# taz.de -- Regenbogenflagge über Bagdad: EU setzt Zeichen gegen Homophobie
       
       > Die EU hisst in in der irakischen Hauptstadt Bagdad die Regenbogenflagge
       > und provoziert einen Skandal. Iraks Regierung gibt sich empört.
       
 (IMG) Bild: Streit um Regenbogenflagge in der irakischen Hauptstadt (hier aber nur ein Symbolbild)
       
       „Toll. Mutig. Überfällig“, rufen die einen; „Skandal!“, schreien die
       anderen: Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie
       hat die Europäische Union, dieser Hort der Aufklärung, am Sonntag die
       Regenbogenflagge gehisst – und zwar nicht nur zu Hause im bunten Brüssel,
       sondern mitten in der Hauptstadt des [1][Irak]: an der EU-Vertretung in
       Bagdad.
       
       Nun könnte man das belächeln als kleinen Akt der Selbstbehauptung dieses
       toleranten, Institution gewordenen Abendlandes. Aber Gelassenheit geht
       einigen Mächtigen in Bagdad ab, wenn es darum geht, wie andere zu leben und
       zu lieben haben: Der schiitische Geistliche Muktada al-Sadr sprach von
       einer „Aggression gegen das Recht und die Religion des Irak“.
       
       Als Homo-Freund hatte sich Sadr schon in der Coronakrise nicht hervorgetan.
       Gleichgeschlechtliche Ehen seien einer der Gründe für die Pandemie,
       twitterte der Geistliche kürzlich allen Ernstes (der auf das Coronavirus
       ansonsten übrigens sehr verantwortungsvoll reagierte und schon früh die
       Leute aufrief, zu Hause zu beten).
       
       Auch die irakische Regierung empört sich. Die Regenbogenflagge verletze die
       religiösen Gefühle vieler Bürger*innen und widerspreche den Werten und
       sozialen Normen des überwiegend von Muslimen bewohnten Landes, erklärte das
       Außenministerium ganz offiziell.
       
       Verhärtete Fronten 
       
       Die religiösen Gefühle? Da fragt man sich: Verletzt nicht die
       Diskriminierung von LGBTQ+ auch das ein oder andere Gefühl derjenigen, die
       nicht der vorherrschenden Sexualmoral und Gesellschaftsnorm im Irak
       entsprechen? [2][Wie fühlen sich die, die aufgrund ihrer sexuellen
       Orientierung im Untergrund leben?]
       
       Am Ende bleiben die Fronten wohl verhärtet. Die Regenbogenflagge am Himmel
       über Bagdad hat sicherlich niemanden von irgendetwas überzeugt. Aber den
       fast schon in Vergessenheit geratenen Clash zwischen dem Westen und der
       islamischen Welt hat die Aktion noch einmal vor Augen geführt.
       
       Allerdings bleibt eine Frage offen: Was sagen eigentlich unsere der
       Homophobie zumindest nicht gänzlich abgeneigten EU-Partnerregierungen in
       Ungarn oder Polen dazu, in deren Namen die EU-Vertretung in Iraks
       Hauptstadt ja auch spricht?
       
       Vielleicht verlaufen die Grenzen ja doch nicht ganz so klar zwischen
       Abendland und Morgenland, wie so mancher manchmal zu denken scheint.
       
       18 May 2020
       
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