# taz.de -- Passbeschaffung bei Geflüchteten: In der Zwickmühle
       
       > Ein Ägypter verliert Wohnung und Job, weil Hamburgs Behörden ihm keine
       > Arbeitserlaubnis erteilen. Ihm fehlt der vor Monaten beantragte Pass.
       
 (IMG) Bild: Hat seinen Job und seine Wohnung verloren: Husseini K. aus Ägypten
       
       Hamburg taz | Auf einmal gibt es keine Perspektive mehr. Auf einmal liegt
       alles, was eben noch klar war, im Nebel. Auf einmal ist die neue Heimat
       kein Zukunftsland mehr. Ein fremdes Land wieder. Ein Land, in dem Husseini
       K. nur geduldet ist. Auf Zeit. Und auf Widerruf.
       
       Fünf Jahre ist der 20-jährige Ägypter nun schon in Deutschland. Als
       minderjähriger, unbegleiteter Flüchtling kam er nach Hamburg, geflohen aus
       einem politisch instabilen Land, in dem er keine Perspektive sah. Was
       danach passierte liest sich wie ein Musterbeispiel an Integration. Der
       junge Ägypter lernte die deutsche Sprache, die er mittlerweile fließend
       spricht. Er bekam in einer Burger-Kette einen Ausbildungsplatz im Bereich
       Systemgastronomie. Ende Januar schloss er seine Ausbildung ab und erhielt
       ein Übernahmeangebot auf Vollzeit-Basis.
       
       Zudem fand der 20-jährige aus eigener Kraft eine kleine eigene Wohnung in
       Hamburg-Eidelstedt, die er nun beziehen darf. Eigenes Geld, eigene Wohnung,
       vernünftiger Job – dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen, ist Husseini
       K. wichtig, und es schien erreichbar. Doch daraus wird nun nichts werden.
       
       Vor zwei Wochen, am 30. Januar, teilte der zuständige Sachbearbeiter der
       Ausländerbehörde der Vormundin* von Husseini K. mit, dass ihr Mündel keine
       Arbeitserlaubnis erhalten werde. Weil er keinen Pass besitzt. Den hatte der
       20-jährige am 19. September des vergangenen Jahres bei der ägyptischen
       Botschaft in Berlin beantragt. Sechs Wochen, wurde ihm gesagt, werde es
       dauern. Die Mühlen der ägyptischen Behörden mahlen langsam. Mehrfach fragte
       Husseini K. nach, wo sein Ausweis bliebe. Wurde immer wieder vertröstet.
       Bis heute.
       
       ## Seit acht Monaten Warten
       
       Alles, was der 20-Jährige sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hatte,
       stürzte am 30. Januar wie ein Kartenhaus zusammen. „Ohne Pass keine
       Aufenthalts- und keine Arbeitserlaubnis“, sagt der Sprecher der
       Ausländerbehörde, Matthias Krumm. „Die Ausländerbehörde hat hier keinen
       Ermessensspielraum.“ Der zuständige Sacharbeiter habe Husseini K.
       rechtzeitig genau auf diesen Umstand hingewiesen.
       
       Dass der Pass nun auch Monate nach seiner Beantragung nicht vorliege, dafür
       könne die Ausländerbehörde nichts. „Wir haben keinen Einfluss auf die
       Bearbeitungszeiten der Behörden anderer Staaten“, sagt Krumm.
       
       Der Sprecher der Ausländerbehörde verweist auf Paragraf 5 des
       Aufenthaltsgesetzes. Danach setzt „die Erteilung eines Aufenthaltstitels“
       voraus, „dass die Passpflicht erfüllt wird“.
       
       Doch der Paragraf enthält einen kleinen Zusatz: die Worte „in der Regel“.
       Seine Vormundin sagt, dass der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde die
       Erteilung der Arbeitserlaubnis in ihrer Gegenwart als Ermessensentscheidung
       dargestellt habe. Er müsse erst mit seiner Vorgesetzten darüber sprechen,
       ob die Arbeitserlaubnis gewährt werden könnte.
       
       Zwei Tage später sei per Telefon das „Nein“ gekommen. Der taz ist zudem ein
       ebenfalls aus Ägypten geflüchteter junger Mann bekannt, welcher seinen
       Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, der nach Einschaltung eines
       Rechtsanwaltes auch ohne vorliegenden Pass eine Arbeitserlaubnis erhielt.
       
       ## Ohne Arbeitserlaubnis ist der Job weg
       
       Auch die „Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender“ in
       Münster kommt in einer Rechtseinschätzung zu der Auffassung, die Erteilung
       der Arbeitserlaubnis an einen Flüchtling ohne Pass wäre „eine
       Ermessensentscheidung“. Denn für Menschen mit Duldung wäre ein
       Arbeitsverbot nur gegeben, wenn durch den fehlenden Pass „die Abschiebung
       schuldhaft selbst verhindert“ werde.
       
       Dieselbe Rechtsauffassung hat der Hamburger Fachanwalt für Ausländerrecht,
       Ünal Zeran: „Einer Beschäftigungserlaubnis steht in einem solchen Fall
       rechtlich nichts im Wege.“
       
       Für den Husseini K. bedeutet die behördliche Entscheidung nun: Ohne
       Arbeitserlaubnis keine Arbeit. Ohne Arbeit kein Einkommen. Ohne Einkommen
       keine Chance, die angemietete Wohnung zu finanzieren. Und ohne Arbeit auch
       kein gesicherter Aufenthaltstitel, sondern nur eine sechsmonatige Duldung.
       Danach ist Husseini K. ausreisepflichtig. Er könnte abgeschoben werden,
       wenn er am Ende dieser Frist seinen Lebensunterhalt nicht selber
       bestreitet.
       
       Doch das eben geht nur mit Job. Eine Zwickmühle, aus der es keinen Ausweg
       gibt, wenn nicht ganz schnell der Pass kommt. Aber dieses Prozedere,
       berichten andere Geflüchtete, dauere oft ein Jahr, mitunter noch länger.
       Und selbst wenn es jetzt schnell gehen sollte: Arbeit und Wohnung sind weg.
       Unwiederbringlich.
       
       *Die Vormundin ist Redakteurin der taz. Husseini K. hat eine Vormundin,
       weil er nach ägyptischem Recht erst mit 21 Jahren volljährig ist.
       
       17 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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