# taz.de -- Erneuter Corona-Ausbruch in Göttingen: 700 Menschen unter Quarantäne
       
       > Nach einem neuem Corona-Ausbruch in Göttingen wird ein ganzer Wohnblock
       > abgeriegelt. Die Betroffenen sind vor allem Arme und Kinder.
       
 (IMG) Bild: Polizist in Schutzkleidung:der gesamte Gebäudekomplex in Göttingen ist unter Quarantäne gestellt
       
       Göttingen taz | Waschbetonfassade, dunkle Gänge, kleine Zimmer. Der
       Wohnkomplex Groner Landstraße 9 ist keine gute Adresse in Göttingen. Hinter
       dem Gebäude rattern Züge vorbei, davor liegt die meistbefahrene Kreuzung
       der Stadt. Rund 700 Menschen hausen in mehr als 400 Mini-Appartements:
       Hartz-IV- und Sozialhilfeempfänger, Migranten, Flüchtlinge mit befristeter
       Duldung, auch ein paar Studierende, die auf dem überhitzten Wohnungsmarkt
       der Uni-Stadt noch nichts Besseres gefunden haben. 200 Kinder sind
       ebenfalls unter den Bewohnern.
       
       Dass es in diesem Komplex zum zweiten großen [1][Corona]-Ausbruch in
       Göttingen gekommen ist, kann wegen der Wohnverhältnisse kaum überraschen.
       Erst Ende Mai hatten sich im [2][Iduna-Zentrum] – auch das ein „sozialer
       Brennpunkt“ – mehrere Dutzend Bewohner mit dem Virus infiziert.
       
       Bei dem neuen Ausbruch in der Groner Landstraße 9 haben sich laut örtlichem
       Krisenstab bislang 102 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Zunächst
       waren zwei Frauen positiv getestet worden, daraufhin hatte die Stadt am
       Montag und Dienstag ein mobiles Testzentrum mit Bussen für die Bewohner
       eingesetzt. Bei rund 700 Menschen wurden Abstriche genommen. Etwa 60
       Testergebnisse lagen am Donnerstag noch nicht vor.
       
       Jetzt wird der ganze Gebäudekomplex unter Quarantäne gestellt. Die Maßnahme
       sei alternativlos, um weitere Infektionen zu verhindern, sagte Göttingens
       Sozialdezernentin Petra Broistedt. Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler
       (SPD) sprach von einer Maßnahme, „die tief in die Persönlichkeitsrechte
       eingreift“.
       
       Seit dem Morgen wurden alle Bewohner des Hochhauses über die Ansteckungen
       und die Quarantäne informiert. Alle Zugänge zu dem Komplex sind versperrt,
       die Bewohner dürfen das Haus nicht verlassen. Ordnungsamt, Polizei und
       private Sicherheitsdienste sichern das ab. „Wir werden ein Entweichen
       verhindern“, sagte Ordnungsdezernent Christian Schmetz (CDU) dem Göttinger
       Tageblatt. Im Haus gilt eine Maskenpflicht. Die Hausverwaltung muss täglich
       Flure und Fahrstühle reinigen.
       
       Grünen-Ratsherr Thomas Harms kritisiert den „verschärften Arrest“ der 700
       Menschen. Es sei fraglich, ob eine solche Maßnahme auch in den besseren
       Wohngegenden angeordnet würde. „Warum treffen Ausgangssperren die Ärmsten
       der Armen, darunter sehr viele Kinder?“ Die Erniedrigten seien in
       Krisenzeiten mal wieder „die ersten der Geschlagenen“.
       
       18 Jun 2020
       
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