# taz.de -- EU warnt vor Rechtsterrorismus: „Wie den IS bekämpfen“
       
       > Der oberste EU-Terrorbekämpfer warnt vor wachsender Rechtsterrorgefahr –
       > und verweist auf Deutschland. Lob gibt es für das Combat18-Verbot.
       
 (IMG) Bild: Rechtsterror in Deutschland: die angegriffene Synagoge in Halle
       
       Berlin/Brüssel taz | Die Europäische Union warnt vor einer wachsenden
       Gefahr des Rechtsterrorismus. „Es gibt Indikatoren, dass das Risiko eines
       rechtsextremen Terrorismus in Europa wächst“, sagte Gilles de Kerchove,
       EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, am Montag der taz. „Wir
       müssen gewalttätige rechtsextreme Gruppen mit der gleichen Schlagkraft
       bekämpfen wie den sogenannten Islamischen Staat oder al-Qaida.“
       
       De Kerchove verwies dabei auch auf die jüngste Entwicklung in Deutschland.
       „Die Schüsse vor der Synagoge in Halle und der Mord an Walter Lübcke
       illustrieren die Bedrohung durch gewalttätigen Rechtsextremismus und
       Terrorismus, mit der wir in Europa konfrontiert sind“, sagte der Belgier.
       „Diese tragischen Taten sollten uns ein Warnzeichen sein.“
       
       De Kerchove erinnerte, dass es vor fünf Jahren nicht schnell genug gelungen
       sei zu verhindern, dass die Zahl islamistischer Terrorangriffe anstieg.
       „Wir müssen nun sicherstellen, dass wir eine mögliche Welle von
       rechtsextrem motivierten Terrorattacken verhindern.“ Der
       EU-Terrorismusbekämpfer lobte dabei das [1][jüngste Verbot von Combat 18 in
       Deutschland] für ein entschlossenes Handeln. „Die Entscheidung der
       deutschen Behörden, Combat 18 zu verbieten – eine Gruppe, die Hass und
       Gewalt in Europa und im Westen propagiert –, ist ein gutes Beispiel dafür.“
       
       Gilles de Kerchove ist seit 2007 Anti-Terror-Koordinator der EU – und
       Redner auf dem ab Dienstag in Berlin tagenden Europäischen Polizeikongress,
       einer Fachkonferenz mit knapp 2.000 Teilnehmern. Der Jurist will dort über
       „Europäische Konzepte gegen Extremismus“ sprechen. Auftreten werden auch
       Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), BKA-Chef Holger Münch,
       Bundespolizeipräsident Dieter Romann oder Verfassungsschutzpräsident Thomas
       Haldenwang.
       
       ## Polizeikongress will Rechtsextremismus diskutieren
       
       „In den vergangenen Jahren hat eine Erosion des Rechtsstaats
       stattgefunden“, heißt es fragwürdig in der Einladung zum Kongress. Die
       Veranstalter zählen dazu neben „Parallelgesellschaften“, Clans oder
       Darknet-Geschäften auch den Rechtsextremismus und -terrorismus. Auf zwei
       Podien wird darüber diskutiert.
       
       Auch auf europäischer Ebene ist man inzwischen bei diesem Thema in Sorge.
       Bei einem Treffen der Innenminister der EU-Länder im Herbst 2019 war der
       Rechtsextremismus ein Schwerpunktthema. „Die Bedrohung durch
       rechtsgerichteten, gewalttätigen Extremismus wächst“, hieß es in einem
       Beschluss. Die jüngsten Angriffe zeigten den Bedarf, die Gegenmaßnahmen zu
       verstärken. Vereinbart wurde, sich „einen besseren Überblick“ über die Lage
       zu verschaffen und gegen die Verbreitung „illegaler rechtsgerichteter
       extremistischer Inhalte online und offline“ vorzugehen.
       
       [2][Neben dem Attentat auf Walter Lübcke] und [3][dem in Halle] gab es im
       August 2019 auch den Versuch eines Rechtsextremisten, schwerbewaffnet eine
       Moschee in Oslo anzugreifen. Zuvor hatte auch Europol vor einem „Anstieg
       rechtsextremistischer Stimmungen in Europa“ gewarnt. Die Zahl der
       Festnahmen von Terrorverdächtigen in diesem Feld sei von 2016 bis 2018 von
       12 auf 44 Personen gestiegen. Rechtsextremistische Gruppen würden „ein
       Klima der Angst und Feindseligkeit gegen Minderheiten verstärken“. Diese
       Stimmungslage könne die Hemmschwelle von radikalisierten Einzeltäter
       senken, um Gewalt gegen Personen oder Einrichtungen auszuüben.
       
       Auch Gilles de Kerchove sagte der taz, dass in einigen EU-Ländern
       „gewalttätige rechtsextreme Ideologie an Boden gewinnt“. Er verwies auch
       darauf, dass zuletzt die rechtsextremen Attentäter in Christchurch oder den
       USA ihre Taten mit gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa und dem
       [4][Konstrukt eines angeblichen „Großen Austauschs“ von eingesessenen
       Europäern durch Migranten begründet hätten].
       
       ## EU will stärkere transnationale Gegenkonzepte
       
       De Kerchove plädiert für eine bessere länderübergreifende Zusammenarbeit
       der Behörden. „Gewalttätiger Rechtsextremismus und Terrorismus organisiert
       sich zunehmend transnational. Also benötigt auch der Kampf dagegen eine
       grenzüberschreitende Kooperation.“ Die EU werde hier „neue Initiativen“
       starten, enger mit Partnern von außerhalb kooperieren und Online-Propaganda
       bekämpfen. De Kerchove nimmt auch die Wirtschaft in die Pflicht:
       „Internetunternehmen müssen ihre Bemühungen erhöhen, dieses Material zu
       entfernen oder sicherzustellen, dass dieses erst gar nicht hochgeladen
       werden kann.“
       
       Die deutsche Bundesregierung hatte nach dem Anschlag von Halle ein
       [5][Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus] geschnürt. Dazu zählt ein
       Vorgehen gegen Hasspostings, ein schärferes Waffenrecht oder ein Ausbau von
       BKA und Verfassungsschutz. Vor anderthalb Wochen verbot Bundesinnenminister
       Seehofer zudem Combat 18. Auch diese Neonazi-Gruppe sahen Experten
       europäisch gut vernetzt.
       
       Derzeit laufen im Innenministerium fünf weitere Verbotsprüfverfahren. Ein
       Sprecher wollte zum dortigen Stand nichts sagen: Zu Verbotsüberlegungen
       äußere man sich generell nicht.
       
       3 Feb 2020
       
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