# taz.de -- Corona-Hotspot Nordrhein-Westfalen: Laschet gar nicht mehr locker
       
       > Schnellere Lockerungen hatte der NRW-Ministerpräsident gefordert. Jetzt
       > gilt Ostwestfalen als Hotspot. Und Armin Laschet kommt unter Druck.
       
 (IMG) Bild: Ministerpräsident Arnim Laschet muss sich im Landtag für seine Corona-Politik rechtfertigen
       
       Düsseldorf taz | „Führungsschwäche“ und „Verantwortungslosigkeit“: Einen
       Tag nach den massiven Einschränkungen und Kontaktverboten in den Kreisen
       Gütersloh und Warendorf haben SPD und Grüne Nordrhein-Westfalens
       [1][CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet massive Fehler im Umgang mit der
       Coronapandemie vorgeworfen.] Laschets Regierung habe die miserablen
       Arbeitsbedingungen im Tönnies-Fleischkonzern viel zu lange toleriert,
       kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Mittwoch im Düsseldorfer
       Landtag.
       
       In Tönnies' riesiger Fleischfabrik im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück,
       die der Hotspot des neuen Corona-Ausbruchs ist, habe die Firma
       eigenverantwortlich über Abstandsregeln und Coronatests entscheiden können,
       so Kutschaty – jetzt sind in dem riesigen Schlachthof, in dem täglich
       20.000 Schweine getötet werden können, mehr als 1.500 der rund 7.000
       Mitarbeiter*innen infiziert.
       
       Auch Monate nach dem Ausbruch von Corona könne Laschets Regierung keine
       schlüssige Teststrategie vorlegen, sagte auch die Fraktionsvorsitzende der
       Grünen, Monika Düker. Die fehle nicht nur in der Fleischindustrie, sondern
       überall da, wo Menschen auf engsten Raum zusammenleben müssten – wie etwa
       in Sammelunterkünften für Geflüchtete.
       
       Der Regierungschef, der Kanzlerkandidat der Union werden will und deshalb
       seit Wochen versucht, sich mit immer neuen Lockerungen gegenüber
       CDU-Kanzlerin Angela Merkel, aber auch gegen Bayerns CSU-Ministerpräsident
       Markus Söder zu profilieren, verteidigte dagegen seinen Kurs. NRW sei das
       erste Bundesland, das erneut eine ganze Region „komplett zurückführt“,
       erklärte Laschet.
       
       Seiner Regierung gehe es um eine „Abwägung“ zwischen Gesundheitsschutz und
       persönlicher Freiheit. Allerdings könne aktuell niemand sagen, wie stark
       sich das Virus bereits auch unter Menschen ausgebreitet habe, die nicht bei
       Tönnies arbeiten, musste der Christdemokrat einräumen. Da die
       Arbeiter*innen des Schlachthofs weit verstreut wohnten, bestehe ein
       „enormes Pandemie-Risiko“.
       
       ## Massive Einschränkungen in Gütersloh und Warendorf
       
       In den Kreisen Gütersloh und Warendorf mit ihren knapp 640.000
       Einwohner*innen [2][gelten seit Dienstag wieder die massiven
       Einschränkungen,] die auf dem Höhepunkt der Pandemie deutschlandweit in
       Kraft waren. Theater, Bars und Fitnessstudios sind dicht. Treffen von
       Menschen, die nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben, dürfen im Freien
       nur noch zu zweit stattfinden. Schulen und Kitas sind bereits seit mehr als
       einer Woche geschlossen.
       
       Unter Druck geriet Laschet auch durch Beherbergungsverbote, die
       Urlaubsländer wie Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern gegen
       Menschen aus den beiden Kreisen verhängen wollen. Auf „die sich da
       abzeichnende Gefährdung“ müsse „angemessen“ reagiert werden, erklärte die
       Sprecherin der von SPD und CDU getragenen niedersächsischen
       Landesregierung, Anke Pörksen. Österreich sprach sogar eine Reisewarnung
       für NRW aus.
       
       In Nordrhein-Westfalen mit seinen 18 Millionen Einwohner*innen beginnen an
       diesem Wochenende die Sommerferien. Im Landtag forderte Laschet deshalb,
       Menschen aus den beiden westfälischen Kreisen dürften nicht „stigmatisiert“
       werden. Sein Rivale um die Kanzlerkandidatur, Bayerns Ministerpräsident
       Markus Söder, habe ihm in mehreren Telefonaten versichert, Urlauber*innen
       aus Gütersloh und Warendorf seien willkommen, wenn sie einen negativen
       Coronatest vorlegen könnten.
       
       Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann
       versprach zudem, endlich das System der Werkverträge zu verbieten, mit
       denen Fleischkonzerne wie Tönnies Arbeiter aus Osteuropa ausbeuten.
       Subunternehmen prellen sie teilweise selbst um den Mindestlohn – und
       berechnen Wucherpreise für enge, unhygienische Unterkünfte, in denen sich
       Corona schnell ausbreitet.
       
       Unklar bleibt, ob das ausreicht, Laschet politisch zu stabilisieren – die
       Umfragewerte des Christdemokraten sinken seit Wochen. Aktuell sind selbst
       in NRW nur noch 46 Prozent der Menschen mit der Arbeit ihres
       Ministerpräsidenten zufrieden, so eine vom WDR in Auftrag gegebene Umfrage,
       die bereits Mitte Juni veröffentlicht wurde. Im April waren es noch 65
       Prozent. Laschets Kurs der vorschnellen Lockerungen könnten also der Fehler
       gewesen sein, der seinen Traum von der Kanzlerschaft unter sich begräbt.
       
       24 Jun 2020
       
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 (DIR) Andreas Wyputta
       
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