Konzern verbundenen Bergbauingenieuren, kritisiert Grothus. Trotz
       vereinbarter Entschädigungen von 2,7 Milliarden Euro aus Steuermitteln
       wolle der Stromerzeuger bis zum endgültigen Kohleausstieg 2038 noch 950
       Millionen Tonnen Braunkohle verbrennen, rechnet sie vor.
       
       Umweltschützer*innen halten dagegen weniger als 590 Millionen Tonnen für
       begründbar. „Die Bundesregierung akzeptiert widerspruchslos
       RWE-Maximalforderungen – und stellt so den mühsam erzielten
       gesellschaftlichen Minimalkonsens in Frage“, ärgert sich
       Ex-Kommissionsmitglied Grothus.
       
       Der Erdatmosphäre drohe so eine Mehrbelastung mit klimaschädlichem
       Kohlendioxid in der Größenordnung von mehreren 100 Millionen Tonnen. Die
       Demonstrationen richten sich deshalb auch gegen das Kohleausstiegsgesetz,
       dass der Bundestag in der kommenden Woche beschließen soll.
       
       Denn auf dessen Grundlage bedrohe RWE Dörfer im Tagebau-Vorfeld weiter mit
       Zerstörung, kritisieren die Umweltschützer*innen. Außerdem wolle RWE weiter
       Kohle rund um den lange umkämpften Hambacher Wald abbauen. Dem drohe damit
       eine „Insellage“ – und damit mittelfristig die Vernichtung durch
       Wassermangel.
       
       ## Proteste auch gegen Atomsparte
       
       Thema der Proteste wird aber auch die Atomsparte des Konzerns sein. RWE
       betreibt nicht nur die Atomkraftwerke Lingen in Niedersachsen und
       Grundremmingen in Bayern – der Konzern hält noch immer ein Sechstel der
       Anteile an Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage (UAA) im
       münsterländischen Gronau. Die Anlage, die zehn Prozent des Weltmarkts
       abdeckt, beliefert auch die maroden belgischen Reaktoren Tihange und Doel.
       
       „Die UAA-Betreiberfirma Urenco wirft jedes Jahr 50 Millionen Euro Gewinn
       für RWE ab“, kritisiert Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland
       gegen Atomanlagen. Die dabei jährlich entstehenden 9.000 Tonnen Atommüll
       würden dagegen billig nach Russland entsorgt.
       
       Vor dem RWE-Unternehmenscampus redet daher auch Alexandra Koroleva von der
       Umweltorganisation Ecodefense, die seit mehr als zehn Jahren gegen
       Atommülltransporte des RWE-Beteiligung Urenco kämpft. Ecodefense gilt in
       Russland als Organisation „ausländischer Agenten“. Koroleva wurde deshalb
       politisch verfolgt und musste in Deutschland Asyl beantragen.
       
       26 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vertrag-mit-Energiekonzernen/!5696955
 (DIR) [2] /Kritik-am-Kohleausstiegsplan/!5655819
 (DIR) [3] https://twitter.com/anettselle/status/1276385964257087489
 (DIR) [4] /Urananreicherungsanlage-in-Gronau/!5679807
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) RWE
 (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst
 (DIR) Polizei NRW
 (DIR) Schwerpunkt Fridays For Future
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Fridays For Future
 (DIR) Kohleausstieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Polizeiaktion im Hambacher Forst: „Zur Gefahrenabwehr“
       
       Die Polizei hat im Hambacher Forst eine Palette Desinfektionsmittel
       beschlagnahmt. Den verbleibenden Plastikmüll ließen die Beamten zurück.
       
 (DIR) Einigung über Kohleausstiegsgesetz: Mehr Geld für Steinkohle
       
       Union und SPD haben sich über die letzten Details geeinigt und das
       Kohleausstiegsgesetz kann am Freitag verabschiedet werden. Klimaschützer
       planen Proteste.
       
 (DIR) Fossile Rohstoffe aus Kolumbien und Russland: Blutkohle für Datteln
       
       Deutschland hat 2018 den Steinkohleabbau beendet. Das Gestein wird nun
       importiert und die Umwelt im Ausland zerstört.
       
 (DIR) Proteste gegen Kohlegesetz: Braunkohle-Bagger stehen still
       
       Aus Protest gegen das geplante „Kohleausstiegsgesetz“ haben Aktivist*innen
       Tagebaue besetzt. Das Gesetz sei eher ein „Kohleverlängerungsgesetz“.
       
 (DIR) Tagebau in Brandenburg besetzt: Zur Ablenkung auf die Brücke
       
       Die Klimabewegung protestiert deutschlandweit gegen den späten
       Kohleausstieg. Unser Autor hat eine Gruppe von Ende Gelände bei ihrer
       Aktion beobachtet.
       
 (DIR) Kohlevertrag der Großen Koalition: Teure Chance fürs Klima
       
       Der Vertrag zum Kohleausstieg ist besser geraten als befürchtet. Für die
       Steuerzahler wird er aber auch teuer.