# taz.de -- Kriegsfilm „Midway – Für die Freiheit“: Männer, die entschlossen blicken
       
       > Roland Emmerich macht sich in „Midway – Für die Freiheit“ am Zweiten
       > Weltkrieg zu schaffen. Der Film bietet viel Gefechtsgetümmel im Pazifik.
       
 (IMG) Bild: Frauen kommen nur am Rand vor: Lieutenant Dick Best (Ed Skrein) mit Gattin Anne (Mandy Moore) ​
       
       Wann immer es um Kriegsgeschichte in Form von Schlachtbeschreibungen geht,
       fühlt man sich als Zuschauer, zumal als weiblicher, wie zu Gast im „man
       cave“, komplett mit Miniatureisenbahn. In fleißiger Bastelarbeit wurden
       Modelle von Flugzeugen, Schiffen und Uniformen erstellt, stolz wird eine
       „Spitfire VDB605“ oder ein Flugzeugträger „USS Enterprise“ präsentiert, und
       dann wird der Schlachtverlauf geschildert, mit Hin und Her, mit Furcht und
       Mitleid, und viel zu vielen Details, etwa über den kriegslistigen Admiral
       Chester Nimitz oder den tapferen Lieutenant Commander Wade McClusky.
       
       Anders gesagt: Man muss schon ein bisschen Nerdtum tolerieren können, um
       Roland Emmerichs 139-minütigen „Midway“ durchzustehen.
       
       Im Vergleich zu „Independence Day“, „The Day After Tomorrow“ oder „2012“,
       in denen Emmerich [1][mit Lust den Weltuntergang beziehungsweise dessen
       Verhinderung in letzter Minute durchspielte], ist die Perspektive von
       „Midway“ stark verengt auf eine Schlacht im Pazifikkrieg und ihre
       Vorgeschichte. Nun, laut Geschichtsbüchern war sie entscheidend für den
       Kriegsausgang. Wären da nicht Männer wie Nimitz und McClusky gewesen, so
       deklariert Emmerich in „Midway“ nicht ohne Pathos, dann wären die Japaner
       bald in Kalifornien einmarschiert.
       
       Ob Regisseur John Ford daran gedacht hat, als er sich mit der „Field Photo
       Unit“ mit auf eines der Schiffe begab, um später im Dokfilm „Schlacht um
       Midway“ berühmt gewordene Aufnahmen zu beaufsichtigen? Trotz überbordender
       Stofffülle findet Emmerich die Zeit, auch Ford und sein Team kurz bei der
       Arbeit zu zeigen, in Form einer augenzwinkernden Hommage am Rande. Über die
       Exaktheit der Nachstellung sollen die urteilen, die sich damit gern
       beschäftigen. Emmerichs Film demonstriert förmlich in jeder Einstellung die
       pedantisch-schwitzige Aura eines Fanboy-Willens zur Präzision.
       
       ## Tollkühne Männer mit fliegenden Kisten
       
       Es ist alles ein bisschen viel: Der Angriff auf Pearl Harbor, brennende
       Schiffe, Heldentaten und verkohlte Leiber. Dann ein wenig „Top Gun“-Gehabe
       unter tollkühnen Männern mit fliegenden Kisten. Zwischendurch einige Takte
       Alltag und Cocktailparty auf dem Stützpunkt, damit man zwei, drei Frauen
       abbilden kann. Und dann wieder Krieg und männlich-entschlossene Blicke ins
       Weite.
       
       Emmerich bringt so viele Figuren ins Spiel, dass man als Nicht-Nerd schnell
       den Überblick verliert. Irgendwann nimmt man das Ganze mehr als eine Art
       Pin-up-Kalender mit Männerporträts wahr denn als Drama: Aaron Eckhard
       lächelt gutaussehend als todesmutiger James Doolittle, der im April 1942
       mit einer kleinen Staffel Tokio bebombt („Tokyo Raid“). Dennis Quaid gibt
       den Vize-Admiral William Halsey so glaubhaft gegerbt als alten, vom Alkohol
       gezeichneten Seemann, dass man sich Sorgen macht um seine echte Gesundheit.
       
       Woody Harrelson als kriegsweiser Nimitz darf mal viel, wenn auch weißes
       Haar tragen. Patrick Wilson als Aufklärungsoffizier Edwin Layton bekommt am
       meisten Backstory als Mann mit schlechtem Gewissen: Der Angriff auf Pearl
       Harbor konnte passieren, weil man auf ihn nicht gehört hat beziehungsweise
       weil er sich kein Gehör verschaffen konnte.
       
       ## Flugzeugträger versenken
       
       Im Mittelpunkt des Films soll eigentlich Jagdflieger Dick Best (Name nicht
       erfunden) stehen, ein Draufgänger, der in der Schlacht um Midway offenbar
       gleich zwei Schiffe, äh, Flugzeugträger versenkt hat. Aber leider wirkt Ed
       Skrein in dieser Hauptrolle stark überfordert.
       
       Bemerkenswert ist dagegen Emmerichs besondere Sorgfalt, was die Darstellung
       der Kriegsgegner angeht: Sichtlich bemüht er sich darum, die Japaner nicht
       auf ein bellendes Stereotyp zu reduzieren, sondern auch hier einzelne
       Figuren mit einem Minimum an Hintergrund zu individualisieren. Aber so
       lobenswert das im heutigen Kontext scheint, führt es gleichzeitig zu einer
       merkwürdigen Entpolitisierung der Ereignisse von damals. Als wäre da nicht
       mehr gewesen als eine Schlacht zwischen ehrbaren, tapferen Männern auf
       beiden Seiten der Front.
       
       7 Nov 2019
       
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