# taz.de -- Gewalt bei Gelbwesten-Protest: Nur der Staat war überrascht
       
       > Die neue Gewalt bei Frankreichs Protesten kam nicht überraschend. Doch
       > während in Paris die Luxusfassaden brannten, ging Macron Ski fahren.
       
 (IMG) Bild: Historischer Ort: Fouquet's nach dem Besuch der Gelbwesten
       
       Paris taz | Offiziell waren es am Samstagvormittag bei der Kundgebung der
       Gilets jaunes rund 10.000 Demonstrierende. In ihre Reihen hatten sich
       zahlreiche „Black blocks“ gemischt, die offenbar mit der Absicht gekommen
       waren, bei der ersten Gelegenheit die Konfrontation mit den Ordnungskräften
       zu provozieren oder – aus ihrer Sicht – sich für die [1][Polizeigewalt] der
       Vergangenheit zu revanchieren.
       
       War es in den letzten Wochen den Ordnungskräften einigermaßen gelungen,
       allzu dramatische Ausschreitungen zu vermeiden, schienen die zirka 5.000
       Polizisten und Angehörigen der Gendarmerie diesmal zunächst überfordert.
       Das ist umso erstaunlicher, als im Voraus bekannt war, dass es zu einer
       Eskalation kommen sollte. Den „18. Akt“ hatten die Gelbwesten mit dem Titel
       „Das Ultimatum“ angekündigt.
       
       Vor dem Wochenende war die von Präsident Emmanuel Macron initiierte
       [2][„Große Nationale Debatte“] offiziell zu Ende gegangen. Trotz einer
       regen Beteiligung bleibt offen, ob die zahlreichen Vorschläge oder
       Beschwerden etwas bewirken werden. Mit diesem in Frankreich neuartigen
       Dialog unter den BürgerInnen wollen sich die allermeisten Gelbwesten weder
       abfertigen noch einlullen lassen.
       
       Die Radikalsten unter ihnen, unterstützt von „Black blocks“ und angeblich
       zum Teil aus dem Ausland angereisten Autonomen und Anarchisten, setzen mehr
       denn je auf direkte Aktion. Andere rechtfertigen die Gewalt als Methode
       oder äußern Verständnis dafür.
       
       ## Fouquet's ging in Flammen auf
       
       Noch vor dem Mittag brannten auf den Champs Élysées wieder Barrikaden, wie
       am 1. und 8. Dezember. Später wurden mehrere Geschäfte, namentlich eine
       Hugo-Boss-Boutique und ein Schmuckladen, geplündert und das bekannte
       Luxusrestaurant Fouquet’s mit Brandstiftung weitgehend verwüstet.
       
       Bei einer ebenfalls in Brand gesteckten Bankfiliale wurde um ein Haar eine
       Katastrophe vermieden: Elf Personen konnten gerade noch leichtverletzt aus
       den oberen Etagen des Gebäudes vor den Flammen gerettet werden.
       
       Nicht nur Symbole des Kapitalismus und Luxus wurden angegriffen, auch zwei
       Zeitungskioske gingen in Flammen auf. Im Radio meinte am Sonntag eine
       betroffene Kioskfrau verbittert dazu: „Ich habe selber zu Beginn die
       Gelbwesten total unterstützt. Jetzt ist Schluss damit. Wir sind keine
       Kapitalisten, wir verdienen nur den Minimallohn. Unsere Arbeit ist futsch.
       Alle wussten, dass es heute zu Gewalt kommen würde, doch es gab keinen
       Ordnungsdienst der Gilets jaunes. Wer die ‚Casseurs‘ machen lässt, ist ein
       Komplize.“
       
       Empört fordert die sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo
       Rechenschaft von Premierminister Edouard Philippe. Sie verlangt, die
       Hauptstadt müsse vor solchen wiederholten Krawallen bewahrt werden. Die
       konservative Oppositionspartei Les Républicains (LR) verlangt die
       Verhängung des Ausnahmezustands und fordert den Rücktritt von Innenminister
       Christophe Castaner wegen „Hilflosigkeit und Ineffizienz“.
       
       LR-Sprecher Eric Ciotti äußerte sich auch schockiert darüber, dass sich
       Macron auf der Skipiste vergnügte, während in Paris die Gewalt tobte. Von
       280 am Samstag Festgenommenen waren am Sonntag noch 200 in
       Polizeigewahrsam.
       
       ## Zurück auf Null
       
       Nach vier Monaten ist ein Ende des Konflikts also nicht abzusehen. Ganz im
       Gegenteil: In dieser Auseinandersetzung steht man praktisch wieder am
       [3][Ausgangspunkt]. Vorderhand gibt es keine Gewinner, sondern nur
       Verlierer. Staatspräsident Macron hatte geglaubt, auf Zeit spielen zu
       können.
       
       Diese in der Politik bewährte Taktik ist gegenüber diesen politisch und
       soziologischen UFOs in gelben Warnwesten nicht aufgegangen. Parallel zu den
       großen Demonstrationen, die in den Medien Schlagzeilen machen, harren auf
       Dutzenden von Kreisverkehren immer noch Gelbwesten mit einer unglaublichen
       Hartnäckigkeit aus.
       
       Die linke Opposition wollte am Samstag die ungleich erfreulicheren Aspekte
       einer anderen, viel größeren, sehr bunten und völlig friedlichen Kundgebung
       unterstreichen: Mehrere zehntausend Menschen aller Generationen beteiligten
       sich in Paris am internationalen Marsch für das Klima.
       
       Die Anwesenheit von zahlreichen Demonstrierenden in gelben Westen und ein
       Sit-in mit einer Schweigeminute für die bei Ordnungseinsätzen verletzten
       Gilets jaunes belegen, dass die von der Linken erhoffte „Konvergenz“
       zwischen sozialen und ökologischen Protesten nicht so utopisch ist.
       
       17 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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