# taz.de -- Stimmen aus Thüringen zum AfD-Erfolg: „Noch mehr Haltung zeigen“
       
       > Die Zivilgesellschaft und Minderheiten sehen die gestärkte AfD als
       > besondere Bedrohung. Man werde sich aber nicht einschüchtern lassen.
       
 (IMG) Bild: Solche Wahlergebnisse dürften niemals als „normal“ akzeptiert werden, sagt auch Charlotte Knobloch
       
       Mohammed Suleman Malik ist nicht überrascht über das [1][Ergebnis der AfD
       in Thüringen]. „Ich habe es kommen sehen, wir haben es kommen sehen: [2][23
       Prozent haben einen Faschisten gewählt]“, sagt Malik, Sprecher der
       muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Thüringen. „Aber die Mehrheit hat
       Antifaschisten gewählt. Das macht Hoffnung.“
       
       Malik will sich nicht einschüchtern lassen. Grund dazu gäbe es: „Natürlich
       sind wir als Muslime Zielscheibe dieses Hasses“, sagt er. Malik erzählt von
       Bedrohungen auf Facebook. Er solle froh sein, dass er noch lebe, solle in
       sein Land zurückgehen.
       
       Malik ist nicht allein – auch andere Vertreter*innen der Zivilgesellschaft
       sind nach dem AfD-Wahlerfolg besorgt. Maliks Gemeinde kämpft schon jetzt
       mit konkreten Folgen. Der Muslim berichtet von der Moschee, die die
       Ahmadiyya in einem Erfurter Industriegebiet baut – und deren Fertigstellung
       sich um Monate verzögert. „Mehrere Baufirmen haben uns abgesagt. Sie
       befürchten Angriffe auf ihre Leute oder Maschinen.“ Andere wollten „mit
       einem Moscheebau nichts zu tun haben“. [3][Zuerst hatte der Spiegel
       berichtet.]
       
       Gegen den Moscheebau gab es Brandreden, auch von Thüringens AfD-Chef Björn
       Höcke, es gab Protestzüge Vermummter, Schweinekadaver und riesige
       Holzkreuze, die neben dem Baugrundstück aufgestellt wurden. „Es gibt eine
       direkte Linie von diesen Angriffen zur AfD, das wissen alle“, sagt Malik.
       „Für uns als Zivilgesellschaft und für die demokratischen Parteien heißt
       das vor allem: Wir müssen noch mehr Haltung zeigen.“
       
       Er sei als Kind vertrieben worden, in Erfurt habe er sich eine Heimat
       aufgebaut, erzählt Malik. „Das lasse ich mir nicht wegnehmen.“ Regelmäßig
       steht Malik in Fußgängerzonen, mit einem T-Shirt, auf dem steht „Wir sind
       alle Deutschland“, und mit dem Angebot, Menschen den Islam zu erklären. Er
       ist zudem als Parteiloser stellvertretender Ortsteilbürgermeister in
       Erfurt.
       
       Von den demokratischen Parteien und Behörden erwartet Malik nun eine
       konsequentere Durchsetzung des Rechtsstaats. „Ob [4][Christchurch] oder
       [5][Halle], wir haben gesehen, dass verbale Angriffe nur der Anfang sind.“
       
       Auch andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen finden deutliche Worte.
       „Wer AfD wählt, wählt den Weg in ein antidemokratisches Deutschland“, sagt
       Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. Solche Wahlergebnisse
       dürften niemals als „normal“ akzeptiert werden, sagt auch Charlotte
       Knobloch, ehemalige Zentralratspräsidentin und Vorsitzende der
       Israelitischen Kultusgemeinde in München. „Die Minderheit der
       Antidemokraten ist längst eine Gefahr für die Demokratie.“
       
       Ayman Qasarwa, Geschäftsführer des Dachverbands der
       Migrant*innen-Organisationen, in Ostdeutschland warnt: „Die gesamte Arbeit
       der Migrant*innen-Organisationen ist durch das Erstarken der AfD akut in
       Gefahr.“ Diese müsse nun politisch wie finanziell gestärkt werden.
       
       Auch die Mobile Beratung in Thüringen erklärt, das Wahlergebnis zeige, dass
       in Thüringen „weiter ein starkes Engagement gegen völkische und
       menschenverachtende Ideologien“ wichtig sei. „Wir erwarten von den
       künftigen Regierungsparteien, dass sie vor allem jene stärken, die fest für
       eine demokratische Zivilgesellschaft einstehen und für unsere freie
       demokratische Gesellschaft kämpfen“, so Vorstand Sandro Witt. „[6][Das
       Wahlergebnis] ist eine Warnung, die es ernst zu nehmen gilt.“
       
       28 Oct 2019
       
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