# taz.de -- Rückzug von Mike Mohring: Opfer seiner selbst
       
       > Dass der Thüringer CDU-Mohring seinen Posten räumt, war unausweichlich.
       > Doch seinen Absturz verdankt er auch der Borniertheit seiner
       > West-Kollegen.
       
 (IMG) Bild: Er hat taktiert, gezockt und Vertrauen verspielt: Mike Mohring tritt zurück
       
       Er wirkte, als sei er schon weg. In einem Video, welches er am Freitag auf
       Facebook veröffentlichte erklärte der Thüringer Noch-CDU-Vorsitzende
       [1][Mike Mohring], dass er nicht wieder für den Parteivorsitz antreten
       wolle. Dass er seiner Partei beim Neuanfang nicht im Wege stehen wolle. In
       einer Zimmerecke, vor einer unpersönlichen weißen Wand stand Mohring bei
       der Aufnahme, im schlichten schwarzen Hemd und ohne Krawatte. Er sah müde
       aus, sprach ein wenig gequält.
       
       Im Grunde stand er schon seit über einer Woche in der Ecke, mit dem Rücken
       zur Wand. Sein Rückzug war unausweichlich. Zu krass war der Ansehensverlust
       seiner CDU, nachdem sie im Landtag mit der AfD gemeinsame Sache gemacht und
       den Thüringer FDP-Chef [2][Thomas Kemmerich] ins Amt des
       Ministerpräsidenten gehoben hatte. Zwar hatte ihm der Thüringer
       CDU-Landesvorstand am Tag danach noch das Vertrauen ausgesprochen, doch
       Mohring war ins Wanken geraten, sein Sturz stand unmittelbar bevor.
       
       Erst musste er auf Druck der Fraktion versprechen, im Mai den
       Fraktionsvorsitz aufzugeben, dann sollte, wie der MDR recherchierte, alles
       doch viel schneller gehen. Und nun ist Mohring dem letzten würdelosen
       Schubs eben zuvorgekommen.
       
       Mohring hat viele Fehler begangen. Er hat taktiert, gezockt und Vertrauen
       verspielt. Seine Fraktionskollegen sollen sich, so berichtet der MDR, über
       „unabgestimmte Alleingänge“, „fehlende Einbindung“ und „bewusste Täuschung“
       beklagt haben. Im linken Lager fiel das Urteil über ihn ähnlich harsch aus:
       Mohring sei ein Spieler, dem es am Ende nur um sich selbst ginge.
       
       ## Schuld am Drama ist nicht allein Mohring
       
       Schon 2014 soll er, um die Wahl des Linken [3][Bodo Ramelow] zum
       Ministerpräsidenten zu verhindern, mit der AfD gekungelt haben. Mohring hat
       dies stets energisch bestritten. Er hat aber auch im Oktober letzten Jahres
       erklärt, dass Björn Höcke ein Nazi sei und er nie im Leben mit ihm
       zusammenarbeiten werde. Wie konnte es dann passieren, dass CDU UND FDP, nur
       um Bodo Ramelow zu verhindern, gemeinsam mit der von ebenjenem Faschisten
       Höcke geführten AfD einen Gegenkandidaten auf's Schild heben?
       
       Schuld daran ist nicht nur Mohring. Verantwortlich für das Thüringer Drama
       ist auch die Bundes-CDU, die zahlenmäßig, aber auch ideologisch von den
       mitgliederstarken West-Verbänden dominiert wird. Denen waren die
       Parteifreunde im Osten und ihre Zwänge bis zu jenem Tag im Februar
       eigentlich scheißegal. Thüringen, wen interessiert das schon, wie viel
       Einwohner hat das? Sprüche, die tatsächlich so fielen. Die meisten
       West-CDUler pochen auf ihre Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen Linke und AfD
       und auf ihre Tradition als Partei Adenauers und Kohls. Zwei Granden, die
       die CDU einst als Bollwerk gegen den Kommunismus positionierten. Im Grund
       tickt die CDU trotz der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds,
       trotz der Erfolge der AfD, immer noch im Kalten-Kriegs-Modus und beschwört
       die Gefahr von Links.
       
       Als Mohring nach der Landtagswahl im Oktober andeutete, er könne sich eine
       Zusammenarbeit mit der Linken zum Wohle Thüringens vorstellen, wurde er
       nach Berlin bestellt und in die Schranken gewiesen. Daraufhin wollten es
       einige seiner Parteifreunde mit der AfD versuchen, auch sie wurden gerade
       noch mal eingefangen. Seit Oktober konnte also jeder sehen, dass eine
       Situation, in der Linke und AfD zusammen eine absolute Mehrheit im Landtag
       haben und die CDU nach beiden Seiten unbeweglich ist, ins Patt führt. Oder
       ins Fiasko.
       
       Für Mike Mohring endete sie im Fiasko. Für seinen Nachfolger, aber auch für
       die CDU-KollegInnen in den anderen ostdeutschen Bundesländern, werden ihre
       Politkarrieren künftig auch davon abhängen, ob die CDU ihr Verhältnis zur
       Linken entkrampft. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wird im
       nächsten Jahr gewählt. Ein zweites Thüringen schimmert auf.
       
       14 Feb 2020
       
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