# taz.de -- Innenministerium will Darknet verbieten: Alles soll durchleuchtbar sein
       
       > Innen-Staatssekretär Günter Krings verteufelt beim Europäischen
       > Polizeikongress Anonymisierungstools fürs Netz. Das ist falsch – immer
       > noch.
       
 (IMG) Bild: „Wer das Darknet nutzt, führt in der Regel nichts Gutes im Schilde“: Krings auf dem Polizeikongress
       
       Günter Krings, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium,
       weiß, wer sich in dunklen digitalen Gassen so herumtreibt. So zitiert
       [1][heise.de] am Mittwoch aus Krings' Rede zur Eröffnung des Europäischen
       Polizeikongresses: „Wer das Darknet nutzt, führt in der Regel nichts Gutes
       im Schilde. Diese einfache Erkenntnis sollte sich auch in unserer
       Rechtsordnung widerspiegeln.“ Weshalb das Tor-Netzwerk verboten gehöre.
       
       Tor anonymisiert Verbindungsdaten im Internet, indem es Anfragen von
       Rechnern durch verschiedene zufällig ausgewählte Knotenpunkte schickt.
       Diese Technologie erschwert die Identifizierung einzelner NutzerInnen im
       Netz erheblich. Sie kann auch zur Umgehung von Zensurmechanismen genutzt
       werden.
       
       Die Legalität solcher Techniken wird immer wieder in Frage gestellt. Die
       Diskussion um die Zulässigkeit von Verschlüsselungen und Hintertüren bei
       Hard- und Software alleine füllt seit Jahrzehnten eine Menge Aktenordner in
       den Büros der Law-and-Order-Fraktion. Insofern ist Krings Vorstoß nichts
       Neues. Seine Argumentation jedoch überrascht mit der Erkenntnis, dass es
       Situationen geben kann, in denen die Nutzung eines Dienstes wie Tor nicht
       gleich des Teufels wäre.
       
       ## „Keinen legitimen Nutzen in einer Demokratie“
       
       „Ich verstehe, warum das Darknet einen Nutzen in autokratischen Systemen
       haben kann. Aber in einer freien, offenen Demokratie gibt es meiner Meinung
       nach keinen legitimen Nutzen“, sagt Krings. Dass er die eigenartige Ironie
       dieser Volte nicht verstehen würde, mag man nicht glauben. Günter Krings
       ist schließlich Staatsrechtler. Und als solcher behauptet er, dass etwas
       unter den Bedingungen einer Diktatur zwar legitim, in einer Demokratie aber
       verboten sein solle. „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit“ würde der
       Dialektiker Friedrich Engels eventuell grinsend einwerfen.
       
       Kein Witz ist der fortgesetzte Versuch, das digitale Leben der Menschen
       jederzeit durchleuchtbar zu halten. Er fügt sich ein in eine
       Sicherheitspolitik, die Staatstrojaner einsetzen und Sicherheitslücken zur
       Überwachung ausnutzen will, sich gleichzeitig aber mit allen Mitteln gegen
       die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte wehrt und auf einem
       Polizeikongress partout nicht über rechtsextreme Netzwerke in der Exekutive
       reden möchte.
       
       Ein nicht unbedeutender Unterschied zwischen demokratisch und autoritär
       verfassten Gesellschaften ist übrigens, dass in der einen der Staat der
       Kontrolle seiner BürgerInnen unterliegt. In der anderen setzen der Staat
       und seine Vertreter alles daran, ihre BürgerInnen bis in den privatesten
       Raum zu kontrollieren. Die eine baut auf die korrigierende Kraft der
       Zivilgesellschaft, die andere auf Stabilität durch Misstrauen und
       Repression. Ersterer droht ganz offensichtlich keine Gefahr durch die
       Nutzung anonymer Webdienste.
       
       21 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Europaeischer-Polizeikongress-Weg-mit-dem-Darknet-4313276.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Darknet
 (DIR) Tor-Netzwerk
 (DIR) Bundesinnenministerium
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Darknet
 (DIR) Lesestück Interview
 (DIR) Kindesmissbrauch
 (DIR) Kinderpornografie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gastkommentar Darknet: Anonymität muss geschützt werden
       
       Seehofer will alle bestrafen, die den Zugang zum Darknet ermöglichen. Doch
       letztlich sind die Nutzer*innen verantwortlich für das, was dort passiert.
       
 (DIR) Ex-Justizministerin über Terror-Angst: „Ich will für die Freiheit begeistern“
       
       Angst lähmt nur, meint Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Ein Gespräch
       über falsche Anti-Terror-Politik und die richtigen Strategien gegen Hass.
       
 (DIR) Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch: Weg mit den Scheuklappen
       
       Kindesmissbrauch spielt sich oft im oder über das Netz ab. Doch deutschen
       Beamten fehlen die Befugnisse um an Pädophilenplattformen heranzukommen.
       
 (DIR) Kinderporno-Ring aufgeflogen: Die Abgründe des Netzes
       
       Rund 87.000 Menschen tauschten auf der Darknet-Plattform „Elysium“ Bilder
       und Videos und verabredeten Treffen. Unter den Opfern sind Kleinstkinder.