# taz.de -- Habecks Rede auf dem Grünen-Parteitag: Horizonte öffnen
       
       > Robert Habeck hat als Parteivorsitzender der Grünen den Parteitag
       > eröffnet. Seine Rede weist in Richtung Zukunft – und in Richtung Macht.
       
 (IMG) Bild: Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen während einer Rede
       
       Bielefeld taz | Welche Botschaft Robert Habeck setzen will, wird schon nach
       ein paar Sätzen deutlich. „Aus Hoffnung Wirklichkeit machen.“ Die paar
       Worte ruft der Grünen-Chef in die Halle, und sie drücken viel aus. Die
       Grünen wollen regieren – und sie wissen, dass viele Menschen im Moment hohe
       Erwartungen an sie haben.
       
       [1][Habecks Rede] ist der Auftakt [2][des dreitätigen Parteitags], der bis
       Sonntag in Bielefeld tagt. Gut 800 Delegierte diskutieren ihre Konzepte in
       der Wohnungs- und Finanzpolitik, in der Wirtschaft und beim Klimaschutz. Am
       Samstag steht die Neuwahl des Bundesvorstands an: Habeck und seine
       Co-Chefin Annalena Baerbock, seit knapp zwei Jahren im Amt, treten erneut
       an. Ihre Wiederwahl gilt als sicher.
       
       Habeck lässt keinen Zweifel daran, dass seine Partei an die Macht will.
       „Wir wollen die Weichen mitstellen“, ruft er. Eine strukturelle
       Verschiebung in der globalen Ökonomie ziehe herauf. „Wir brauchen Pläne,
       die den Horizont wieder aufmachen.“ Die Grünen wollten die neue Zeit
       mitgestalten. Und: Die Ära Merkel sei erkennbar vorbei.
       
       Die Grünen stehen in Umfragen bei 22 Prozent. Ihre Chancen, in einer
       nächsten Bundesregierung zu sitzen, stünden mit so einem Ergebnis gut.
       
       ## Das Ende vom „Krieg der Ökonomie gegen die Natur“
       
       Wie das gehen soll, haben die Grünen wie immer in langen Papieren
       aufgeschrieben. [3][In der Wirtschaftspolitik] plädieren sie zum Beispiel
       für eine Lockerung der Schuldenbremse, um Milliardeninvestitionen des
       Staates zu ermöglichen. Sie setzen auf eine Industriepolitik, die
       Unternehmen zum ökologischen Wirtschaften verpflichten soll. Und sie
       fordern in Zukunft einen Mindestlohn von 12 Euro.
       
       Nötig sei eine „Neujustierung der Marktwirtschaft in Deutschland und in
       Europa“, rief Habeck. Der Green New Deal, den die Grünen vorschlagen,
       beende den „Krieg der Ökonomie gegen die Natur“.
       
       Habeck wiederholte auch den Anspruch, mit dem er und Baerbock angetreten
       sind. Sie verstehen die Grünen nicht als Milieupartei, sondern als
       gesamtgesellschaftliche Kraft, die Brücken schlagen will. Vorbilder aus der
       deutschen Geschichte wären nicht so weit gekommen, wenn sie auf „Wehwehchen
       ihrer Partei“ geschaut hätten, ruft Habeck. Er nennt Willy Brandt, Helmut
       Kohl, Petra Kelly.
       
       Angst vor großen Vergleichen hat Habeck bekanntlich nicht. Er betonte, dass
       die Grünen längst nicht mehr die Anti-Parteien-Partei seien, die sie früher
       waren. Im Gegenteil. Er machte deutlich, dass die Grünen in Zeiten einer
       starken AfD zum Staat und seinen Institutionen stehen müssten. „Werden wir
       Verfassungsschützer!“ Auch dieser Anspruch ist nicht neu.
       
       ## Wegmarken bleiben wohl aus
       
       Habecks Rede war keine schlechte, aber sie zündete nicht so wie frühere
       Auftritte. Die Delegierten applaudierten stehend, als er fertig war – und
       seine Co-Chefin umarmte. Wollte er sich mit diesem Aufschlag kurz vor der
       Wiederwahl profilieren, gar als möglicher Kanzlerkandidat in Stellung
       bringen? Das war vorher von JournalistInnen gemutmaßt worden.
       
       Aber das wäre eine falsche Interpretation. Habeck und Baerbock reden am
       liebsten überhaupt nicht über die K-Frage – und wollen sie erst Ende 2020
       klären. Sie haben keinerlei Interesse, den Parteitag mit dieser Frage
       aufzuladen.
       
       Dass Habeck den ersten Aufschlag machen durfte, war Zufall. Die Politische
       Rede wechselt von Jahr zu Jahr zwischen den beiden Vorsitzenden. Bielefeld
       ist für die Grünen ein historischer Ort. Vor genau 20 Jahren fand hier der
       legendäre Parteitag statt, bei dem sie über die deutsche Beteiligung am
       Kosovo-Krieg abstimmten.
       
       Die legendäre Rede von Joschka Fischer, der Farbbeutelwurf, die Zustimmung
       der Mehrheit der Delegierten – die Partei entschied sich damals für den
       Kriegseinsatz. Eine ähnliche Wegmarke ist von diesem Parteitag nicht zu
       erwarten.
       
       15 Nov 2019
       
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