# taz.de -- Berliner Strafvollzug: Durchgeätzte Gitterstäbe
       
       > Ausbruchsversuch aus der JVA Tegel gescheitert. Zitronat und Batterien
       > verwendet. Justizsenator schildert im Parlament die Details.
       
 (IMG) Bild: JVA Tegel: Die Mauer wollte der Häftling mit einem Wurfanker und einem Seil aus Bettlaken überwinden
       
       Ausbrüche aus dem Knast sind für die Öffentlichkeit zumeist mit Faszination
       und Nervenkitzel gekoppelt. Da hat es mal wieder einer geschafft.
       Angesichts der heutigen Überwachungstechnik ist das ja schon fast eine
       Meisterleistung. Erinnert sei an den Häftling, der im Februar 2018 unter
       einem Essenslaster aus der JVA Tegel entkam. Das Wachpersonal war bei der
       Abendzählung auf die Attrappe hereingefallen, die im Bett des Mannes lag.
       Nach zweiwöchiger Flucht wurde er in Belgien gefasst.
       
       Im Unterschied dazu ist der 52-jährige Häftling nicht weit gekommen, der
       Montagfrüh versuchte, aus Tegel zu fliehen. Im 3. Stock auf dem Fenstersims
       stehend wollte sich der Mann gerade mit einem Laken abseilen, als ihn ein
       Justizbediensteter entdeckte, der um 4.15 Uhr zum Frühdienst kam. „Der
       Beamte traute seinen Augen nicht“, beschrieb Justizsenator Dirk Behrendt
       (Grüne) am Dienstag im Rechtsausschuss die Szene. Fast vergnügt schilderte
       er die Details: „Mithilfe von Flüssigkeiten“ habe der Häftling die
       Gitterstäbe des Fensters durchgeätzt. Nein, ein Schweißgerät sei nicht im
       Spiel gewesen, dementierte der Justizsenator. Medienspekulationen. Ein
       Schweißgerät in einer Zelle? Wäre das der Fall gewesen, Behrendt hätte
       vermutlich ähnlich verstört ausgesehen wie seinerzeit nach dem Ausbruch mit
       dem Essenslaster.
       
       Ausbrüche und Fluchtversuche sind für die Opposition immer ein gefundenes
       Fressen. Schnell werden Rücktrittsforderungen formuliert. Auch im Dezember
       2017 war das so. Der grüne Justizsenator war gerade ein Jahr im Amt, als
       vier Strafgefangene aus der JVA Plötzensee ausbrachen. An diesem Dienstag
       im Rechtsausschuss indes hat der CDU-Abgeordnete Sven Rissmann nur eine
       vorsichtige Nachfrage, die AfD sagt gar nichts. Zitronat und Batterien,
       also Dinge, die ein Gefangener normal im Einkauf erwerben kann, waren in
       der Zelle gefunden worden. Die Gitterstäbe seien an zwei Stellen mithilfe
       von Strom chemisch zersetzt worden, vermutet Behrendt. „Wie genau, das
       dürfen Sie einen Juristen nicht fragen.“ Durch die Lücke habe sich der
       Häftling dann auf die Fensterbank gequetscht.
       
       Aber selbst wenn es ihm gelungen wäre, sich von dem Gebäude abzuseilen,
       hätte er noch Mauer, Zaun und Stacheldraht, alles videoüberwacht, vor sich
       gehabt. „Die Außenlinie lag noch weit vor ihm“, sagte Behrendt. Die Mauer
       wollte der Häftling mit einem aus Tischbeinen gebauten Wurfanker und einem
       Seil aus Bettlaken überwinden.
       
       Nicht auszudenken, was über den Justizsenator hereingebrochen wäre, wäre
       das geglückt. Immerhin handelte es sich bei dem Häftling um den sogenannten
       Maskenmann. Er hatte vor acht Jahren versucht, die Tochter eines
       Unternehmers zu entführen, dabei auf einen Personenschützer geschossen, der
       seitdem querschnittsgelähmt ist. Des weiteren hatte er einen
       Investmentbanker entführt. Das Urteil: lebenslang. Tatort war Brandenburg,
       aber weil er in Berlin gemeldet sei, verbüße er seine Strafe hier, sagte
       Behrendt und seufzte: „Warum sitzen solche Leute eigentlich immer in dem
       von mir verantworteten Bereich?“
       
       1 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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