# taz.de -- Deutsch-chinesische Beziehungen: Hongkong nicht hängen lassen
       
       > Merkel muss mit Peking hart verhandeln, wenn es um Hongkongs Freiheit
       > geht. Eine Idee wäre, China Technologien vorzuenthalten.
       
 (IMG) Bild: Merkel mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping im Berliner Zoo
       
       Die [1][Proteste in Hongkong] gehen in den dritten Monat. Und ein Ende ist
       nicht abzusehen. Die Hongkonger Regierung lässt sich nur wenig auf die
       Forderungen des prodemokratischen Lagers ein. Sie folgt allein den Vorgaben
       der kommunistischen Führung in Peking. Und die gibt sich stur.
       
       Demokratie? Ist für Peking ein Fremdwort. Die Hongkonger Demonstranten sind
       für die in China allesamt staatlich kontrollierten Medien „Unruhestifter“
       und „Terroristen“. Schlägertrupps, die im Auftrag Chinas Demonstranten
       verprügeln, Agents Provocateurs, die die Demos aufmischen und militärische
       Drohungen an der Grenze zu Hongkong – all das sind Belege dafür, dass
       Chinas Regierung längst auf üble Weise mitmischt.
       
       Angesichts der sich weiter zuspitzenden Krise in einer der wichtigsten
       internationalen Finanzmetropolen der Welt stellt sich die Frage: Wie
       sollten sich die Europäer verhalten?
       
       Auch wenn Chinas Propaganda das Gegenteil behauptet: Völkerrechtlich ist
       die Lage klar. Die europäischen Regierungen müssten die kommunistische
       Führung in Peking wegen Vertragsbruch anzeigen.
       
       ## EU-Sanktionen sind unwahrscheinlich
       
       Die chinesisch-britische Erklärung zu Hongkong, die beide Länder 1985
       unterzeichneten und bei den Vereinten Nationen registrieren ließen, sieht
       ausdrücklich vor, dass Hongkong weitere 50 Jahre nach Übergabe an die
       Volksrepublik als eine Sonderverwaltungszone sein System behalten darf. In
       dieser Zeit hat sich China nicht in die innenpolitischen Belange der Stadt
       einzumischen.
       
       Dass London nicht auf die Einhaltung pocht, belegt einmal mehr, wie sehr
       sich Großbritannien im Zuge des Brexits außenpolitisch ins Abseits
       manövriert hat. Aus London ist derzeit nicht viel zu erwarten. Doch was ist
       mit Deutschland und der EU?
       
       Die öffentliche Stimmung hierzulande wendet sich gegen China. Dass die
       Bundesregierung aber wirklich Sanktionen gegen Peking auch nur in Erwägung
       zieht, ist unwahrscheinlich.
       
       So wie nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung [2][1989
       auf dem Tiananmenplatz], als der Westen China tatsächlich mit Sanktionen
       überzog, wird Deutschland das heute nicht mehr tun. Damals begann Chinas
       wirtschaftlicher Aufstieg. Einige große deutsche Unternehmen waren in
       Peking zwar präsent, doch das ist überhaupt nicht vergleichbar mit den
       geschäftlichen Beziehungen, die deutsche Unternehmen heute mit China
       pflegen.
       
       Die Volksrepublik ist inzwischen Deutschlands wichtigster Handelspartner.
       Über eine Million Arbeitsplätze hängen hierzulande unmittelbar von den
       Geschäften im fernen Osten ab. Es gibt kaum ein anderes Land, das von
       Chinas wirtschaftlichem Aufstieg der vergangenen drei Jahrzehnte so enorm
       profitiert hat wie Deutschland. Dieses Verhältnis wird die Bundesregierung
       ganz bestimmt nicht aufs Spiel setzen wollen. Diese Abhängigkeit kann man
       im Nachhinein bereuen. Bei aller berechtigten Kritik an China – dieser
       Scheinheiligkeit sollte man sich als Deutscher zumindest bewusst sein.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel wird Anfang September nach Peking reisen. Das
       Mindeste, was man von ihr erwarten kann: dass sie von Peking explizit die
       Einhaltung des völkerrechtlichen Vertrags einfordert. Dass sie nicht nur
       vage „alle Beteiligte zur Deeskalation“ aufruft, wie sich ihr Außenminister
       von der SPD maximal zutraut, sondern die Adressaten in Peking auch konkret
       benennt. Und: Merkel sollte konkret überlegen, den Chinesen bestimmte
       deutsche Zukunftstechnologien aus dem Bereich 4.0. vorzuenthalten, die
       China für seinen weiteren Aufstieg gerne hätte.
       
       Mit China muss man hart verhandeln. Das tun die Chinesen umgekehrt auch.
       Nur so wird man in Peking ernst genommen.
       
       Hinweis: Dieser Text ist nachträglich geändert worden.
       
       23 Aug 2019
       
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