# taz.de -- Kampagnenjournalismus in Australien: Der Kulturkrieg der Murdoch-Medien
       
       > Rupert Murdoch besitzt eines der größten Medienkonglomerate der Welt.
       > Auch in Australien zeigt sich, welche Macht der Konservative hat.
       
 (IMG) Bild: Einflussreicher 89-Jähriger: Rupert Murdoch
       
       Canberra taz | „Es war, wo ich meine Sporen als Reporterin abverdient
       habe“, sagte die Journalistin Lisa Millar jüngst im australischen
       Fernsehsender ABC, mit Tränen in den Augen. Ihr Lokalblatt ist tot –
       eingestellt nach über 100 Jahren. Das vom gebürtigen Australier Rupert
       Murdoch geführte amerikanische Unternehmen [1][News Corp hat über 130
       Lokalzeitungen stillgelegt], oder die Publikation ins Internet verlegt. Vor
       allem ältere Leute, für die ein Apple noch ein Apfel ist und nicht ein
       Smartphone, verlieren damit ihre einzige Quelle lokaler Informationen.
       
       News Corp macht Corona für den Kahlschlag verantwortlich. Doch
       Medienwissenschaftler Martin Hirst sagt, der Konzern habe erst vor Kurzem
       von der Regierung rund 50 Millionen Euro erhalten, um die Lokalblätter zu
       stützen. „Die Leute fragen sich nun, wo dieses Geld ist“, so Hirst.
       
       Premierminister Scott Morrison wird Rupert Murdoch kaum fragen. Morrisons
       konservative Regierung ist dem Medienmogul zu Dank verpflichtet. Eine
       aggressive, von Halbwahrheiten und wilden Behauptungen durchsetzte
       Medienkampagne gegen die sozialdemokratische Opposition im Vorfeld der
       Wahlen 2019 hatte der Regierung unerwartet zur Wiederwahl verholfen. Laut
       einer Journalistin reiche die Macht des 89-Jährigen so tief in die
       australische Politik, „dass jeder, der ihm im Weg steht, es bald bereuen
       wird, weil er in einem Sumpf von Propaganda, Hetze und Verleumdung
       untergeht“.
       
       Rupert Murdoch besitzt eines der mächtigsten Medienkonglomerate der Welt.
       39 Prozent der News-Corp-Aktien sind im Besitz seiner Familie. In den USA
       ist der Konzern über den Fernsehkanal Fox News wichtigste
       Informationsquelle für Millionen konservativer Wähler und Trump-Anhänger.
       In Australien publiziert News Corp den Großteil der Druckmedien, darunter
       die einzige landesweite Tageszeitung. In einigen Städten stellt Murdoch die
       einzige, täglich gedruckte Informationsquelle. Dazu betreibt News Corp den
       Fernsehkanal Sky News. Hinsichtlich der politischen Ausrichtung und
       journalistischen Aggressivität steht er Fox News um wenig nach.
       
       ## Murdochs Weltanschauung
       
       Viele Journalisten propagieren sowohl in Berichten als auch in Kommentaren
       scheinbar ungehemmt von journalistischen Normen neoliberale Ideologie. Dies
       sei die Weltanschauung Murdochs, eine Ideologie, wie sie auch von der
       konservativen Seite der australischen Politik verfolgt wird, sagen
       Kritiker. Kulturkrieg statt Berichterstattung: Vermeintlich „linke“ Themen
       wie erneuerbare Energien, Multikulturalität, Asyl und öffentliche Medien
       sehen sich konstanter Kritik ausgesetzt. Einen von Menschen verursachten
       Klimawandel leugnen gewisse News-Corp-Journalisten bis heute. Murdoch trete
       in den Redaktionen nicht etwa als Diktator auf, so der
       Ex-News-Corp-Journalist Peter Fray. „Er sagte uns nicht, was wir schreiben
       sollen. Wir wussten aber, was er von uns erwartet.“
       
       „Der Umgang mit der Murdoch-Mafia ist wie, wenn man jeden Tag ausgeweidet
       würde“, sagte der frühere Premierminister Kevin Rudd jüngst in einer Rede.
       Er fordert eine Untersuchung zu dem Einfluss Murdochs. Dieser sei der
       „größte Krebs, der die australische Demokratie zerfrisst“. Eine
       unerbittliche Kampagne der News-Corp-Medien hatte den Sozialdemokraten
       zweimal das höchste politische Amt gekostet. Rudds Nachfolgerin Julia
       Gillard, die erste Frau an der Spitze der australischen Regierung, ging in
       einem Bombardement von Frauenhass der Murdoch-Titel unter. Selbst der
       konservative Premierminister Malcolm Turnbull wurde ein Opfer, weil er –
       zaghaft – gegen Klimawandel vorgehen wollte.
       
       Nur ein Ziel scheint derzeit für Rupert Murdoch noch wichtiger zu sein als
       die Verhinderung des Klimaschutzes: das Ende des Senders ABC. News Corp
       fordert die Privatisierung der vermeintlich „linken“ öffentlichen Fernseh-
       und Radioanstalt Australiens. Murdoch gehe es dabei laut Kritikern nicht
       nur um die Zerstörung einer der letzten Bastionen von
       Qualitätsjournalismus, sondern um das Ausschalten eines Konkurrenten, der
       mit Steuergeldern finanziert anbiete, womit Murdoch Geld verdienen möchte.
       
       16 Jul 2020
       
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