# taz.de -- Grüne und Tesla: Freude am Obszönen
       
       > Warum frohlocken Berlins Grüne eigentlich so laut, wenn Tesla kommt? Das
       > Unternehmen steht mit seinen Produkten wahrlich nicht für die Ökowende.
       
 (IMG) Bild: Der Stromschleuder Tesla den Stecker ziehen? Um Himmels willen!
       
       Ein bisschen albern ist sie ja schon, die kollektive Aufregung über Elon
       Musks „Gigafactory“ (frei übersetzt: „Superduperfabrik“), die innerhalb von
       zwei Jahren auf der grünen Heide vor den Toren Berlins entstehen und
       Tesla-Autos produzieren soll. Sicher hat das auch Glamour, und das
       Versprechen tausender neuer Arbeitsplätze, die das Unternehmen schaffen
       will, kann kaum jemanden kalt lassen. Aber schon bei der heiß diskutierten
       Frage, wieso Tausendsassa Musk den Landkreis Oder-Spree der deutschen
       Hauptstadt vorgezogen habe, wird es drollig: Von den USA aus betrachtet
       heißt der neue Standort natürlich Berlin.
       
       Etwas anderes ist dann schon fast peinlich: die ungezügelte Freude mancher
       grüner SpitzenpolitikerInnen über die am Dienstagabend bei einer
       Preisverleihung verkündeten Ansiedlungspläne, namentlich
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Fraktionschefin Antje Kapek. „Ich freue
       mich natürlich wahnsinnig über die Nachricht. Das Werben und die Gespräche
       haben sich gelohnt“, jauchzte Pop ins Twitterversum, und Kapek sekundierte:
       „Die ganze Welt reißt sich um Tesla … Berlin/Brandenburg wird es. Wirklich
       großartig!“
       
       Dass der Regierende Bürgermeister der Presse verriet, er sei schon mal
       Tesla gefahren und das habe viel „Spaß“ gemacht – geschenkt. Aber die
       Grünen haben einen Ruf als Ökopartei zu verlieren, und mit ihrer
       unreflektierten Begeisterung für die Musk-Schmiede kommen sie damit wieder
       ein Stückchen voran. Denn selbst wenn die Tesla-Modelle selbst in der taz
       schon mal leichtfertig „Öko-Autos“ tituliert werden – das sind sie nicht.
       
       Spätestens ein Blick auf die Tesla-Website macht klar, dass hier einfach
       nur der Pkw als machtvolle Verlängerung des menschlichen
       Fortbewegungsapparats, als rollende Festung mit supersmartem Image neu
       erfunden werden soll. Das „Model Y“, das vielleicht mal in Grünheide
       montiert wird, weist zwar nicht die grotesken Spitzenwerte des Sportwagens
       „Roadster“ (über 400 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit) auf. Es
       handelt es sich aber eben doch um einen SUV, dessen Elektromotoren ihn laut
       Herstellerangaben in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 katapultieren und der mit
       240 Stundenkilometern Spitze natürlich im Land der unbegrenzten
       Geschwindigkeit auf Autobahnen genau richtig ist. (Im Inneren merkt man von
       solch mörderischen Kräften wenig: „Blickfang ist hier ein 15-Zoll
       Touchscreen, während das Klangfeld-Audiosystem wahre Konzertatmosphäre
       zaubert“, verspricht die Werbung.)
       
       ## Nur ein kleines bisschen „grüner“
       
       Natürlich ist es ein kleines bisschen „grüner“, wenn der Saft, mit dem man
       durch Brandenburg oder Berlin-Mitte rast, von Windrädern erzeugt und nicht
       aus dem Wüstenboden gepumpt wird. Aber grundsätzlich gilt, was der
       Mobilitätsexperte Wolfgang Lohbeck unlängst in einem Interview mit der SZ
       sagte: „Was Tesla herstellt, ist die dümmste und obszönste Variante der
       Elektromobilität. Einen Drei-Tonnen-Wagen zu bewegen, noch dazu mit
       extremen Beschleunigungswerten, das kann nicht ökologisch sein und auch
       nicht sozial.“ Und: „Auch Ökostrom ist weder ,sauber' noch umsonst, er ist
       sogar besonders kostbar.“
       
       Um die Fallhöhe der Grünen noch mal zu verdeutlichen: Es ist dieselbe
       Partei, die Greta Thunberg preist und – zu Recht – vor den imminenten
       Gefahren des Klimawandels warnt. Dass sie gleichzeitig ganz normale
       politische und gesellschaftliche Player sein wollen, denen dann Aufrufe zu
       Konsumverzicht und Plädoyers für ein Ende des Wachstums irgendwie peinlich
       sind, lässt sich schon lange an ihrer verschwiemelten Haltung zum boomenden
       Fluggeschäft ablesen: Da hofft Senatorin Pop dann eben, dass ganz, ganz
       bald ganz viel synthetisches Kerosin aus den Solarzellen zum BER fließt.
       Ein schöner Traum!
       
       Immerhin eine Grüne hat bislang konsequent geschwiegen: Das Wort „Tesla“
       taucht im Twitter-Profil von Verkehrssenatorin Regine Günther nicht auf.
       
       14 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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