# taz.de -- Persönlichkeitsrechte verletzt: Asylbewerber gegen Springer
       
       > Die „Bild“ berichtet über den geflüchteten Alassa M. und verdreht
       > Tatsachen. M. befürchtet Angriffe. Sein Anwalt geht gerichtlich dagegen
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Bewohner*innen der Flüchtlingsunterkunft Ellwangen bei einer Pressekonferenz
       
       Und dann findet sich Alassa M. plötzlich auf der Titelseite der Bild
       wieder. Es ist der 4. Januar, und die Tageszeitung schreibt auf ihrer Seite
       1: „Abgeschoben, Einreisesperre, illegal zurück und trotzdem Stütze“. Es
       ist Alassa M.s Geschichte, aber aus seiner Sicht ist sie mehr als verdreht.
       
       Die Bild behauptet, der Geflüchtete [1][sei gesetzwidrig zurück nach
       Deutschland gereist und lebe hier „auf Staatskosten“]. M. habe sich über
       eine Einreisesperre der Ausländerbehörde hinweggesetzt. Tatsächlich, so
       sagt sein Anwalt Frank Stierlin, sei diese aber befristet gewesen, sein
       Mandant sei legal zurück nach Deutschland gekommen. M. und Stierlin gehen
       deswegen jetzt gegen die Berichterstattung der Bild vor.
       
       Aber von vorn: Im Mai 2018 [2][kommt die Polizei mit einem Großaufgebot ins
       nordbadische Ellwangen]. Hunderte Einsatzkräfte durchsuchen die dortige
       Erstaufnahmeeinrichtung, um die Abschiebung eines Geflüchteten
       durchzusetzen. Einige Bewohner protestieren dagegen, M. ist einer von
       ihnen. Augenzeugen sagen, dass die angemeldete Demo friedlich geblieben
       sei. Die Bild jedoch schreibt damals, dass einige Bewohner der Unterkunft
       gewaltsam Widerstand geleistet hätten.
       
       Am 4. Januar macht die Bild dann noch mal groß mit M. und der Demo in
       Ellwangen auf. Die Zeitung behauptet, M. habe damals einen „Aufstand gegen
       die Polizei“ mitorganisiert. Das ist falsch, sagen die Staatsanwaltschaft
       Ellwangen und das Polizeipräsidium Aalen daraufhin in einer
       Pressemitteilung: Es gebe „[3][keine Hinweise auf eine unmittelbare
       Beteiligung des Herrn M. an den Vorkommnissen]“. Auch habe es kein
       Ermittlungsverfahren gegen ihn gegeben.
       
       „Das ist mediale Hetze“, sagt Anwalt Stierlin gegenüber der taz. Wegen des
       Bild-Berichts kocht das Netz vor Hass auf seinen Mandanten. Auf Facebook
       haben sich unter beiden Bild-Artikeln zusammen über 1.800 Kommentare
       gesammelt. „Jetzt mal ehrlich, warum ist man ‚rechts‘, wenn einem das nicht
       gefällt?“, schreibt ein Nutzer. Für Anwalt Stierlin geht das zu weit:
       „Meiner Meinung nach hat der Artikel eine Pranger-Wirkung, die die
       Persönlichkeitsrechte meines Mandanten verletzen.“ Eine Anfrage der taz an
       die Bild-Zeitung zu dem Artikel blieb unbeantwortet.
       
       ## Folgeantrag gestellt
       
       M. hat nach dem Bild-Artikel Angst, dass er in Karlsruhe angegriffen wird.
       Denn das Blatt zeigte auf einem Foto die Flüchtlingsunterkunft, in der M.
       gerade lebt. „Wer weiß, wie die Leute jetzt reagieren werden“, sagt er.
       Wegen dieser Unsicherheit würde er gern umziehen, muss aber auf seinen
       Asylentscheid warten. Ende Dezember hat er einen Folgeantrag gestellt, der
       der taz vorliegt. Darin schildert der 29-Jährige seine Fluchtgeschichte.
       
