# taz.de -- Filmfestival im Acud: Gleichberechtigung locker gestemmt
       
       > Sensibilität in allen Genderfragen muss zukünftig einfach sein. Beim
       > Visionär Filmfestival im Acud-Kino hat diese Zukunft längst begonnen.
       
 (IMG) Bild: „Visionär zu sehen beim Festival: das queere Wrestlerporträt „Cassandro, the Exotico!“
       
       Die DOK Leipzig, das Leipziger Filmfestival für Dokumentar- und
       Animationsfilme, hat vergangenes Jahr – als erstes Filmfestival weltweit –
       eine Frauenquote eingeführt. Der Anteil der Filme von Frauen im Wettbewerb
       betrug 40 Prozent. Immerhin.
       
       Ganz ohne Quote kommt das diesjährige [1][Visionär Filmfestival], das
       nächste Woche im Acud-Kino in Mitte stattfindet, auf einen weit höheren
       Frauenanteil im Wettbewerb: Acht der neun Beiträge stammen nicht von
       Männern.
       
       Francesca Vantaggiato, die Leiterin des Festivals, sagt, bei dessen erster
       Ausgabe vor zwei Jahren kamen noch sechs der neun Filme von Männern. Ist
       halt so passiert. Aber das erschien ihr unbefriedigend. Sie wollte deswegen
       gezielt den Frauenanteil erhöhen.
       
       Ziel sei es eben, auch bei einem relativ kleinen Filmfestival wie dem ihren
       zu zeigen, dass man das Wettbewerbsprogramm gut mit genügend Einreichungen
       von Frauen bestreiten kann. Auch sie wolle damit einfach ein Zeichen
       setzen. Andere Berliner Filmfestivals, wovon es über das ganze Jahr
       verteilt zig gibt, würden sich gleich ganz als Frauenfilmfestival
       verstehen. Das [2][Final Girls Berlin Filmfestival] etwa zeigt
       ausschließlich Horrorfilme, die entweder von Frauen gedreht, geschrieben
       oder produziert wurden, hat aber auch keinen Wettbewerb. Francesca
       Vantaggiato will ihr Festival dagegen bewusst weiterhin für alle
       offenhalten, gleichzeitig sei es jedoch ihr Wunsch, „den Filmen von Frauen
       nun mehr Sichtbarkeit zu geben“. Dass diese nun gleich so sichtbar sein
       werden, nun, das sei eben Zufall, im nächsten Jahr könne der Anteil schon
       wieder anders sein.
       
       ## Thema liegt in der Luft
       
       Bei einem Filmfestival, das sich „Visionär“ nennt, ist es letztlich auch
       naheliegend, darauf zu achten, dass in der Zukunft, die langsam mal
       beginnen sollte, nicht mehr nur Männer unter sich ausmachen, wer den Preis
       für den besten Film abräumt. Die Thematik liegt schließlich sowieso in der
       Luft. Beim letzten Filmfestival in Cannes wurde in einer Erklärung von
       filmschaffenden Frauen noch einmal darauf hingewiesen, wie verschwindend
       gering der Anteil von Regisseurinnen ist, deren Filme seit Bestehen des
       Festivals im Wettbewerb gezeigt wurden. Und die Tatsache, dass bei den
       letzten Filmfestspielen von Venedig von 21 Filmen im Wettbewerb gerade mal
       einziger von einer Frau gedreht wurde, macht wohl überdeutlich, dass auf
       dem Lido langsam auch mal ein paar neue Visionen nicht schaden würden.
       
       Immerhin: Die diesjährige Berlinale kam auf eine Frauenquote von 41 Prozent
       im Wettbewerb. Im nächsten Jahr, so wurde bekannt gegeben, strebe man gar
       ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis an.
       
       Programmatisch versteht sich das Visionär Filmfestival als Plattform zur
       Förderung junger Filmemacher. Im Wettbewerb der Langfilme werden Werke
       gezeigt, die bereits auf dem ein oder anderen Festival zu sehen waren, aber
       noch nicht in Deutschland. Francesca Vantaggiato sagt: „Besonders für
       Filmemacher, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, ist es schwer,
       Aufmerksamkeit zu bekommen.“ Genau die möchte sie mit ihrem Festival
       erzeugen. Es wird einen Preis der Jury geben, aber auch einen
       Publikumspreis.
       
       ## Diversität ist Trumpf
       
       Auch inhaltlich ist bei den gezeigten Filmen Diversität Trumpf. Vom
       klassischen Spielfilm bis zur Dokumentation ist alles dabei, quere Stoffe
       sowieso. Wie etwa in dem Dokumentarfilm „Cassandro, the Exotico!“ von Marie
       Losier aus Frankreich. Der Film porträtiert Cassandro, einen queeren
       Gender-Bender-Wrestler, der es im mexikanischen Macho-Showsport „Lucha
       libre“ zum gefeierten Star gebracht hat. Obwohl er aussieht wie eine
       Dragqueen und vor dem Kampf mehr Zeit für die Haare braucht als für das
       Aufwärmen.
       
       Außerdem gibt es bei Visionär ein Kurzfilmprogramm, ebenfalls mit
       Wettbewerb. Hier werden vor allem Filme von meist noch relativ unbekannten
       Berliner Filmemachern gezeigt. Zudem gibt es eine Hommage an Bruce La
       Bruce, die kanadische Ikone des undergroundigen queeren Films. Und für eine
       extra Portion Glamour ist auch gesorgt. Der außer Konkurrenz gezeigte
       italienische Film „La Lucina“ wird von niemand Geringerem ankündigt werden,
       als von der großen Schauspielerdiva Hanna Schygulla.
       
       31 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.visionaerfilmfestival.com/de/
 (DIR) [2] http://www.finalgirlsberlin.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
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