# taz.de -- Gesetz gegen die Erderwärmung: Weltretten soll Pflicht für alle sein
       
       > Umweltministerin Schulze macht Ernst: Per Klimagesetz und Strafzahlungen
       > will sie die anderen Ressorts zum CO2-Sparen bringen.
       
 (IMG) Bild: Will die anderen Ressorts beim Klima rannehmen: Umweltministerin Svenja Schulze
       
       Berlin taz | Mit weitreichenden Eingriffen in die Zuständigkeit ihrer
       Ressortkollegen will Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) den
       Klimaschutz voranbringen. Die einzelnen Ressorts wie Wirtschaft, Verkehr
       oder Bauen sollen für die CO2-Minderungen in ihren Bereichen selbst haften
       und auch Bußgelder zahlen, wenn die Ziele verfehlt werden. Das sehen die
       Grundzüge für ein „Klimaschutzgesetz“ vor, das derzeit im Umweltministerium
       erarbeitet wird. Eine interne Präsentation der entsprechenden Leitlinien
       liegt der taz vor.
       
       Ab 2020 sollen demnach die Ressorts eigene CO2-Budgets zugewiesen bekommen.
       Deren Einhaltung soll dann jedes Jahr vom Umweltbundesamt (UBA) überprüft
       werden. Ein „Klimarat“ von externen Fachleuten soll Fortschritte und
       Maßnahmen begutachten. Auf diese Weise soll das Klimaziel der
       Bundesregierung für 2030 erreicht werden.
       
       Die Koalition aus SPD und CDU hat beschlossen, ein Klimaschutzgesetz noch
       2019 durch das Parlament zu bringen. Es soll sicherstellen, dass die
       Bundesregierung nach dem Verpassen ihres CO2-Minderungsziels für 2020
       wenigstens für 2030 ihr Ziel erreicht. Gegenüber 1990 sollen die
       CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent sinken. Bis 2020 erreicht
       Deutschland nach Prognosen der Regierung wohl nur minus 32 Prozent, obwohl
       minus 40 geplant waren.
       
       ## Energiebereich soll 61 Prozent weniger CO2 erreichen
       
       Im „Klimaschutzplan 2050“ der Regierung, der Grundlage des Gesetzes sein
       soll, wird das 2030-Ziel auf die einzelnen Sektoren heruntergerechnet. So
       soll etwa der Energiebereich, für den das Wirtschaftsministerium zuständig
       ist, eine Minderung von mindestens 61 Prozent schaffen; [1][der
       Verkehrsbereich] muss bis 2030 seine Klimagase um wenigstens 40 Prozent
       mindern.
       
       Das Ressortprinzip soll nun auch im Klimagesetz gelten, schlägt das Konzept
       aus dem Hause von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vor: „Jeder Sektor
       erhält jährliche Emissionsminderungs-Budgets. Fehlleistungen werden auf das
       Folgejahr übertragen“ heißt es in der Vorlage. „Nichthandeln wird teuer.
       Werden die Ziele im Ressort nicht erreicht, hat das Konsequenzen für den
       Haushalt.“
       
       Über den Fortschritt bei der Emissionssenkung soll strikt gewacht werden:
       Jedes Jahr im Frühjahr soll das Umweltbundesamt die Bilanz des Vorjahres
       veröffentlichen. „Die CO2-Einsparungen der Ressorts werden dadurch
       transparent“, heißt es. Ein „Klimarat“ aus unabhängigen Experten soll über
       den Fortschritt wachen und an den Bundestag Bericht erstatten. Mit einem
       solchen unabhängigen „Committee on Climate Change“ hat etwa Großbritannien
       gute Erfahrungen gemacht.
       
