# taz.de -- Proteste in den USA dauern an: Trump will „Recht und Ordnung“
       
       > Der US-Präsident droht nach Unruhen mit dem Einsatz des Militärs, um „das
       > Problem schnell zu lösen“. Eine Autopsie bestätigt, dass George Floyd
       > durch Polizeigewalt starb.
       
 (IMG) Bild: Trump hält ein Buch: ungewöhnlicher Auftritt des US-Präsidenten mit Bibel vor der St John's Church
       
       Washington/New York rtr/ap/afp | US-Präsident Donald Trump droht bei den
       gewaltsamen Protesten in den USA mit dem Einsatz des Militärs. Er wolle die
       seit sechs Nächten andauernden [1][Plünderungen und Gewaltausbrüche in den
       Großstädten] „jetzt“ beenden, sagte Trump auf einer Pressekonferenz im
       Rosengarten des Weißen Hauses.
       
       „Bürgermeister und Gouverneure müssen eine überwältigende Polizeipräsenz
       zeigen, bis die Gewalt niedergeschlagen ist“, sagte der US-Präsident und
       richtete sich an die Gouverneure direkt: „Die meisten von Ihnen sind
       schwach. Sie müssen Leute festnehmen, Sie müssen sie verfolgen, Sie müssen
       sie zehn Jahre ins Gefängnis stecken und Sie werden dieses Zeug nie wieder
       sehen.“ Falls sie nicht bereit seien, das Leben und Eigentum ihrer Bewohner
       zu verteidigen, werde er das US-Militär einsetzen und „das Problem für sie
       schnell lösen“.
       
       Trump sagte, die Bürger seien „zu Recht abgestoßen und aufgebracht“ über
       den Tod George Floyds. Seine Regierung wolle dafür sorgen, dass in dem Fall
       „Gerechtigkeit“ walte. Doch könne nicht zugelassen werden, dass der
       berechtigte friedliche Protest von einem „wütenden Mob“ überschattet werde.
       
       Die Gewaltausbrüche bei den Protesten in Washington nannte Trump eine
       „totale Schande“. Sich selbst bezeichnete Trump als „Präsidenten von Recht
       und Ordnung“ und kündigte an, Tausende teils schwer bewaffnete Soldaten und
       Sicherheitskräfte in Washington zusammenzuziehen. Ein mit der Angelegenheit
       vertrauter Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums sagte unter Wahrung
       der Anonymität, rund 1.200 Mitglieder der Nationalgarde seien für die
       Hauptstadt mobilisiert worden und weitere 600 bis 800 stünden ab den
       Abendstunden bereit.
       
       Der Washingtoner Gouverneur Inslee verurteilte Trumps Drohung. „Er kauert
       zu Füßen der Autoritären in der ganzen Welt“, schrieb Jay Inslee am
       Montagabend in einer E-Mail über Trump. „Jetzt nutzt er die höchste Macht
       der Präsidentschaft in einem verzweifelten Versuch, seine Furcht und
       Geistlosigkeit zu verstecken. Ich bete, dass kein Soldat und kein Zivilist
       bei diesem fahrlässigen Anfall verletzt oder getötet werden.“
       
       ## Die US-Regierung bildet eine Terror Task Force
       
       Unter dem Posse-Comitatus-Gesetz ist es dem US-Militär nicht erlaubt,
       Gesetze im Inland durchzusetzen, also beispielsweise Menschen festzunehmen,
       Besitz zu beschlagnahmen oder Verdächtige zu durchsuchen. In Ausnahmefällen
       kann der Präsident dies jedoch mithilfe des Insurrection Act umgehen, eines
       Gesetzes, das ihm die Macht gibt, das Militär zur Unterdrückung von
       Aufständen, zivilem Ungehorsam und Rebellion einzusetzen. Beide Gesetze
       gehen auf die Zeit des Bürgerkriegs im 19. Jahrhundert zurück.
       
       Nach der Ansprache begab sich Trump zu Fuß zur nahe gelegenen
       St.-Johns-Kirche. Die 200 Jahre alte Kirche in der Nähe des Weißen Hauses
       war am Wochenende bei Ausschreitungen angezündet worden. Vor dem Gotteshaus
       ließ sich Trump mit der Bibel in der Hand fotografieren. Um dem Präsidenten
       den Weg freizuräumen, waren die Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen
       Demonstranten vorgegangen.
       
       „Ich bin empört“, sagte Bischöfin Mariann Edgar Budde von der Diözese
       Washington dem Sender CNN. Trumps Botschaft stünde im Gegensatz zu
       kirchlichen Lehren, sagte sie. Auch der Gouverneur von New York, Andrew
       Cuomo, kritisierte die Anwendung von Gewalt, um Trump den Weg für ein
       Pressefoto frei zu machen. „Es war wirklich, wirklich beschämend“, sagte
       er. Seit der Präsidentschaft von James Madison (1809–1817) hat allerdings
       jeder US-Präsident den Gottesdienst der St. John's Church besucht.
       
