# taz.de -- Schadstoffe in Gefängniszellen: Bleistaub belastet Bauarbeiten
       
       > In der JVA Tegel wurden giftige Baustoffe entdeckt. Gefangene und
       > Angestellte fürchten langfristige Gesundheitsschäden.
       
 (IMG) Bild: Manche Gebäude der JVA Tegel sind in baufälligem Zustand
       
       Auch bei kleinen Sanierungsarbeiten in der [1][Justizvollzuganstalt Tegel]
       müssen umfangreiche Schutzmaßnahmen eingehalten werden – weil in dem
       Gebäude aus der Kaiserzeit gesundheitsschädliches Blei verbaut wurde. Das
       bestätigte die Justizverwaltung auf taz-Anfrage. Gefangene und Angestellte
       berichten hingegen von gegenteiligen Situationen.
       
       Der schlechte Zustand der JVA Tegel ist kein Geheimnis: Bereits im Dezember
       2018 stellte die Berliner Immobiliengesellschaft GmbH (BIM) in einem
       Schadstoffgutachten hohe Bleigehalte in der Teilanstalt 2 fest, auch in
       bewohnten Räumen. Der Bau eines neuen Gefängnisses ist seitens des
       rot-rot-grünen Senats aber nicht vorgesehen – also müssen
       Sanierungsarbeiten bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Das fällt
       wiederum in den Aufgabenbereich der BIM, einer Tochterfirma des Landes
       Berlin, die als Eigentümerin und Vermieterin unter anderem der JVA Tegel
       auftritt.
       
       In dieser Funktion gab die BIM auch das Schadstoffgutachten in Auftrag. Das
       Resultat: In Zellen, Fluren und Kellerräumen wurde Bleifarbe festgestellt.
       Insgesamt 14 Stellen wurden positiv geprüft, in einem anschließenden
       zweiten Gutachten aus dem ersten Halbjahr 2019 waren es lediglich zwei. Es
       sei Zielvorgabe der Justizverwaltung, „mögliche Schadstoffe aus der
       Vergangenheit zu erkennen und diese hinsichtlich negativer Folgen und
       Risiken fachlich sachgerecht einzuordnen“, erklärt ein Sprecher gegenüber
       der taz.
       
       ## Deutlich erhöhter Bleiwert
       
       Im Gefängnisalltag fürchten Personen, die den Stoffen dauerhaft ausgesetzt
       sind, jedoch langfristige Gesundheitsschäden. Denn in Wand-, Fußboden- und
       Türfarbe wurden Bleigehalte mit einer Konzentration von bis zu 7.800
       Milligramm pro Kilogramm gemessen – laut Umweltbundesamt ein deutlich
       erhöhter Wert.
       
       Die BIM bemüht sich indes um Beschwichtigung: „Es besteht keine Gefährdung
       hinsichtlich freiwerdender bleihaltiger Stäube. Bei Wartungs- und
       Instandhaltungsmaßnahmen sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten.“
       Eine Einschätzung, die das Umweltbundesamt teilt.
       
       Die Justizverwaltung betont ergänzend, dass man denjenigen, „die durch
       operative Tätigkeiten möglicherweise in direkten Kontakt mit den
       Schadstoffen gekommen“ sind, arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten habe.
       Auf Nachfrage räumt der Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne)
       ein, dass noch niemand untersucht wurde und Gefangene davon ausgeschlossen
       seien. Über die Schadstoffe in ihren Zellen seien sie erst acht Monate nach
       dem Gutachten per Aushang informiert worden. Darin heißt es: „Sollte es
       erforderlich sein weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, werden wir Sie
       darüber informieren.“
       
       [2][Das Gefangenenmagazin Lichtblick], das im Juli zuerst über die
       Bleibelastungen berichtete, kritisiert die Informationspolitik und
       behauptet, dass entgegen der Schilderungen der Justizverwaltung in der
       Teilanstalt 2 weiterhin Baumaßnahmen durchgeführt würden, die nicht den
       Schutzbestimmungen entsprächen. Das berichtet auch ein Gefangener der taz:
       „Auch in den bewohnten Zellen wird an den Wänden gebohrt und geschliffen.
       Das kontrolliert hier keiner. Es kann ja auch nicht die Aufgabe des
       Allgemeinen Vollzugsdienstes sein, hier die Bauarbeiten zu beaufsichtigen.“
       Die Beobachtungen wurden zudem von einer Person, die in der JVA tätig ist,
       unterstützt.
       
       So steht Aussage gegen Aussage. Eine transparente Informationspolitik und
       konsequenter Gesundheitsschutz könnten die Situation – insbesondere die der
       Betroffenen – in der baufälligen JVA Tegel entspannen.
       
       2 Sep 2019
       
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