# taz.de -- Kritik an Bremer Grundstückspreisen: Schönes, teures Hulsberg-Viertel
       
       > In Bremen werden in Bestlage 14 Hektar durch einen Klinik-Neubau frei.
       > Die Stadt schaue beim Verkauf nur aufs Geld, sagte die
       > Hulsberg-Genossenschaft.
       
 (IMG) Bild: Mischung ist wichtig: Dann könnte es schön aussehen, am Rand des Bremer Viertels
       
       BREMEN taz | Es dürfe doch nicht sein, dass auf dem Gelände des Neuen
       Hulsberg-Quartiers in Bremen nur maximal Geld umgesetzt werde. Es gehe doch
       um generationenübergreifendes, kreatives Wohnen, verschiedene Lebensformen,
       Inklusion, aktive Nachbarschaft – halt ein vitales, diverses Viertel, all
       das betont Margot Müller von der Stadtteilgenossenschaft Hulsberg.
       
       Sie erinnert daran, dass es Konsens aller an der Entwicklung des
       Bebauungsplans beteiligten Akteuren war, mit viel Grün ein sozial
       durchmischtes Quartier zu kreieren und so innerstädtisch für jedermann
       bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aber nun beteilige sich „die Stadt selber
       an der Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt“, kritisiert die
       Genossenschaft. Deswegen müsse jetzt gehandelt werden.
       
       Denn in dem Maße, in dem sich derzeit der Betrieb des Bremer Klinikums
       Mitte aus dem 19 Hektar großen Krankenhausareal in die Neubauten
       zurückzieht, wird nun Fläche für die Entwicklung des Viertels frei und
       kommt auf den Markt. Insgesamt stehen 14 Hektar zur Verfügung, urbanes
       Leben neu zu denken und modellhaft zu gestalten. Die ersten aufgerufenen
       Grundstückspreise aber verheißen, dass vor allem teuer verkauft werden
       soll.
       
       Geradezu antizipatorisch hatte der Beirat Östliche Vorstadt eine
       Sozialwohnungsquote von 30 Prozent sowie die Reservierung von 20 Prozent
       der Grundstücksfläche für Baugemeinschaften durchgesetzt und im Dezember
       2018 zudem beschlossen, „die Vergabe von Grundstücken an Baugemeinschaften
       auch unterhalb des – durch den Gutachterausschuss festgelegten –
       Verkehrswertes“ möglich zu machen – also die besten Nutzungskonzepte, nicht
       kapitalstarke Investoren zu bevorzugen.
       
       An den Beiratsbeschluss scheint sich die städtische
       Grundstücksentwicklungsgesellschaft (GEG) nicht halten zu wollen. Sie
       verwaltet, erschließt und verkauft das Areal. Im Angebot ist gerade als
       erstes Baugemeinschaftsareal ein 1.702 Quadratmeter großes Gelände an der
       Ecke zur Friedrich-Karl-Straße. Bis 12. Juni darf sich bewerben, wer 2,66
       Millionen Euro bezahlen sowie ein Haus mit 30 bis 40 Wohneinheiten
       errichten und nutzen will. Einige Initiativen haben gleich abgewunken, da
       sie ein Grundstück mit dem stolzen Quadratmeterpreis von 1.563 Euro nicht
       finanzieren können.
       
       „Ja, das ist hochpreisig“, sagt GEG-Geschäftsführer Florian Kommer, „aber
       das ist auch die beste Lage in der Stadt.“ Er rechnet mit einem schnellen
       Vertragsabschluss. Anfang 2020 sollen die Bauarbeiter anrücken. Wenn die
       GEG so handele, betont Müller, dann habe sie selbst Angst um das Projekt
       ihrer 130-köpfigen Genossenschaft, das neunstöckige Bettenhaus für
       gemeinschaftliches Wohnen zu erwerben. Einen Preis für die Immobilie hätte
       die GEG noch nicht genannt.
       
       Dass der aufgerufene Spitzenpreis für die Baugemeinschaften dem Marktwert
       entspricht, wird nicht bestritten. Dass aber darauf beharrt wird, wie im
       städtebaulichen Vertrag festgelegt, dagegen solle gekämpft werden, fordert
       Margot Müller. Ortsamtsleiterin Hellena Harttung will mit Nachdruck darauf
       drängen, die entsprechenden Vergaberichtlinien per Senatsbeschluss zu
       ändern. Auch der Beirat appellierte nun an die zukünftige Bremer Regierung,
       die Grundstücke nicht zu verkaufen, sondern in Erbbaurecht mit sozialen
       Auflagen nur befristet zu vermieten.
       
       Als erstes Hulsberg-Objekt wurden bereits im Dezember 2016 die 1.889
       Quadratmeter neben dem neuen Krankenhauseingang verkauft. Freigeräumt und
       erschlossen übergab die GEG das Grundstück 2018 an eine
       Investorengemeinschaft, die dort ein Ärztehaus geplant und das Konzept mit
       dem Baugrund gleich wieder veräußert hat – an die Ingenieurversorgung
       Mecklenburg-Vorpommern/Bremen. Durch Vermietung soll die Immobilie als
       Renditeobjekt genutzt werden.
       
       ## Beirat und Ortsamtsleiterin wollen Verbesserungen
       
       Die Baugrube ist bereits ausgehoben – nächste Jahr könnten die ersten
       Praxen einziehen, so Florian Kommer. Kurz vor dem Verkaufsabschluss steht
       das Haus an der Straße Sorgenfrei 1, verlangt werden mindestens 315.000
       Euro für die 244 Quadratmeter große Fläche, geschmückt vom
       heruntergerockten Domizil des ehemaligen Hausmeisters. „Es weicht bis 2021
       einem Neubau mit zehn Wohneinheiten“, so Kommer.
       
       Das erste Filetstück ist ebenfalls schon in der Verlosung: 28.519
       Quadratmeter im spitzen Winkel zwischen der St.-Jürgen-Straße und Am
       Schwarzen Meer. Gebäude mit 350 Wohneinheiten, einer Kita und
       Gewerbenutzungen sowie Tiefgaragen sollen entstehen. Außerdem gehört das
       Haus 8 (Urologie und Augenklinik) mit zum Grundstück, steht unter
       Denkmalschutz und soll zu Appartements umgebaut werden.
       Komplettmindestpreis für Grund und Boden: 24,5 Millionen Euro.
       
       Kommer: „2021 beginnen die Abbrucharbeiten, 2024 stehen die neuen Häuser.“
       Bis Ende dieses Jahres abgerissen sei auch das alte Schwesternwohnheim, das
       derzeit von Kulturschaffenden (Hulsberg Crowd) genutzt wird. An ihrer
       Stelle werden dann 300 Autos einen Parkplatz finden.
       
       Summa summarum ist bis Ende 2019 ein Viertel des Geländes verkauft. So wird
       Geld für den chronisch defizitären Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno)
       gewonnen. „Wir rechnen mit Entwicklungskosten von 20 Millionen Euro und
       Verkaufserlösen von 80 Millionen Euro bis 2025“, so Kommer. 60 Millionen
       könnten also, wenn es gut läuft, der Geno überwiesen werden. 2027 soll das
       Neue Hulsberg-Viertel in aller geplanten Schönheit vollendet sein.
       
       2 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Fischer
       
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