# taz.de -- Auswirkungen der Thüringen-Wahl: FDP beklagt zahlreiche Übergriffe
       
       > Aus Parteikreisen heißt es, Abgeordnete würden angegriffen, Einrichtungen
       > beschmiert und beschädigt. Thomas Kemmerichs Familie steht unter
       > Polizeischutz.
       
 (IMG) Bild: Beschmierte Außenwand des Büros von MdB Konstantin Kuhle in Göttingen-Osterode
       
       Berlin afp | Nach dem Eklat um die Wahl des FDP-Politikers [1][Thomas
       Kemmerich] zum thüringischen Ministerpräsidenten melden Liberale aus ganz
       Deutschland Angriffe und Beleidigungen. So wurden im Hamburger
       Landtagswahlkampf zahllose Plakate beschmiert und Unbekannte beschossen das
       Haus einer FDP-Politikerin in Mecklenburg-Vorpommern mit Feuerwerkskörpern.
       FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann bat die politische Konkurrenz
       um Solidarität.
       
       Kemmerich war am Mittwoch [2][überraschend vom Thüringer Landtag zum
       Ministerpräsidenten gewählt worden], wobei er auch die Stimmen der
       AfD-Abgeordneten erhielt. Nach harscher Kritik trat er schließlich am
       Samstag zurück.
       
       Seit der Wahl in Erfurt gebe es „Vandalismus gegen Einrichtungen der FDP“
       und Übergriffe im ganzen Bundesgebiet, hieß es am Montag aus Parteikreisen.
       Abgeordnete, Unterstützer und deren Angehörige würden bedroht. Die
       FDP-Zentrale habe noch keinen Überblick über sämtliche Vorfälle. Über die
       Vorgänge hatte zuerst der Tagesspiegel berichtet.
       
       In Mecklenburg-Vorpommern wurde das Haus der FDP-Politikerin Karoline
       Preisler mit Feuerwerkskörpern angegriffen, [3][wie sie auf Twitter
       schrieb]. Sie und ihre kleine Tochter hätten fliehen müssen. Der jüdische
       FDP-Lokalpolitiker Michael Rubin aus Frankfurt am Main berichtete auf
       Facebook, er sei als „Nazi“ beschimpft worden.
       
       Das Haus von Kemmerich selbst wird nach Angaben aus Parteikreisen seit der
       Wahl rund um die Uhr von Polizei bewacht; er selbst steht unter ständigem
       Personenschutz. Seine Kinder wurden demnach zum Teil von der Polizei zur
       Schule begleitet. Kemmerichs Frau sei auf der Straße angespuckt worden. In
       der Landesgeschäftsstelle der FDP, die ebenfalls unter Polizeischutz stehe,
       träfen zahlreiche beleidigende E-Mails ein.
       
       Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Buschmann
       appellierte an die Solidarität der politischen Konkurrenz. „Wir bitten alle
       demokratischen Parteien, Gewalt gegenüber unseren Mitgliedern und Anhängern
       zu verurteilen und zur Mäßigung aufzurufen“, sagte er der
       Nachrichtenagentur AFP. „Es gibt viele prominente und noch viel mehr
       Beispiele jenseits des Rampenlichts, in denen Demokraten aller Parteien
       persönlich beleidigt, bedroht und angegriffen werden.“ Diese Form der
       Auseinandersetzung „dürfen Demokraten nicht länger zulassen“.
       
       ## Liberale wollen sich „kritischen Fragen“ stellen
       
       Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle sprach von einem
       „Generalangriff auf die FDP“. Es gebe derzeit eine „absolute Eskalation, so
       etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte er der Welt vom Montag. „Lange war
       die FDP nicht im Fokus von Linksextremisten. Das hat sich seit Mittwoch
       geändert.“
       
       Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder, sagte der
       Zeitung: „Es sind krasse Zustände, das hätte ich mir niemals träumen
       lassen.“ Die Gewaltbereitschaft gegen FDP-Mitglieder in ganz Deutschland
       sei „erschütternd“.
       
       Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verurteilte die Androhung
       von Gewalttaten gegen FDP-Politiker und -Mitglieder „aufs Schärfste“.
       Gewaltandrohungen dürften niemals ein Mittel der politischen
       Auseinandersetzung sein, erklärte sie in Berlin. Ähnlich hatte sich am
       Sonntag auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil geäußert.
       
       FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg hatte am Sonntag erklärt,
       Anfeindungen gegen FDP-Mitglieder wegen der Vorgänge in Thüringen seien
       „inakzeptabel“. Betroffen seien „anständige Menschen, die sich ehrenamtlich
       für unsere Demokratie engagieren.“
       
       Zugleich betonte Teuteberg, dass sich die Liberalen kritischen Fragen zu
       Thüringen „selbstverständlich“ stellen wollten. „Nur so können wir
       verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.“
       
       10 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Thueringens-neuer-Ministerpraesident/!5662119
 (DIR) [2] /Tabubruch-in-Thueringen/!5658092
 (DIR) [3] https://twitter.com/PreislerKa/status/1226209089757360128
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Thomas Kemmerich
 (DIR) Schwerpunkt Thüringen
 (DIR) Übergriffe
 (DIR) FDP
 (DIR) FDP
 (DIR) Treuenfels-Frowein
 (DIR) Bauernfrühstück
 (DIR) Kolumne Habibitus
 (DIR) Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Erfurt und die Folgen: FDP beklagt Angriffe
       
       Liberale berichten von Vandalismus und Bedrohungen nach der Thüringen-Wahl.
       Auch die Angriffe auf Abgeordnete der Linken nehmen zu.
       
 (DIR) Hamburgs FDP kämpft um 5 Prozent: Liberale Schussfahrt
       
       Nach dem Desaster in Thüringen versucht sich Hamburgs FDP von der AfD
       abzugrenzen – und muss um ihren Wiedereinzug in die Bürgerschaft fürchten.
       
 (DIR) Beauftragter für die Neuen Länder: Abschaffen, sofort und unverzüglich
       
       Nach einem Gratulationstweet an Thomas Kemmerich muss Christian Hirte
       seinen Posten niederlegen. Da muss kein Neuer nachkommen.
       
 (DIR) Thüringer Männlichkeit und die FDP: Mittelmaß und Faschismus
       
       Gewohnt opportunistisch sucht die FDP den Weg zur Macht und schreckt dabei
       vor nichts zurück. Ein Beispiel männlichen Anspruchsdenkens.
       
 (DIR) Ministerpräsidentenwahl in Thüringen: Erfurter Chaostage gehen weiter
       
       Was kommt nach dem Rücktritt von Thomas Kemmerich: Wird Bodo Ramelow jetzt
       wieder Ministerpräsident, gibt es Neuwahlen – oder beides?