       Justizminister William Barr kündigte die Bildung einer Terror-Task-Force
       an, die die Rädelsführer der Unruhen ausfindig machen solle. Am Sonntag
       hatte Trump angekündigt, dass seine Regierung die sehr lose organisierte
       l[2][inke Antifa als Terrororganisation einstufen wolle]. Gleichzeitig
       griff er seinen voraussichtlichen Gegner bei der Präsidentschaftswahl, Joe
       Biden, an und warf ihm vor, nicht mitzubekommen, wie seine radikalen
       Anhänger Anarchisten aus dem Gefängnis holten.
       
       ## Autopsie bestätigt: Floyd starb durch Polizeigewalt
       
       Die immer wieder in Gewalt ausufernden Proteste waren durch den [3][Tod des
       Afroamerikaners George Floyd] bei einem brutalen Polizeieinsatz in
       Minneapolis im Bundesstaat Minnesota entfacht worden. Floyd war am Montag
       vergangener Woche gestorben, nachdem der weiße Polizist Derek Chauvin fast
       neun Minuten lang sein Knie auf den Nacken des 46-Jährigen gepresst hatte.
       Ein Video des Vorfalls löste landesweit Entsetzen und Empörung aus. Es
       handelt sich um die größten Unruhen in den USA seit den Ausschreitungen
       1968 nach der Ermordung der schwarzen Bürgerrechtsikone Martin Luther King.
       
       Eine offizielle Autopsie bestätigte am Montag, dass Floyd durch die von der
       Polizei angewendete Gewalt getötet worden war. Todesursache sei ein
       Herz-Kreislauf-Stillstand infolge von „Druck auf den Nacken“ gewesen. Zuvor
       hatte es in einem vorläufigen Obduktionsbefund der Gerichtsmedizin noch
       geheißen, es gebe keine Beweise dafür, das Floyd erstickt sei oder erwürgt
       worden sei.
       
       Der neue offizielle Autopsiebericht stimmt in wesentlichen Teilen mit einer
       Untersuchung überein, die Floyds Familie in Auftrag gegeben hatte und die
       kurz zuvor am Montag veröffentlicht worden war. In diesem privaten
       Autopsiebefund wird „Erstickung durch anhaltenden Druck“ als Todesursache
       festgestellt.
       
       Chauvin war in der vergangenen Woche festgenommen und offiziell [4][des
       Totschlags beschuldigt worden]. Für Floyd ist am Donnerstag eine
       Trauerfeier in Minneapolis geplant. Am 9. Juni soll er im texanischen
       Houston beigesetzt werden, wo er aufwuchs.
       
       ## 5.600 Festnahmen landesweit
       
       Seit Beginn der Proteste sind in den USA mindestens 5.600 Menschen
       festgenommen worden. Das geht aus Pressemitteilungen der Polizei, Tweets
       und Medienberichten hervor, die die Nachrichtenagentur AP ausgewertet hat.
       In Minneapolis wurden 155 Menschen festgenommen, in New York City beinahe
       800, in Los Angeles mehr als 900.
       
       Am Weißen Haus fuhren am Montag Militärfahrzeuge mit Soldaten der
       Nationalgarde auf, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. In Washington
       sollte um 19.00 Uhr (Ortszeit/1.00 Uhr MESZ) erneut eine Ausgangssperre in
       Kraft treten. Nach erneuten Massenprotesten in New York verhängten die
       Behörden auch dort eine nächtliche Ausgangssperre. Mehr als 40 US-Städte
       haben eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.
       
       In einem Vorort von Chicago kamen bei den Protesten am Montag zwei Menschen
       ums Leben. 60 Menschen seien festgenommen worden, teilte der Sprecher der
       84.000-Einwohner-Stadt Cicero, Ray Hanania, mit. Weitere Details zu den
       Umständen der Todesfälle gab Hanania zunächst nicht bekannt. Die Polizei
       des Staates Illinois und das Sheriffbüro von Cook County waren am Montag zu
       Hilfe gerufen worden, um die lokale Polizei zu unterstützen, als Menschen
       in ein Alkoholgeschäft und andere Geschäfte einbrachen.
       
       In Buffalo im Staat New York brauste ein Auto in eine Gruppe Polizisten,
       mindestens zwei Personen wurden verletzt. Ein Video eines Augenzeugen
       zeigte eine Reihe Polizisten, die von einem gepanzerten Transportfahrzeug
       unterstützt wurden und Demonstranten mit Schlagstöcken auseinandertrieben.
       Sie gingen auch auf einen Mann los, der von einem Fernsehteam interviewt
       wurde. Sekunden später stoben die Polizisten auseinander, weil eine
       Geländelimousine in eine Gruppe von ihnen fuhr. Mindestens ein Beamter
       geriet offenbar unter die Räder. Das Auto fuhr um den Polizeitransporter
       herum und brauste davon. Schüsse waren zu hören.
       
       Die Behörden teilten mit, zwei Polizisten würden im Krankenhaus behandelt.
       Einer von ihnen sei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.
       Bürgermeister Byron Brown sagte, zwei Insassen des Fahrzeugs seien bereits
       vor dem Vorfall durch Schüsse verletzt worden. Eine dritte Person aus dem
       Wagen sei festgenommen worden.
       
       2 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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