# taz.de -- Geheimdienstchef über „Flügel“: „Das ist offener Rassismus“
       
       > Wie Thüringens Verfassungsschutzchef Kramer nun mit „Flügel“-Mann Höcke
       > umgeht und warum er die ganze Landes-AfD zum „Verdachtsfall“ erklärt.
       
 (IMG) Bild: „Der Flügel verletzt die Menschenwürde.“ Verfassungsschutzchef Stephan Kramer
       
       taz: Herr Kramer, Ihr Verfassungsschutz stuft [1][den „Flügel“ der AfD nun
       als klar rechtsextrem ein]. Sie haben es in Thüringen direkt mit dessen
       Anführer Björn Höcke zu tun. Wie gehen Sie damit jetzt um? 
       
       Stephan Kramer: Der Flügel ist ein länderübergreifender Zusammenschluss,
       ohne konkrete Landes- und Kommunalstrukturen. Daher handelt es sich um ein
       klassisches Bundesbeobachtungsobjekt im Bereich des Bundesamts für
       Verfassungsschutz. Aufgrund der Personenüberschneidungen zur Thüringer AfD
       und wiederholter zentraler Zusammentreffen im Bundesland, haben wir den
       Flügel ebenfalls bewertet und kommen zum selben Ergebnis wie das Bundesamt.
       Der Flügel wird mit dem heutigen Tag als eine gesichert
       rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische
       Grundordnung eingestuft und beobachtet.
       
       Damit steht Ihnen das volle Überwachungsarsenal zur Verfügung. Setzen Sie
       das jetzt gegen Höcke und die „Flügel“-Anhänger ein? 
       
       Schon bei einem Verdachtsfall können wir, im Rahmen der
       Verhältnismäßigkeit, nachrichtendienstliche Mittel zur
       Informationsverdichtung einsetzen. Beim erwiesenen Beobachtungsobjekt gilt
       dies erst recht. Im Fall von Landtagsabgeordneten sind wir in Thüringen
       aber per Gesetz verpflichtet, vor dem Einsatz solcher Mittel die
       Landtagspräsidentin zu informieren. Und durch das Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts von 2013 ist auch die Mandatsausübung vor dem
       Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel geschützt. An diese Regelungen
       halten wir uns selbstverständlich und prüfen sorgfältig die
       Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel.
       
       Wird Björn Höcke nun beobachtet – oder nicht? 
       
       Grundsätzlich beobachten wir keine Einzelpersonen, sondern
       Personenzusammenschlüsse. Und zu operativen Maßnahmen äußere ich mich
       nicht.
       
       Was macht Höckes Flügel [2][so gefährlich für die Demokratie]? 
       
       Der Flügel propagiert offenen Rassismus, er macht Migranten und Muslime
       verächtlich und verletzt deren Menschenwürde, er verfolgt einen
       ethnisch-kulturellen Volksbegriff und vernetzt sich ungeniert mit
       Rechtsextremen. All dies richtet sich gegen die Verfassung, und dieser Kurs
       hat sich in den vergangenen Monaten noch verschärft.
       
       In Thüringen gehen Sie noch einen Schritt weiter als das Bundesamt: Sie
       stufen den ganzen AfD-Landesverband als extremistischen „Verdachtsfall“
       ein. 
       
       Ja. Unsere wichtigste Aufgabe bleibt es nun, aufzuklären, ob der Flügel mit
       seinen Thüringer Führungspersonen und den zentralen Veranstaltungen in
       Thüringen, den Landesverband der AfD maßgeblich bestimmt und dies
       gegebenenfalls rechtssicher nachzuweisen.
       
       Der Flügel ist längst auch ein Machtfaktor in der Bundespartei. Müsste
       nicht die AfD als Ganzes beobachtet werden? 
       
       Ich bitte um Verständnis, wenn ich mich in dieser Bewertung zunächst auf
       meine Aufgaben in Thüringen konzentriere. Unsere Arbeit hier und im Verbund
       geht natürlich weiter.
       
       12 Mar 2020
       
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