# taz.de -- Urteil nach Totprügeln von Schwulem: Rechtes Motiv wird ignoriert
       
       > Drei Rechte prügelten im sächsischen Aue einen Homosexuellen tot. Das
       > Gericht verurteilt sie zu hohen Haftstrafen.
       
 (IMG) Bild: Die Motivation für die Tat am Güterbahnhof habe der Prozess „nicht erschließen“ können
       
       Chemnitz taz | Mit nicht endender Gewalt malträtierten Stephan H., Terenc
       H. und Jens H. im April 2018 den 27-jährigen Christopher W. in einem
       Abrisshaus im sächsischen Aue. Schläge, Tritte, Stiche mit einer
       Lampenröhre, ein Wurf in eine Grube, am Ende ein Bordsteinkick. Dann war
       Christopher W. tot. Am Freitag nun sprach das Landgericht Chemnitz das
       Urteil: Haftstrafen bis zu 14 Jahren wegen Totschlags.
       
       [1][Die Tat erregte auch deshalb Aufsehen], weil sie von der
       Bundesregierung als einziges rechtsextremes Tötungsdelikt 2018 eingestuft
       wurde. Denn die Anklage hielt fest, dass die Tat auch geschah, weil sich
       einer der Angeklagten „an der bekannten Homosexualität des Geschädigten
       störte“. Auch versteckten die Beschuldigten, die mit dem 27-Jährigen
       eigentlich befreundet waren, ihre Gesinnung nicht: Sie sind teils mit
       rechten Symbolen tätowiert und posteten im Internet Einschlägiges.
       
       Richterin Simone Herberger sagte, die Angeklagten hätten „in
       menschenverachtender Weise einen Menschen getötet“. Die Tat sei auch für
       ihre Kammer „außergewöhnlich“. Christopher W. sei ein fröhlicher Mensch
       gewesen, der als Opfer in einer Gemeinschaft von Tätern gelebt, sich aber
       nicht beschwert habe. Die Motivation für die Tat habe der Prozess „nicht
       erschließen“ können. „Es war ein Motivbündel, das die Kammer nicht
       aufzuklären vermag.“
       
       Das Gericht verurteilte Terenc H. zu 14 Jahren Haft, weil er die Tat
       organisiert habe. Stephan H. und Jens H. erhielten jeweils 11 Jahre Haft.
       Beide kommen in eine Drogenentzugsanstalt. Die Staatsanwaltschaft hatte
       zuvor für Terenc H. lebenslängliche Haft wegen Mordes gefordert, für die
       zwei Mitangeklagten bis zu 13 Jahre Haft wegen Totschlags. „Die Tat
       überschreitet meinen Verstand“, sagte der Staatsanwalt. Sie lasse ihn darum
       kämpfen, nicht daran zu verzweifeln, „wozu der Mensch augenscheinlich fähig
       ist“. Ein politisches Motiv aber benannte auch er nicht.
       
       Die drei Angeklagten hatten in ihren letzten Worten am Freitag die Tat
       bedauert. Er sei sich seiner Schuld bewusst und wolle ein besserer Mensch
       werden, sagte Stephan H. Im Prozess hatte sich das Trio gegenseitig
       beschuldigt, wer die Gewaltorgie befeuert habe. Ihre Verteidiger hatten
       Haftstrafen nicht höher als im „niedrigen zweistelligen Bereich“ gefordert.
       Die rechten Einstellungen seien unstrittig, hätten bei der Tat aber keine
       Rolle gespielt. Nur ein Anwalt sah bei einem der Beschuldigten auch „Hass“
       und Homophobie als Motiv.
       
       André Löscher von der RAA Chemnitz, einer Beratungsstelle für Opfer rechter
       Gewalt, kritisierte den Urteilsspruch. „Das Gericht hat ein politisches
       Motiv augenscheinlich gar nicht wirklich geprüft. Das ist ein Unding.“ Die
       Angeklagten seien unstrittig rechtsextrem gewesen, Zeugen hätten berichtet,
       wie mindestens ein Beschuldigter Christoph W. wiederholt schwulenfeindlich
       beleidigte. „Damit hätte sich das Gericht weit mehr beschäftigen müssen.“
       
       7 Jun 2019
       
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