# taz.de -- Lohnstreit beim WDR: „Maulkorb“ in Köln
       
       > Wer am Dienstag das „Morgenmagazin“ sehen wollte, bekam zeitweise eine
       > Wiederholung gezeigt. Denn: Im WDR streikten mehrere hundert Mitarbeiter.
       
 (IMG) Bild: Die Mitarbeiter fordern sechs Prozent mehr Lohn – der WDR will bisher knapp zwei zahlen
       
       Köln taz | Der Vorsitzende von Verdi im Westdeutschen Rundfunk (WDR), David
       Jacobs, ist sauer. „Ihre Forderung, Berichterstattung über
       Tarifauseinandersetzungen ‚in eigener Sache‘ unter dem Deckmantel der
       ‚Neutralität‘ zu unterlassen“, sei „nicht hinnehmbar.“ Jacobs spricht über
       den Leiter des WDR-Bereichs Breitenprogramme, Jochen Rausch. Der hatte laut
       Verdi die Moderator*innen in seinen Radiowellen 1LIVE, WDR 2 und WDR 4 vor
       Kurzem in einer Rundmail aufgefordert, mögliche Streiks beim WDR nicht im
       Programm zu thematisieren.
       
       „Wenn wir uns in den Programmen zu dem Thema äußern, dann nur auf Ansage
       von programmverantwortlichen Redakteur*innen. In der Vergangenheit gab es
       bei dieser Thematik gelegentlich Missverständnisse, deshalb weise ich noch
       einmal ausdrücklich darauf hin“, soll darin gestanden haben. Für Verdi
       kommt dies einem „Maulkorberlass“ gleich, und der richte sich gegen die
       Rundfunkfreiheit, die das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt habe.
       Eine Pressesprecherin des WDR relativierte die Äußerungen des Wellenchefs
       gegenüber der taz, er habe eine Berichterstattung nicht prinzipiell
       ausgeschlossen.
       
       Vom Timing her jedenfalls kam die Mail zum passenden Zeitpunkt. Denn just
       am Dienstag hatte die Gewerkschaft alle WDR-Beschäftigten von 6 Uhr bis 24
       Uhr zum Streik aufgerufen. Und das konnte jede*r sehen, der oder die am
       Morgen den Fernseher einschaltete. Das „Morgenmagazin“, das sonst an jedem
       Morgen live läuft, lief teilweise in einer Wiederholungsschleife. „Dies ist
       eine Aufzeichnung der Stunde zwischen 6 und 7 Uhr“, stand im Bild, und
       Moderator Sven Lorig erklärte um kurz vor 8: „Die letzte Stunde mussten wir
       wiederholen, weil im Westdeutschen Rundfunk gestreikt wird.“
       
       Gewerkschaftsmitglieder waren in dieser Zeit mit Warnwesten und Flaggen ins
       Kölner Studio marschiert. Um 10 Uhr versammelten sich nach Angaben des
       Deutschen Journalisten-Verbands dann rund 300 WDR-Mitarbeiter auf dem
       Kölner Appellhofplatz. Später war auch die Sendung „WDR aktuell“ vom Streik
       betroffen.
       
       ## Bisher zwei Verhandlungsrunden
       
       Der Grund: Nach zwei Verhandlungsrunden mit den Arbeitgebervertretern hätte
       sich der WDR nicht nur den Ansprüchen der Gewerkschaft verschlossen,
       sondern obendrein auch noch Gegenforderungen gestellt. „Wir wünschen uns
       unter anderem eine Erhöhung der Honorare und Gehälter um effektiv 6
       Prozent“, erklärte der Verdi-Vorsitzende im WDR, Jacobs.
       
       „Das ist wichtig, weil bisher immer nur die Mindesthonorare erhöht wurden
       und nicht die effektiv gezahlten Honorare, da gibt es ziemliche
       Unterschiede, [1][sodass manche Kollegen erheblich schlechter gestellt
       sind].“ Auch Auszubildende sollen mehr Geld erhalten, [2][Freie eine
       bessere Absicherung], etwa bei Krankheit oder in Härtefällen.
       
       Bisher hat der Kölner Sender eine zweistufige Erhöhung von 1,7
       beziehungsweise 1,9 Prozent angeboten. „Das reicht kaum, um die steigenden
       Lebenshaltungskosten auszugleichen“, kommentierte
       Verdi-Verhandlungsführerin Irmgard Galonska die Offerte, die sie auch als
       Ausdruck mangelnder Wertschätzung sieht. Parallel dazu möchte der WDR die
       Gehaltserhöhungen über Stufensteigerungen, die automatisch alle zwei Jahre
       stattfinden und sich vom System her am öffentlichen Dienst orientieren,
       laut Jacobs entkoppeln: „Da schwingt schon eine deutliche Undankbarkeit
       gegenüber den Arbeitnehmern mit.“
       
       Der Gewerkschafter wundert sich über die Argumentation der Gegenseite: „Sie
       sagen, wir müssen sparen, aber andererseits halten sie sich bei den
       Bedarfsanmeldungen bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
       Rundfunkanstalten zurück.“
       
       WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau dagegen betonte: „Eine
       Tarifsteigerung entsprechend der Forderungen der Gewerkschaften hätte
       weiteren Personalabbau und Einschnitte im Programm zur Folge gehabt.“ Der
       WDR baue derzeit 500 Stellen ab und unternehme weitere Kostenreduktionen,
       um seine Finanzen unter Kontrolle zu halten.
       
       10 Jul 2019
       
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