# taz.de -- Kommunalwahlen in Frankreich: Über Sex-Video gestolpert
       
       > Benjamin Griveaux, Ex-Regierungssprecher des französischen Präsidenten
       > Macron, wollte Bürgermeister von Paris werden. Jetzt gibt er auf.
       
 (IMG) Bild: Gibt überraschend die Kandidatur als Pariser Bürgermeister auf: Benjamin Griveaux
       
       Paris taz | Emmanuel Macron muss für die kommenden Kommunalwahlen in Paris
       Mitte März einen neuen Bewerber oder eine Bewerberin für das
       Bürgermeisteramt finden. Sein Favorit, Benjamin Griveaux, hat am Freitag
       völlig überraschend den Verzicht auf seine Kandidatur mitgeteilt. Er wolle
       damit sich und seine Familie vor unzulässigen Angriffen auf sein
       Privatleben schützen, erklärte Griveaux, der zu Beginn von Macrons Amtszeit
       Regierungssprecher gewesen war und dann von diesem Posten zurücktrat, um
       das Pariser Rathaus zu erobern.
       
       Der Grund für Griveaux' Entschluss, seine Kampagne sofort einzustellen und
       sich aus dem Wahlkampf zurückzuziehen, sollen laut den französischen Medien
       explizite Sex-Videos und intime Gespräche sein, die im Internet publiziert
       wurden.
       
       Geht es um Ehebruch? „Et alors?“ Peinlich wäre allenfalls für Griveaux,
       dass er sich in seiner Kampagne immer gerne als braver Familienvater
       präsentiert hat. Er dementiert nicht, dass er auf diesen Videos mit
       “sexuellem Charakter“ zu sehen sei. Aber er droht via Anwalt allen
       (namentlich den Redaktionen), die darüber Informationen liefern oder die
       Videos weiter verbreiten wollen, mit Strafklagen.
       
       Der in Paris lebende russische Protestkünstler Pjotr Pawlenski behauptet in
       [1][Libération], er habe diese Videos im Umlauf gebracht, um Griveaux als
       „Heuchler“ zu entlarven.
       
       ## Als Favorit ins Rennen gegangen, aber nie sehr beliebt
       
       Was genau auf diesen Videos zu sehen ist, spielt eigentlich nur eine
       zweitrangige Rolle. Der springende Punkt ist der Angriff auf die
       Intimsphäre eines Politikers. Schlammschlachten, wie sie eher aus der
       angelsächsischen Boulevardpresse bekannt waren, gehörten sehr lange nicht
       zum französischen Wahlkampfstil.
       
       Doch die Sitten haben sich diesbezüglich geändert, seit Nicolas Sarkozy
       nach seiner Scheidung seine [2][Beziehung zu Carla Bruni] vor Kameras
       inszenierte und erst recht, als Paparazzi enthüllten, dass François
       Hollande eine [3][Affäre mit der Schauspielerin Julie Gayet] hatte, die
       heute seine Lebenspartnerin ist.
       
       Auch wenn nun Griveaux' Gegner von links und rechts samt und sonders
       Krokodiltränen vergießen und ihm gegen solche fiese Attacken unter der
       Gürtellinie ihr Mitgefühl versichern, wird der Spitzenkandidat der Bewegung
       République en marche (LREM) von diesem Angriff definitiv ins Abseits
       befördert.
       
       Er war zunächst als Macrons Mann für Paris klar als Favorit ins Rennen
       gegangen, konnte aber nicht wirklich die Herzen der PariserInnen erobern.
       Einen Monat vor dem ersten Wahlsonntag lag seine Liste nur an dritter
       Stelle. Er hatte Konkurrenz einer vom Mathematiker Cédric Villani
       angeführten Liste, die sich ebenfalls auf das Programm des amtierenden
       Staatspräsidenten beruft.
       
       LREM muss nun eilends einen glaubwürdigen Ersatz für Griveaux finden. Ob
       der Skandal um den Ex-Kandidaten dem Wahlkampf von LREM neuen Auftrieb gibt
       oder im Gegenteil moralisch belastet, hängt weitgehend von der Person ab,
       die mit dem Segen von Macron seinen Platz einnehmen soll.
       
       14 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
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