       Er komme aus Kamerun, sei selbst Muslim und habe 2012 eine Christin
       geheiratet. Doch er gehöre zur Bevölkerungsgruppe der Bamoun: „Es gibt in
       unserer Tradition der Bamoun eine Aussage, Muslime dürfen Christen nicht
       heiraten“, sagt er im Antrag. Deswegen werde das Paar verfolgt. 2014 hätten
       die beiden daher beschlossen, das Land zu verlassen. Sie seien nach
       Algerien geflogen, dann weiter nach Libyen und in getrennten Booten nach
       Italien gekommen. Alassa M. sei klargeworden, dass es dort für Flüchtlinge
       keine Zukunft gebe. Deswegen sei er weiter nach Deutschland gezogen und so
       nach Ellwangen gekommen.
       
       Dort setzt er sich im vergangenen Mai gegen die Abschiebung anderer
       Flüchtlinge ein. Wenig später wird er selbst abgeschoben. Am 20. Juni
       bringt ihn ein Flugzeug nach Mailand. Dort, so M., habe es keine Unterkunft
       für ihn gegeben. Er habe in Kirchen und in Bahnhöfen kampiert. Zu diesem
       Zeitpunkt ist gerade der Rechtspopulist Matteo Salvini Innenminister von
       Italien geworden. [4][Salvini verfolgt einen politischen Kurs, der
       Geflüchtete von der Einreise abschrecken soll]. Alassa M. berichtet, er
       habe in Italien keinerlei Unterstützung bekommen.
       
       ## Der „Ellwangen-Appell“
       
       Zunächst muss M. trotzdem in Italien bleiben. Sechs Monate lang wird er für
       die Einreise in die Bundesrepublik gesperrt. Es ist das Einreiseverbot,
       über das sich M. laut Bild hinweggesetzt haben soll. Sein Anwalt aber
       betont, dass sein Mandant ganz legal vorher die Frist habe verstreichen
       lassen. Als seine Einreisesperre abläuft, fährt M. Ende Dezember zurück
       nach Deutschland und beantragt erneut Asyl. Eine Woche später erscheint die
       Bild-Titelgeschichte über ihn.
       
       Unterdessen fordern Aktivisten mit einer Petition, dass er zurück nach
       Deutschland kommen darf. Den [5][„Ellwangen-Appell“] unterzeichneten bisher
       knapp 14.000 Menschen. Darunter Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. Laut den
       Organisatoren liegen noch weitere Unterschriften auf Papier vor, sie
       sprechen deshalb von 20.000 Unterstützern.
       
       Ob M. in Deutschland noch Asyl bekommt, wird in den nächsten Monaten
       entschieden. Sein zweites Interview beim Bundesamt für Migration und
       Flüchtlinge habe er bereits hinter sich, sagt er. Jetzt warte er auf die
       Entscheidung. Anwalt Stierlin sagt, er habe mittlerweile eine
       Unterlassungserklärung an den Springer-Verlag geschickt. Er will, dass Bild
       den Artikel im Netz löscht und sich verpflichtet, die darin enthaltenen
       Falschbehauptungen künftig zu unterlassen. Da der Springer-Verlag daraufhin
       nicht reagiert hat, hat Stierlin mittlerweile einen Antrag auf Unterlassung
       beim Landgericht Hamburg eingelegt.
       
       18 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/trotz-abschiebung-wieder-da-der-unfassbare-fall-des-alassa-m-59347564,view=conversionToLogin.bild.html
 (DIR) [2] /Urteile-gegen-Fluechtlinge-aus-Ellwangen/!5530218
 (DIR) [3] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/Nach-Demo-in-Ellwanger-LEA-Aalener-Polizei-Keine-Ermittlungen-gegen-Alassa-M,keine-ermittlungen-gegen-kameruner-100.html
 (DIR) [4] /Fluechtlingspolitik-in-Italien/!5513587
 (DIR) [5] https://www.change.org/p/bundesamt-f%C3%BCr-migration-und-fl%C3%BCchtlinge-ellwangen-appell-holt-alassa-mfouapon-sofort-nach-deutschland-zur%C3%BCck?fbclid=IwAR0fKfMbb_3UHDNlcqef9zv8TBUP8VevSBLUhwDLVn7th0GPsfYFAhAy_Bo
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Kowalski
       
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