# taz.de -- Krise zwischen Iran und den USA: Fünf Minuten vor Krieg
       
       > Die USA und Iran setzen auf Eskalation. Beide verlassen sich darauf, dass
       > die jeweils andere Seite keinen Krieg will – bis beide hineinschlittern.
       
 (IMG) Bild: Einer der beiden Öl-Tanker im Golf von Oman kurz nach dem Angriff
       
       Berlin taz | Mike Pompeos ausführliches Statement klingt, als wollte er
       einen Militärschlag gegen den Iran argumentativ vorbereiten. Der
       US-Außenminister hat Teheran [1][beschuldigt], am Donnerstag zwei Öltanker
       nahe der Straße von Hormus – die auf der weltweit wichtigsten Wasserstraße
       für den Ölhandel liegt – attackiert zu haben.
       
       Die Gründe: Geheimdienstinformationen, die Art der Waffen, die eingesetzt,
       sowie die Expertise, die dafür benötigt wurden. Außerdem habe Iran bereits
       im vergangenen April angekündigt: Wenn die Islamische Republik wegen der
       US-Sanktionen nicht mit Öl handeln könne, dann solle es auch kein anderer
       tun.
       
       All das lasse keinen Zweifel daran, dass Teheran hinter den Angriffen
       stecke. „Es ist nur die jüngste Attacke in 40 Jahren Aggressionen gegen
       friedliebende Nationen“, so der amerikanische Außenminister. Und nur wenige
       Stunden später schiebt Washington ein Video nach, das angeblich zeigt, wie
       iranische Revolutionsgarden eine Haftmine vom Rumpf der „Kokuka Courageous“
       entfernen, einer der beiden attackierten Tanker.
       
       Die USA werfen Teheran „nukleare Erpressung“ vor; Iran wiederum den
       Amerikanern, einen „terroristischen Wirtschaftskrieg“ zu führen. Die Iraner
       weisen alle Vorwürfe als „lächerlich, gleichzeitig aber auch
       besorgniserregend und gefährlich“ zurück.
       
       ## Völlig unklar
       
       Für den Rest der Welt ist völlig unklar, was im Golf von Oman tatsächlich
       geschah und wen genau das unscharfe Schwarz-Weiß-Video zeigt. Klar ist
       indes eins: Selten in den vergangenen vier Jahrzehnten feindseliger
       Beziehungen zwischen den USA und Iran ist man einer militärischen
       Auseinandersetzung so nah gekommen wie Ende dieser Woche.
       
       Beide Seiten verlassen sich darauf, dass die jeweils andere keinen Krieg
       anfangen wird. Im Iran geht man davon aus, dass US-Präsident Donald Trump
       es schon deshalb nicht will, weil militärische Konflikte weit weg von
       Zuhause teuer und unpopulär sind.
       
       Im Weißen Haus ist man allerdings überzeugt, dass die Islamische Republik
       mit der schieren Übermacht Amerikas – militärisch wie wirtschaftlich – in
       die Knie zu zwingen ist und sich auf eine Neuverhandlung des Atomvertrages
       einlassen wird.
       
       Unglücklicherweise können es sich weder Amerikaner noch Iraner leisten, vor
       den eigenen Leuten als nachgiebig und „schwach“ dazustehen. Auf diese Weise
       könnten sie in einen ungewollten und nicht beabsichtigten Krieg
       hineinschlittern.
       
       ## Von Torpedos getroffen
       
       Zu dem von den USA als „Beweis“ präsentierten Video mit den vermeintlichen
       Revolutionsgarden passt nicht, was der japanische Betreiber der „Kokuka
       Courageous“ am Freitag mitteilte: Das Schiff sei nicht durch Haftminen
       beschädigt, sondern von Torpedos getroffen worden. Die Besatzung habe vor
       der zweiten Explosion ein fliegendes Objekt gesehen, das auf sie
       zugesteuert sei.
       
       Die internationalen Reaktionen auf die Eskalation im Golf von Oman fielen
       bisher zurückhaltend aus. Die Attacken auf die Öltanker scheinen dem Modus
       Operandi der Iraner zu entsprechen.
       
       Doch andererseits könnten es auch die Gegner der Islamischen Republik
       gewesen sein. Beispielsweise Erzfeind Saudi-Arabien, das bereits im Jemen
       einen Stellvertreterkrieg mit Iran führt und sogar den sunnitischen
       Bruderstaat Katar komplett isolierte, weil das Emirat sich weigerte, mit
       Teheran zu brechen.
       
       Die Europäer haben sich bisher der amerikanischen Sichtweise nicht
       angeschlossen und wollen zunächst einmal die Fakten „prüfen“. Gerade beim
       Thema Iran fällt ein Schulterschluss mit Washington besonders schwer. Denn
       die EU-Staaten wollen unbedingt das Atomabkommen retten, das Trump bereits
       vor einem Jahr aufgekündigt hat. Doch wenn der Ölhandel ins Stocken gerät
       und die Preise steigen, werden auch die Europäer sich positionieren müssen.
       
       14 Jun 2019
       
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