# taz.de -- BGH entscheidet über Schleuser-Beihilfe: Ist Koffertragen strafbar?
       
       > Der Bundesgerichtshof muss festlegen, wann sich ein Flüchtling selbst als
       > Schleuser strafbar macht. Reicht es dafür schon, „Ansprechpartner“ zu
       > sein?
       
 (IMG) Bild: Der Angeklagte hatte Frauen beim Koffertragen geholfen
       
       Karlsruhe taz | Der tragische Fall fand Anfang 2016 statt. In der
       türkischen Hafenstadt Bodrum startete ein klappriger Holzkahn mit rund
       siebzig Flüchtlingen an Bord. Schleuser versuchten, sie ins nahegelegene
       Griechenland überzusetzen, doch die unerfahrene Crew fuhr im Kreis bis das
       Benzin ausging. Weil nun auch die Pumpen nicht mehr funktionierten,
       kenterte das Boot, 35 Menschen starben.
       
       2018 verurteilte das Landgericht Osnabrück einen überlebenden 28-jährigen
       Afghanen wegen „Beihilfe zum Einschleusen von Ausländern mit Todesfolge“ zu
       einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren. Vor dem Prozess saß der Mann
       sieben Monate in U-Haft. Ihm wurde vorgeworfen, er habe sich gegenüber den
       Schleppern bereit erklärt, als „Ansprechpartner“ und „Kontaktperson“ für
       zwei allein reisende afghanische Frauen und ihre vier Kinder zu fungieren.
       Alle sechs waren dann bei dem Unglück gestorben.
       
       In der Revision beim BGH beantragte der Anwalt des Afghanen, Till Günther,
       einen Freispruch. Dass der Afghane den Frauen beim Koffertragen und beim
       Einkaufen half, könne nicht strafbar sein. „Der Mann hat gemacht, was jeder
       anständige Mensch auch gemacht hätte“, sagte Anwalt Günther. Im Übrigen sei
       völlig unklar, was es heiße, „Ansprechpartner“ zu sein, das Landgericht
       habe dazu nichts Konkretes festgestellt. „Der Angeklagte gehörte zur Gruppe
       der Geschleusten, nicht zur Gruppe der Schleuser“, so der Verteidiger.
       
       Jochen Weingarten, der Vertreter der Bundesanwaltschaft, ließ offen, ob das
       Koffertragen nur eine sozialübliche und damit straflose Gefälligkeit war.
       Allerdings sei die Zusage, sich um die Frauen zu kümmern, eine strafbare
       Beihilfe gewesen, denn dadurch habe er die Schleuser von der
       Betreuungsaufgabe entlastet. Eine Reise ohne männlichen Begleiter wäre
       nicht in Betracht gekommen. „Dadurch hat sich der Mann auf die Seite der
       Schleuser gestellt.“
       
       Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer sagte, der Fall liege „im
       Grenzbereich“, es werde eine „knappe Entscheidung“ geben. Das Urteil soll
       am 14. November verkündet werden.
       
       Der angeklagte Afghane lebt inzwischen in Norddeutschland und hat Arbeit
       als Lagerist gefunden.
       
       17 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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