# taz.de -- Zero-Waste-Restaurant in Berlin: Waldgeruch statt Plastikmüll
       
       > Das Essen ist vegan, Abfall fällt fast keiner an und was übrig bleibt,
       > landet in der hauseigenen Kompostmaschine. Zu Besuch im Frea in Berlin.
       
 (IMG) Bild: Helle Einrichtung, nachhaltiges Konzept: das Frea in Berlin
       
       Achtung. „Das Restaurant klingt absolut tazzig“, schreibt der Redakteur
       vorab. Und weiter: „Vielleicht sogar zu tazzig“. Damit hat er nicht
       unrecht. Das „Frea“, das im März in Berlin eröffnet hat, liegt sozusagen am
       anderen Ende der Tazzigkeits-Skala als, sagen wir: Kentucky Fried Chicken.
       Wenn alle Restaurants wie das Frea wären, würde die Welt bestimmt ein
       guter, friedlicher Ort sein. Ein Paradies.
       
       Also: Wenn im Frea etwas gekocht wird, entsteht kein Müll. Nicht mal ein
       kleines Plastiktütchen, denn das Frea ist nach eigener Auskunft das „erste
       Zero-waste-Restaurant Deutschlands“. Es wird hier auch kein Tier
       geschlachtet, kein Fisch aus dem Meer gefischt, und sogar die Bienen dürfen
       ihren süßen Honig behalten – denn das Frea ist vegan.
       
       Das i-Tüpfelchen ist aber, dass all das, was auf den aus Bio-Keramik –
       natürlich in kleinen familiengeführten Manufakturen getöpferten – Tellern
       übrig bleibt, nicht im Müll landet. Sondern in einer restaurant-eigenen
       Kompostiermaschine, die in einer Ecke vor sich hin glimmt und Speisereste
       innerhalb von 24 Stunden in dunkle Erde verwandelt. Jede, die will, darf
       dort schnuppern – und riecht erst mal nichts, denn die Maschine arbeitet
       nach außen geruchsneutral. Hebt man aber ihren Deckel, duftet es würzig.
       Wie Waldboden.
       
       Betreiberinnen des Frea sind David Johannes Suchy und Jasmin Martin. Suchy,
       Berliner, hatte zuvor bereits drei Jahre Erfahrung mit veganem Catering
       gesammelt: Zalando, Adidas und die Modemesse Bread & Butter gehörten zu
       seinen Kunden. 2017, so beschreibt es der 31-Jährige, gab es in seinem
       Leben einen Wendepunkt. Er hatte viel mit Kindern gekocht und gemerkt, dass
       dabei ganz schön viel Müll anfällt. Das wollte er ändern. „Letztes Jahr
       habe ich das Zero-Waste-Restaurant Silo in Brighton besucht, und da
       entstand der Wunsch, so etwas auch in Berlin zu schaffen“, erzählt Suchy.
       
       ## Tischplatten aus alten Eichenbalken
       
       Ein geräumiges Ecklokal fand er schließlich an der Torstraße in
       Berlin-Mitte. Vorher saß dort eine Filmfirma, für die Gastronomie musste
       also alles neu eingebaut werden – und natürlich soll die Einrichtung des
       Frea die Art der Speisenzubereitung reflektieren. So wurden die Möbel fast
       alle auf Ebay-Kleinanzeigen von Privatleuten gekauft, dazu gibt es viele
       Grünpflanzen.
       
       Die Lampen über der Bar sind aus den Myzelien von Pilzen gefertigt. Die
       Tischplatten aus Massivholz ließen Suchy und Martin aus alten Eichenbalken
       zurechtsägen. Und das Verpackungsplastik, das während des Ausbaus anfiel,
       schmolzen die Gründerinnen ein und kreierten daraus ein 15 Kilogramm
       schweres Kunstwerk, das jetzt eine Wand des Restaurants ziert.
       
       Dazu bietet der Gastraum einen Blick in die offene Küche. Unter der Leitung
       des norwegischen Chefkochs Halfdan Kluften – er war im bereits erwähnten
       Silo als Sous-Chef angestellt und bringt die Erfahrung mit, die es für die
       Zero-Waste-Philosophie braucht – hantiert hier eine sechs Personen starke
       Küchencrew. Alle wirken arg beschäftigt, gleichzeitig aber auch etwas
       unkoordiniert. Doch am Ende zählt schließlich das Ergebnis und wie so oft
       zeigt sich schon am „Gruß aus der Küche“, was man im Folgenden zu erwarten
       hat. Im Frea sind es ein Stück selbstgebackene Focaccia und einige
       Schnitzer ebenfalls selbst hergestelltes Kimchi. Beides schmeckt
       hervorragend.
       
