# taz.de -- Alassa M. gegen die „Bild“-Zeitung: Asylsuchender gewinnt – teilweise
       
       > Die „Bild“-Zeitung darf eine Falschaussage über einen Geflüchteten nicht
       > mehr verbreiten. Recherchefehler aber lässt das Gericht durchgehen.
       
 (IMG) Bild: Eine Pressekonferenz Geflüchteter im Mai 2018 in Ellwangen
       
       Die Bild-Zeitung darf Teile eines Artikels über den Asylsuchenden Alassa M.
       nicht weiter verbreiten. Das geht aus einer einstweiligen Verfügung des
       Hamburger Landgerichts gegen den Springer-Verlag von Ende Januar hervor,
       die der taz vorliegt. [1][Bild hatte am 4. Januar in einer Titelgeschichte]
       über den „unglaublichen Fall des Alassa M.“ berichtet.
       
       In dem Artikel ging es um einen Großeinsatz der Polizei im Mai 2018 im
       nordbadischen Ellwangen. Hunderte Einsatzkräfte wollten die Abschiebung
       eines Geflüchteten durchsetzen. Einige Bewohner protestierten dagegen,
       darunter auch Alassa M. Augenzeugen sagen, dass die angemeldete Demo
       friedlich geblieben sei. Bild schrieb in dem Artikel vom 4. Januar
       hingegen: „Es kommt zu Tumulten. Wieder mittendrin: Alassa M.“
       
       Diesen Satz darf Bild nun nicht weiter verbreiten. Denn die Zeitung konnte
       vor Gericht nicht belegen, dass M. bei angeblichen Tumulten „mittendrin“
       war. Die Zeitung verwies auf andere Medienberichte, die das behaupteten.
       
       Das ließen die Hamburger Richterinnen aber nicht gelten: „Zeitungsartikel
       sind kein geeignetes Glaubhaftmachungsmittel“, heißt es in der
       Entscheidung. Eine Anfrage der taz an den Springer-Verlag blieb
       unbeantwortet. „Der Artikel war falsch und verleumderisch“, sagt Alassa M.
       Er sei froh, dass das Gericht dies bestätigt habe.
       
       ## Fehler des Ministeriums
       
       In allen anderen Punkten blieb der Antrag von Alassa M. erfolglos. M. wurde
       am 20. Juni 2018 nach Italien abgeschoben und reiste sechs Monate später,
       am 21. Dezember, wieder in die Bundesrepublik ein. Bild hatte in dem
       Artikel behauptet, der Geflüchtete sei gesetzwidrig zurück nach Deutschland
       gereist, lebe hier „auf Staatskosten“ und habe sich über eine
       Einreisesperre hinweggesetzt.
       
       Das Landgericht stellte nun fest, dass die Behauptung, Alassa M. sei
       illegal wieder eingereist, falsch ist. Denn das Einreiseverbot war am 19.
       Dezember 2018 ausgelaufen, diese Befristung von sechs Monaten hatte Bild
       nicht erwähnt.
       
       Allerdings hatte die Bild-Zeitung diese Information im Innenministerium von
       Baden-Württemberg nachgefragt. Die Antwort der dortigen Pressestelle war
       offenbar sehr allgemein gewesen und hatte die Befristung nicht erwähnt. So
       entstand im Bild-Artikel der Eindruck, M. sei illegal eingereist und das
       Innenministerium habe das bestätigt.
       
       Für diesen Fehler muss sich die Bild nun aber nicht verantworten. Sie kann
       sich auf den Grundsatz des „berechtigten Interesses“ berufen, sagt ein
       Sprecher des Hamburger Landgerichts der taz: „Danach können auch unwahre
       Äußerungen gerechtfertigt sein, wenn das Presseorgan ausreichend
       recherchiert hat. Das war nach Ansicht des Gerichts hier der Fall.“ Das
       zuständige Ministerium hatte nämlich als so genannte „privilegierte Quelle“
       allgemein bestätigt, dass eine Wiedereinreise bei vorliegender
       Einreisesperre illegal wäre. Damit hatte die „Bild“ nach Ansicht des
       Gerichts genug recherchiert.
       
       M.s Anwalt Frank Stierlin hält diese Entscheidung für „äußerst fragwürdig“:
       „Dann hätte Bild nach der Befristung fragen, und das Innenministerium hätte
       präziser antworten müssen, dass eine Einreisesperre von Amts wegen stets
       befristet wird“, sagt er. Das Gericht sehe nun über die Fehler beider
       Seiten hinweg.
       
       ## M. wirft „Bild“-Reporterin Täuschung vor
       
       Bild hat einen weiteren Artikel über Alassa M. veröffentlicht, der nicht
       Gegenstand der einstweiligen Verfügung ist. Am 8. Januar erschien ein
       Interview mit M., das die Bild-Redakteurin Stephanie Keber führte. Auch
       darin blieb unerwähnt, dass M.s Einreisesperre abgelaufen war. Stattdessen
       heißt es schon in der Überschrift: „Skandal-Asylbewerber Alassa M. spricht
       in Bild: So einfach kam ich zurück nach Deutschland“
       
       M. kritisiert, mit welchen Methoden die Reporterin ihn um ein Interview
       gebeten habe. Laut M. habe Keber zunächst nicht erwähnt, dass sie als
       Journalistin für die Bild tätig ist. Bei dem Treffen an einer Tankstelle in
       Karlsruhe habe M. mehrmals gefragt, wieso sie das Gespräch führten. Erst
       dann habe die Reporterin erklärt, dass sie für Bild arbeite. Derweil habe
       sich ein Bild-Fotograf versteckt, um ein Foto zu machen, sagt M. Fragen an
       den Springer-Verlag dazu blieben unbeantwortet.
       
       „Das verstößt gegen die Regeln der Recherche“, sagt M.s Anwalt Stierlin.
       Die Journalistin hätte sich von Anfang an als solche zu erkennen geben
       müssen. Das Foto von M. sei gegen sein Einverständnis veröffentlicht
       worden. Stierlin will für seinen Mandanten nun eine Beschwerde beim
       Deutschen Presserat einlegen.
       
       5 Feb 2019
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Kowalski
       
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