# taz.de -- Kramp-Karrenbauer beim Karneval: Kein Ausrutscher
       
       > Die „Witze“ der CDU-Chefin über Geschlechtervielfalt enthalten politische
       > Botschaften. Diese will Kramp-Karrenbauer absichtlich senden.
       
 (IMG) Bild: Trifft den Humor alter weißer Männer: Annegret Kramp-Karrenbauer
       
       Was wissen wir eigentlich über Annegret Kramp-Karrenbauer? Mittlerweile auf
       jeden Fall, dass sie nicht für die Stand-up-Comedy gemacht ist, dafür
       hervorragend den Humor alter weißer Männer in komischen Zipfelmützen trifft
       – nein, nicht den des Ku-Klux-Klan, sondern den des Stockacher
       Narrengerichts.
       
       Da stand sie nämlich vergangene Woche mit roter Baskenmütze auf der Bühne
       und trug eine halbe Stunde lang Witze vor, deren Pointe die Kapelle suchen
       musste, weil das eben deren Aufgabe ist. Also: „Hier sind so viele alte
       Männer“, katusch-tröööt – und alle so: höhöhö, schenkelklopf. Lustig, weil
       es wahr ist. Oder?
       
       Auf jeden Fall hat sie da folgenden Gag rausgehauen, der dann am Sonntag
       schließlich auch in den sozialen Medien die Runde machte: „Wer war denn von
       euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die
       Latte-macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht
       einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch
       stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist
       diese Toilette.“
       
       Was wir auch über Annegret Kramp-Karrenbauer wissen, ist, dass sie als
       CDU-Chefin mittlerweile viel Zuspruch bekommt – selbst von den ganzen
       Chauvis, die lieber einen Mann als Vorsitzende der Partei und folglich auch
       als nächste Bundeskanzlerin gesehen hätten, damit jemand den Laden mal
       richtig aufräumt und so, hat ja in der Vergangenheit auch alles immer super
       funktioniert.
       
       ## Für Betroffene die Regel
       
       Soll heißen: Das war mitnichten ein Ausrutscher. Es sind gleich vier
       politische Botschaften enthalten, die Annegret Kramp-Karrenbauer mit aller
       Kraft zu senden versucht.
       
       Erstens: Ich bin eine Frau, aber jetzt bitte keine Angst haben – ich
       brauche „echte Männer“. Zweitens: Ich bin zwar in Berlin, aber ich bin kein
       Teil dieser Berliner „Elite“ – nein, ich mag meinen Kaffee schwarz, schön
       dünn und mit dem leichten Aroma von Filterpapier, wie es sich für echte
       Deutsche gehört. Drittens: Ich bin schon ein bisschen modern, weil ich darf
       ja arbeiten gehen und so, aber ich bin konservativ genug, um immer noch auf
       meinem Recht als Privilegierte zu bestehen, anderen zu sagen, wo und wie
       sie pinkeln dürfen und wo nicht.
       
       Und natürlich viertens: Ich bin für euch da, ich bin total flauschig und
       christlich – aber auf „die anderen“ kann ich auch draufhauen – und da
       schert es mich einen Dreck, dass die Suizidalität unter trans Personen
       genau wegen solcher Sprüche weltweit etwa 20-mal so hoch ist wie im
       Durchschnitt, weil die wählen mich eh nicht. Narro, helau, alaaf, und
       Friede sei mit euch.
       
       Das muss so in etwa der Plan gewesen sein, den die Kommunikationsberater
       von Kramp-Karrenbauer sich schön zurechtgelegt hatten. Und es springen ihr
       ja jetzt auch genug Leute zur Seite und wiegeln ab, weil Karneval und so,
       war doch alles nur ein Scherz. Aber auch wenn sich die deutsche
       Mehrheitsgesellschaft gerade lustige Hüte aufsetzt, auf Bierbänken sitzt
       und in Tröten bläst, wird der menschenfeindliche Mist, den sie auch den
       Rest des Jahres verzapft, davon nicht plötzlich lustig. Karneval ist schon
       deshalb keine Ausnahme, weil diese Sprüche für Betroffene nun mal die Regel
       sind.
       
       [1][Neugeborene werden auch heute noch „geschlechtsangleichenden
       Operationen“ unterzogen,] damit sie später auch ja genauso pinkeln können,
       wie andere Leute sich das vorstellen. Die Leben vieler Deutscher werden
       auch heute noch maßgeblich von einem Transsexuellengesetz bestimmt, [2][das
       mindestens reformiert, aber im besten Fall abgeschafft werden sollte].
       Darüber Witze zu machen, sollte eine potenzielle Bundeskanzlerin nicht mal
       in Betracht ziehen. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer sich trotzdem dafür
       entschieden hat, zeigt deutlich, was von ihr weiterhin zu erwarten ist.
       
       4 Mar 2019
       
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