# taz.de -- Vorwürfe gegen Verkehrsminister Scheuer: Halbe Milliarde Euro Wahlgeschenk
       
       > Andreas Scheuer (CSU) hat ohne Ausschreibung München als Sitz für das
       > Zentrum für Mobilität ausgewählt. Die Grünen fordern eine neue Vergabe.
       
 (IMG) Bild: Verkehrsminister Andreas Scheuer vor der Parteizentrale der CSU in München
       
       Berlin taz | Die Grünen fordern, dass die Standortentscheidung von
       [1][Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer] (CSU) für das Großprojekt
       Zentrum für Mobilität neu aufgerollt wird. Scheuer hatte ohne Prüfung
       anderer Standorte der Stadt München den Zuschlag für das Projekt mit einem
       Finanzvolumen von einer halben Milliarde Euro gegeben – obwohl auch andere
       Städte die vom Ministerium aufgestellten Auswahlkriterien erfüllen. Das
       geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Frage des
       grünen Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler hervor.
       
       In dem neuen Zentrum sollen die Themen [2][Mobilität und Digitalisierung]
       verbunden werden. In Werkstätten und auf einem Praxiscampus soll etwa das
       autonome Fahren von Autos erforscht werden. Pikant: Scheuer hatte die
       Standortwahl München kurz vor den bayrischen Kommunalwahlen im März bekannt
       gegeben.
       
       Der CSU-Politiker steht öffentlich und innerhalb seiner Partei stark unter
       Druck. An die Bundesregierung werden Schadenersatzforderungen von mehr als
       einer halben Milliarde Euro gestellt, weil Scheuer verfrüht Verträge für
       die Pkw-Ausländermaut unterschrieb, die der Europäische Gerichtshof
       kassiert hat. Das prüft zurzeit ein [3][Bundestagsuntersuchungsausschuss.]
       Über den Sitz für das Zentrum für Mobilität habe das Verkehrsministerium
       „im eigenen pflichtgemäßen Ermessen“ entscheiden können, heißt es in der
       Antwort aus dem Ministerium an Kindler. Die Durchführung eines Standort-
       und Konzeptwettbewerbs sei nicht erforderlich gewesen. „Somit mussten
       andere Regionen nicht in einem formellen Verfahren auf ihre Eignung anhand
       der für die Auswahl von München entscheidenden Gesichtspunkte (Nähe zu
       Testfeldern, Infrastruktur, Wissenschaftslandschaft etc.) untersucht
       werden“, heißt es.
       
       Kindler kritisiert, dass Scheuer zwar Kriterien für die Standortwahl
       aufgestellt hat. „Aber schlussendlich bewertete er keine andere Region als
       München nach diesen Kriterien“, sagt er. „Zum Beispiel gibt es auch in
       Wolfsburg, Aachen, Berlin, Düsseldorf, Leipzig, Hamburg, Frankfurt,
       Braunschweig oder Dresden digitale Testfelder, eine starke
       Wissenschaftslandschaft und eine gute Verkehrsinfrastruktur.“ Aber andere
       Forschungsinstitute und Regionen wurden durch das Verkehrsministerium weder
       angefragt noch objektiv bewertet. „Die von Minister Scheuer vorgetragenen
       Kriterien waren Feigenblätter für seine von Anfang an feststehende
       Entscheidung, dem Standort München eine halbe Milliarde Euro zu geben“,
       sagt Kindler.
       
       ## Finanzierung noch nicht beschlossen
       
       Finanziert werden soll das Projekt aus dem Bundeshaushalt. Noch sind die
       Haushaltsmittel aber nicht bewilligt. Die Grünen befürworten den Aufbau
       eines Zentrums für Mobilität, drängen aber auf eine objektive
       Standortauswahl. Sie fordern, dass kein Cent für das Zentrum fließt, bevor
       die stattgefunden hat. Dazu soll Scheuer einen unabhängigen
       wissenschaftlichen Beirat einsetzen, fordert Kindler.
       
       Die Grünen kritisieren auch an anderer Stelle die Bevorzugung Bayerns durch
       das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium. So sind von den 1,6 Milliarden
       Euro, die das Ministerium zwischen 2014 und 2018 für Fernstraßen vergeben
       konnte, mit 551 Millionen Euro unverhältnismäßig viele Mittel nach Bayern
       geflossen. Auch bei teuren Feierlichkeiten zu Spatenstichen für
       Straßenbauprojekte gibt es eine auffällige Konzentration im Süden.
       
       16 Jun 2020
       
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