# taz.de -- Proteste verunsichern Wirtschaft: Bangen um Hongkongs Sonderstatus
       
       > Deutsche Firmen fürchten angesichts der Proteste um Rechtssicherheit in
       > Hongkong. Für China ist die Sonderwirtschaftszone nicht mehr
       > entscheidend.
       
 (IMG) Bild: Siebenmillionenmetropole im Ausnahmezustand: Skyline von Hongkong
       
       BERLIN taz | Hongkong ist ein großer Hafenumschlagplatz, beherbergt den
       wichtigsten Finanzplatz Asiens und ist eine der wohlhabendsten Städte der
       Welt. Seit fast drei Monaten befindet sich die Siebenmillionenmetropole
       aber im Ausnahmezustand. [1][Hunderttausende gehen für mehr Demokratie auf
       die Straße]. Sie blockieren Tunnel- und Brückenauffahrten und den
       internationalen Flughafen. Und zwischenzeitlich ist es fast täglich auch zu
       schweren Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei
       gekommen.
       
       Angesichts dieser Eskalation mehren sich die Stimmen, die vor schweren
       Schäden für die Wirtschaft warnen. Die Gewalt habe Hongkong in „Panik und
       Chaos“ gestürzt, warnte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam, gegen die
       sich die Proteste richten. Hongkong als wirtschaftlich stabile Stadt werde
       „schwere Wunden“ davontragen.
       
       Noch gibt es keine Zahlen, wie groß die wirtschaftlichen Einbußen sein
       werden. Die deutsche Wirtschaft, die mit rund 600 Unternehmen in Hongkong
       vertreten ist, sorgt sich vor allem um die langfristige Entwicklung.
       Sollten die Proteste weiter eskalieren und die kommunistische Führung
       womöglich militärisch einschreiten, könnte Hongkong seinen Status quo
       verlieren. Friedolin Strack vom Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen
       Wirtschaft betont, wie wichtig es sei, dass dieser Status „mit hohen
       Standards für Rechtssicherheit und Transparenz“ erhalten bleibe. Und auch
       Max Zenglein, Ökonom am Berliner China-Institut Merics, befürchtet, ein
       Eingreifen Chinas könnte dazu führen, dass „das Vertrauen der
       internationalen Finanzwelt „auf dem Spiel“ steht.
       
       Dabei hat die Volksrepublik seiner Sonderwirtschaftszone viel zu verdanken.
       Der Aufstieg Chinas zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist erst
       durch die einstige britische Kronkolonie möglich geworden. Zu Beginn der
       Öffnungs- und Reformpolitik Anfang der achtziger Jahre war das chinesische
       Festland noch extrem unterentwickelt. Viele ökonomische Reformen konnte die
       Führung in Peking erst nach und nach umsetzen. Hongkong kam in dieser Zeit
       eine Schlüsselrolle zu.
       
       ## Versprechen für 50 Jahre
       
       Bis in die späten neunziger Jahre war der Hafen Hongkongs der wichtigste
       Umschlagplatz für Industrieprodukte und Konsumgüter aus der Volksrepublik,
       später auch eine zentrale Drehscheibe für ausländische Geldgeber, die in
       der Volksrepublik investieren wollten Nicht zuletzt aus diesem Grund
       gewährte die Führung in Peking den Hongkongern nach der Übergabe 1997 einen
       Sonderstatus. Für 50 weitere Jahre sollte Hongkong sein eigenes Rechts- und
       Ordnungssystem behalten, das sehr viel freier und demokratischer war als
       auf dem chinesischen Festland.
       
       Die Bedeutung Hongkongs für China hat in den letzten Jahren jedoch rapide
       abgenommen. Zwar ist Hongkongs Wirtschaft auch weiter kräftig gewachsen.
       Das Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 1997 fast verdoppelt. Wurde damals
       noch rund die Hälfte des chinesischen Handels über Hongkong abgewickelt,
       sind es heute weniger als 12 Prozent. Hinzu kommt, dass Festlandchinesen
       zuletzt kräftig in Hongkong investiert haben, viele Firmen in der Stadt
       sind in chinesischer Hand.
       
       „Diese Abhängigkeiten haben sich als Folge des rasanten
       Wirtschaftswachstums und des Strukturwandels Chinas zu Ungunsten Hongkongs
       gedreht“, sagt Markus Taube, Wirtschaftswissenschaftler von der Universität
       Duisburg-Essen. Schanghai und allen voran Shenzhen, die Stadt unmittelbar
       hinter der Grenze von Hongkong, hätten sich hingegen so stark entwickelt,
       dass Hongkong für Peking nicht mehr wichtig sei.
       
       Zudem ist die Zentralregierung dabei, das gesamte Perlflussdelta zu einer
       Metropolregion mit mehr als 60 Millionen Menschen zusammenzuführen.
       Hongkong ist dann nur noch eine Metropole von vielen.
       
       22 Aug 2019
       
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