# taz.de -- Extinction Rebellion in Berlin: Kein Fortschritt ohne Konflikt
       
       > Die UmweltaktivistInnen sind erstaunlich ausdauernd – das verdient
       > Respekt. Aber um richtig Druck zu machen, müssten sie viel provokanter
       > stören.
       
 (IMG) Bild: Hauptsache, entspannt bleiben?
       
       Respekt! Bereits seit drei Tagen blockieren die KlimaaktivistInnen von
       Extinction Rebellion Straßen und Plätze Berlins. Sie tun das mit einer
       Ausdauer und Hartnäckigkeit, die einem Bewunderung abverlangen und die
       viele etablierte Bewegungsakteure neidisch machen kann. Es sind Hunderte,
       die schon die zweite Nacht infolge am Großen Stern übernachtet haben,
       hunderte, die nachts um drei Uhr neue Blockaden errichten. Weder Kälte noch
       Regen stoppt sie und ein Ende der Proteste ist nicht in Sicht.
       
       Die so [1][junge Bewegung beweist eine erstaunliche
       Mobilisierungsfähigkeit], viele XR-AktivistInnen sind aus anderen Städten,
       auch aus dem Ausland, angereist. Sie sind bereit, ihre Komfortzone zu
       verlassen, sich anzuketten und von der Polizei räumen zu lassen. Dabei
       gehen sie strategisch klug vor; sie besetzen Plätze, die fotogen sind: der
       Große Stern, der immer noch mit Bildern der Love Parade verbunden wird oder
       die Marschallbrücke mit Reichstagsblick. Die [2][kommunizierte
       Gewaltfreiheit] führt dazu, dass die Polizei bislang sehr zurückhaltend
       reagiert.
       
       Schade! Die groß angekündigte Berlinblockade ist gewissermaßen auch ein
       Bluff. Die Aktionen schränken weit weniger BerlinerInnen ein, als man
       angesichts der umfangreichen, mitunter hysterischen Berichterstattung
       annehmen könnte. XR hat es sich in gewisser Hinsicht bequem gemacht mit der
       Ortswahl für ihre Blockaden, die nicht auf den größtmöglichen Eingriff
       setzt – auch das ist ein Grund, warum die Polizei nicht so rigoros räumt,
       wie man es von anderer Stelle gewohnt ist.
       
       Auch wenn einige Journalisten und Politiker so tun, als wäre mit den
       XR-Aktionen eine neue Stufe der Radikalität erreicht, die gewählten Mittel
       sind alles andere als das. Seit jeher nutzen soziale Bewegungen Blockaden
       als – vom Verfassungsgericht abgesegnetes – politisches Ausdrucksmittel.
       Alles geht also seinen geregelten Protestgang der Dinge; selbst die zu
       Alarmismus neigende Polizei spricht nur von einem „mittleren Chaos“.
       
       Angesichts der großen Angst, die die AktivistInnen vor den [3][Auswirkungen
       des Klimawandels] haben und verbreiten, scheint mittleres Chaos aber
       unangemessen. Wer ankündigt, kritische Punkte zu blockieren, sollte seinen
       Worten auch Taten folgen lassen. Neuralgische Punkte gibt es genug, von
       Autobahnen bis zu Flughäfen. Aktionen hier würden den Druck von der
       symbolischen auf die praktische Ebene erhöhen, würden aber auch deutlich
       härtere Gegenreaktionen provozieren. Warum aber auch nicht? Ohne Konflikt
       wird es keine notwendigen Veränderungen geben.
       
       9 Oct 2019
       
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 (DIR) Erik Peter
       
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