       Die Karte ist überschaubar, nur zwei Hauptgerichte stehen zur Wahl:
       Linsenragout mit geröstetem Gemüse und Pasta mit Petersilie, Austernpilzen
       und Spinat. Beide kosten etwa neun Euro – gemessen an der Lage des
       Restaurants ein normaler Preis.
       
       Das Linsenragout ist hervorragend abgeschmeckt und verbrachte genau die
       richtige Zeit im Topf. Die Portion ist nicht übermäßig groß, aber ideal,
       um mittags satt zu werden. Sollte doch etwas übrig bleiben, das lieber mit
       nach Hause wandern soll als in die Kompostiermaschine, wird das Essen
       natürlich nicht in Einwegverpackungen mitgegeben. Organisierte Zeitgenossen
       kommen mit Tupperdosen an, für den Fall der Fälle hält das Frea einige
       Einweckgläser bereit – aber bitte zurückbringen!
       
       ## Einfach nur Leitungswasser
       
       Ebenso schmackhaft wie das Hauptgericht, allenfalls eine Prise zu süß, ist
       der einzige Nachtisch: ein kleiner, selbstgebackener Scone mit
       Erdbeersalat. Dazu gibt es gefiltertes und mineralisiertes Wasser, es
       schmeckt frisch, als ob etwas Zitrone drin wäre. „Das denken viele“, sagt
       David Suchy, „Aber es ist tatsächlich hundert Prozent Berliner
       Leitungswasser.“ Wer aufregendere Zutaten möchte, bestellt den
       selbstgemachten Gin Kefir.
       
       Von außen ist das Frea übrigens recht unscheinbar. Weder wird mit dem
       Zero-Waste-Motto noch mit dem veganen Essen groß geworben, nur eine kleine
       Menu-Tafel steht da. Auch dahinter steckt Konzept: So wird vom Laufpublikum
       niemand aussortiert. Vielleicht lässt sich so auch der eine oder andere
       Fleischesser davon überzeugen, dass veganes Essen ziemlich lecker sein
       kann.
       
       Doch ist ein müllfreies Restaurant in der Speisenauswahl beschränkt? Suchy
       widerspricht: „Alle Gerichte gehen – sofern sie tierproduktfrei sind,
       natürlich. Wir experimentieren viel und entwickeln uns täglich weiter.“
       Er gibt jedoch zu, dass die Küche noch nicht komplett müllfrei arbeitet.
       Grundzutaten wie Reis oder Mehl werden noch in Pappverpackungen
       angeliefert, die dann ebenso wie die Weinflaschen ins Recycling wandern.
       „ZERO Kompromiss bei 100 % Geschmack“, wie auf der Webseite des Frea steht,
       ist also nicht zu 100 % der Fall.
       
       ## Ein Pionier wie „Original Unverpackt“
       
       Gefühlte 97 % sind ja aber auch schon ein sehr guter Wert, und man fragt
       sich, warum noch kein anderes Restaurant auf den Zero-Waste-Kniff kam.
       Suchy erklärt sich das so: „Wenn man sich lange genug einem Thema widmet
       und die längeren Wege geht, findet man Menschen, Lieferanten, Produzenten
       und Bauernhöfe, die genauso denken.“ Diesen Willen müsse man als
       Restaurantgründer aber haben, und die meisten hätten wohl genug mit
       anderen Aspekten der Restaurantgründung zu kämpfen.
       
       Klingt zu einfach? Vielleicht passt [1][der Zero-Waste-Supermarkt „Original
       Unverpackt“ in Berlin-Kreuzberg] als Vergleich. Auch bei dessen Eröffnung
       vor knapp fünf Jahren fragte man sich: Wie kann das funktionieren, warum
       gab es das nicht vorher schon? Und nun kopieren viele Bio-Supermärkte Teile
       des Konzepts.
       
       Suchy hofft, dass entsprechend auch andere Restaurants auf den Zug
       aufspringen und nachhaltiger arbeiten. 1,7 Millionen Tonnen Lebensmittel
       wurden in der deutschen Gastronomie laut einer Studie der Uni Stuttgart im
       Jahr 2015 weggeworfen – rund 13 Millionen Tonnen sind es insgesamt.
       
       Man kann Schritt für Schritt vorgehen, sagt Johannes Suchy: „Niemand muss
       sich sofort eine Kompostiermaschine zulegen.“ Aber Brot oder Pasta selber
       machen, das lohne sich für alle Seiten. „Dafür bezahlen Kunden auch!“
       
       7 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
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