# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Die Faktentreue weißer Menschen
       
       > Disney will den Zeichentrickfilm „Arielle“ mit echten Menschen verfilmen.
       > Rassisten regen sich auf, weil Halle Bailey die Meerjungfrau spielen
       > soll.
       
 (IMG) Bild: Eine perfekte Besetzung – Halle Bailey spielt bald die Halbfischfrau Arielle
       
       Arielle ist eine Meerjungfrau. Sie lebt unter Wasser, hat einen
       Fischschwanz, sammelt Ramsch, singt ununterbrochen und denkt, dass ihr
       ganzes Glück an einem einzelnen Mann hängt. Sie trägt lila Muscheln auf den
       Brüsten, ihr Vater hat einen Dreizack und ist besitzergreifend, es gibt
       singende Fische, Frösche und Flamingos; Enten spielen auf Schildkröten
       Bongo. Arielles Freunde sind ein schüchterner Fisch und eine singende
       Krabbe. Es gibt Dinge, die man an dieser Geschichte auszusetzen haben
       könnte.
       
       Nun soll dieser Zeichentrickfilm von Disney – der seit 1989 Eltern, lange
       bevor Elsa damit anfing, [1][den letzten Nerv raubt] – mit echten Menschen
       verfilmt werden. Auch das könnte missfallen, weil: wozu? Doch was Menschen
       stattdessen weltweit dazu bringt, empört das Internet vollzuschreiben ist,
       dass Arielle von Halle Bailey, einer sehr talentierten Sängerin, gespielt
       werden soll. Nicht, weil dann wieder so viel gesungen wird, sondern weil
       Bailey eine Schwarze Frau ist.
       
       Nun geht die abstruse Argumentation jener weißen Menschen, die dadurch
       alles, woran sie jemals geglaubt haben, zerstört sehen, so: Das sei kein
       Rassismus, sondern einfach faktentreu. Arielle basiere auf einem Märchen
       von Hans Christian Andersen, das in Dänemark spiele. Oder: dass Arielle ja
       unter Wasser lebe und, dass es da mangels Sonne keine Schwarzen
       Halbfischfrauen geben könne.
       
       Nun könnte man dagegenhalten, dass es in Dänemark Schwarze Menschen gibt,
       dass es zum Schwarzsein keine Sonne braucht oder dass Andersen dem
       Literaturkritiker Hans Mayer zufolge in diesem Märchen eigentlich seine
       Homosexualität verarbeitet haben soll. Und dass seine kleine Meerjungfrau
       am Ende Suizid begeht.
       
       Oder man sieht es positiv: die Weißen haben ihre Faktenliebe
       wiederentdeckt. Erst kürzlich hat Disney für einen neuen Film seine Figuren
       Pocahontas und Mulan weißer gemacht. Gängig ist auch, dass [2][ohnehin
       selten dargestellte Minderheiten] von weißen cis-Personen gespielt werden –
       etwa Angelina Jolie als Mariane Pearl. Sollen sie also gerne für
       Faktentreue kämpfen, und zwar möglichst so lange, bis Disney mit einer
       echten Halbfischfrau auffährt – oder zumindest mit einer singenden Krabbe.
       Sonst wäre ja alles, woran wir jemals geglaubt haben, zerstört.
       
       5 Jul 2019
       
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