# taz.de -- Nach der SPD-Vorsitzwahl: Der Leidantrag der SPD
       
       > Klara Geywitz wird – mit Unterstützung des neuen Führungsduos –
       > Vizechefin der SPD. Das soll für Entspannung sorgen.
       
 (IMG) Bild: Erfolglos, aber mit Anschlussverwendung: Klara Geywitz soll einen Vizeposten bekommen
       
       Am Dienstag debattiert das erweiterte SPD-Präsidium den Leitantrag für den
       Parteitag. Normalerweise ist das ein Routinetermin, ein paar sprachliche
       Korrekturen, ein kleiner anderer politischer Dreh. Doch normal ist bei der
       SPD nichts nach der Niederlage von Vizekanzler Olaf Scholz und der Wahl
       Saskia Eskens und Norbert Walter-Borjans’.
       
       Der Leitantrag ist der Kampfplatz, an dem nicht nur die Machtarchitektur
       der SPD abzulesen sein wird – auch die Zukunft der Groko hängt daran, ob
       die SPD harte oder weiche Forderungen an die Union stellen wird.
       
       Annika Klose, Jusochefin in Berlin, glaubt, dass „nun ein Linksruck durch
       die SPD geht“. Klose sieht die Regierung vor ihrem Ende. „Unsere
       Grundsatzkritik an der Großen Koalition hat sich nicht verändert“, so Klose
       zur taz.
       
       „Ich bin nach wie vor dafür, diese Koalition zu beenden“, auch wenn das
       rasche Neuwahlen bedeute. Die Gefahr einer Spaltung gebe es nicht. Die
       konservativen Sozialdemokraten müssten nun ihre Niederlage akzeptieren –
       eine Übung, in der der linke Flügel reichhaltige Erfahrungen habe.
       
       ## Weiche und harte Kritik
       
       In Sachen Leitantrag und Forderungen von Esken und Walter-Borjans Richtung
       Union glaubt Klose, dass sich die designierte Führung durchsetzen wird. „Es
       würde mich sehr wundern, wenn die Linie der beiden sich dort nicht
       wiederfindet“, so die Ansage.
       
       Der Kurs ist: Klare Kante gegenüber der Union, Ende der Koalition,
       Neuwahlen. Jusochef Kevin Kühnert klang weicher, offener. Auch bei den
       Jusos gibt es verschiedene Taktiken.
       
       Die SPD-Pragmatiker wollen die Groko unbedingt retten. Niedersachsens
       Ministerpräsident Stephan Weil, der mit harter Kritik an Saskia Esken
       hervorgetreten war, will lieber gar nicht mit der Union über neue
       Forderungen reden. Es gehe vielmehr darum, bei Klima und Kohleausstieg das
       Vereinbarte umzusetzen.
       
       Auch Achim Post, Chef der Landesgruppe NRW in der Bundestagsfraktion, ist
       vorsichtig, wenn es um ein Ende der Groko geht. Die Koalition habe viel
       erreicht und politisch noch viel vor.
       
       ## Tief gespalten
       
       Die Argumentationslinie der SPD-Pragmatiker ist damit markiert: Um die
       Grundrente und das Klimapaket zu realisieren, müsse man in der Regierung
       bleiben. Die NRW-SPD war neben den Jusos Hauptunterstützer des Duos Esken
       und Walter-Borjans. In der Groko-Frage scheint die NRW-SPD hingegen
       gespalten zu sein.
       
       Trotz – oder gerade wegen – der tiefen Differenzen in Sachen Groko senden
       beide Flügel weiter Entspannungssignale. Olaf Scholz wird erst mal Minister
       bleiben, auch um Stabilität zu gewährleisten.
       
       Und Klara Geywitz, die mit Scholz verlor, wird am Wochenende als
       Vizeparteichefin antreten. „Es wäre schöner gewesen, wenn ich am Samstag
       gewonnen hätte“, so Geywitz zur taz. Aber es gelte nun die Partei
       zusammenzuhalten. Sie will sich als Vize für den Osten und Fraueninteressen
       einsetzen.
       
       ## Drei Posten zu vergeben
       
       Es soll drei Vizeposten geben. Neben Geywitz wird auch Arbeitsminister
       Hubertus Heil antreten – ebenfalls ein Pragmatiker. Geywitz will ihre
       Kandidatur, die die östlichen SPD-Landesverbände unterstützen, indes nicht
       als Konterpart zu der neuen Führung verstanden wissen. „Saskia und Norbert
       unterstützen meine Kandidatur“, so Geywitz zur taz.
       
       Jusochef Kevin Kühnert will ebenfalls kandidieren, allerdings für den
       Vorstand.
       
       Beim Parteitag am Wochenende wird es viele neue Delegierte geben.
       Mehrheiten sind schwer ausrechenbar. Am Freitag wird die neue Führung
       inthronisiert. Am Samstag soll über den möglichen Ausstieg der SPD aus der
       Groko abgestimmt werden.
       
       2 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Norbert Walter-Borjans
 (DIR) Saskia Esken
 (DIR) SPD
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) Gesine Schwan
 (DIR) NRW-SPD
 (DIR) Kevin Kühnert
 (DIR) SPD-Basis
 (DIR) Kevin Kühnert
 (DIR) Maja Lasic
 (DIR) SPD
 (DIR) Lesestück Meinung und Analyse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gesine Schwan über Kevin Kühnert: „Einer der wenigen mit Format“
       
       Die SPD-Größe Gesine Schwan sieht den Juso-Chef inzwischen als den
       „eigentlichen Strategen“ der Partei. Machtpolitisch agiere Kühnert
       rücksichtslos.
       
 (DIR) Neues Duo an der SPD-Spitze: Hoffen und Hopfen
       
       An der SPD-Basis freuen sich viele, dass das „Weiter so“ endet. Was kommt
       nun? Ein Besuch an den Stammtischen der Sozis.
       
 (DIR) SPD und neue Vorsitzende: Plötzlich ganz gemäßigt
       
       Der Leitantrag zum SPD-Parteitag klingt vage, auch beim Klima. Beim
       Personal scheint es in der Parteiführung einen Deal zu geben.
       
 (DIR) SPD vor ihrem Parteitag: Die Verwandlung des Kevin Kühnert
       
       Der Leitantrag ist moderat gehalten, die SPD wird wohl für den Verbleib in
       der Groko stimmen. Mit Kühnert als Vize.
       
 (DIR) Neue SPD-Spitze: Kühnert warnt vor Groko-Ausstieg
       
       Selbst der größte Gegner des Bündnisses spielt erst mal anscheinend doch
       mit. Ganz verstummt ist der Ruf nach einer harten Gangart in der SPD aber
       nicht.
       
 (DIR) Berliner SPDlerin zu neuen Parteichefs: „Nicht so überraschend“
       
       Die Entscheidung für Walter-Borjans und Esken war eine gute Wahl, sagt die
       Berliner SPD-Politikerin Maja Lasić. Man erwarte nun „linke Akzente“.
       
 (DIR) Die neue SPD-Spitze ist links: Versöhnen statt spalten
       
       Die Wahl von Esken und Walter-Borjans ist ein historischer Einschnitt. Der
       SPD drohen Turbulenzen, wenn sie irreale Forderungen durchprügeln.
       
 (DIR) Machtkampf um den SPD-Vorsitz: Der doppelte Olaf Scholz
       
       Im Kampf um den SPD-Vorsitz blinkt der Bundesfinanzminister gerade in
       Richtung des linken Parteiflügels. Das muss nicht so bleiben.