       Wenn es hakt, soll schnell gegengesteuert werden, schlägt das Konzept vor.
       „Bei Überschreiten der Emissionsbudgets besteht eine Initiativpflicht der
       Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms“. Damit soll der
       Schlendrian vermieden werden, der bisher beim Klimaschutz herrschte. Weil
       jedes Ressort jedes Jahr eine Bilanz vorlegen muss, wird klar, wer seine
       Ziele erreicht oder verfehlt. Und wer, etwa im Bereich Verkehr – die
       Mehrkosten zu tragen hat. Denn ab 2021 wird es bei Nichterreichen dieser
       Ziele teuer: In der EU müssen die Staaten dann Emissionszertifikate kaufen.
       Diese Summe kann sich nach Meinung von Experten für das Jahrzehnt 2020 bis
       2030 auf 30 bis 60 Milliarden Euro belaufen.
       
       ## Opposition lobt, Koalitionspartner dagegen
       
       Ein solches Gesetz, das so weitreichend in die Kompetenzen der anderen
       Häuser eingreift, wird bei den anderen Ressorts nicht mit Begeisterung
       aufgenommen. Bislang war das Umweltministerium für Klimaschutz zuständig,
       hatte aber keinen Einfluss auf die Maßnahmen in den Bereichen Energie,
       Verkehr, Industrie und Landwirtschaft, wo die Probleme entstehen.
       Entscheidend für das Schicksal des Klimagesetzes werden deshalb vor allem
       zwei Stellen der Regierung: Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der eine
       Kostenlawine auf den Haushalt zurollen sieht, wenn nicht bald kräftig CO2
       gespart wird. Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der letztlich die
       Richtlinienkompetenz über die anderen Ministerien zusteht.
       
       Die klimapolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Lisa Badum, lobt das
       Konzept, das einem Grünen-Vorschlag vom November ähnele: „Es ist richtig,
       dass wenigstens das Umweltministerium Verantwortung übernimmt“, erklärte
       sie. Ein Sofortprogramm bei Zielverfehlung, unabhängiges Monitoring und
       jährliche Budgets seien der richtige Weg. Allerdings müsse die Regierung
       ihre Ziele „am Pariser Abkommen ausrichten und nachschärfen“.
       
       Aus der Union kommt schon scharfer Gegenwind. Der Plan der Umweltministerin
       widerspreche dem Koalitionsvertrag, sagte der stellvertretende
       Fraktionschef Georg Nüßlein der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er lade
       Umweltverbände geradezu dazu ein, die Regierung zu verklagen. Die SPD mache
       nur „Symbolpolitik“ und suche eine „Sollbruchstelle“, um zur Mitte der
       Legisaturperiode aus der Koalition auszusteigen. Auch CSU-Verkehrsminister
       Andreas Scheuer hat klar gemacht, dass er wenig Interesse daran hat, mit
       harten Maßnahmen im Verkehrsbereich zu reagieren.
       
       1 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Umweltministerin-zu-Tempolimit/!5568381
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) Svenja Schulze
 (DIR) IG
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Koalition
 (DIR) Verkehrspolitik
 (DIR) DUH
 (DIR) Greta Thunberg
 (DIR) Kohlekommission
 (DIR) Kohlekommission
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Anwalt über erfolgreiche Klimaklagen: „Klimaschutz hat Verfassungsrang“
       
       Was aus dem bahnbrechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum
       Klimaschutzgesetz folgt, erklärt der Anwalt Remo Klinger.
       
 (DIR) Bundesregierung zu Erderwärmung: Koalition will Klimakabinett
       
       Die Große Koalition plant, neue Klimaregelungen noch in diesem Jahr zu
       beschließen und die Autoindustrie in die Pflicht zu nehmen. Kritik kommt
       von den Grünen.
       
 (DIR) Kommentar Klimaschutzgesetz: Alles auf Rot
       
       Mit einem Gesetz will Umweltministerin Schulze Ernst machen mit dem
       Klimaschutz. Scheitert es, ist nicht nur die Koalition in Gefahr.
       
 (DIR) Streit um Gesetz von Umweltministerin: Klimakrise am Kabinettstisch
       
       Die Union ist wütend über den Entwurf des Klimagesetzes aus dem
       SPD-Umweltministerium. Der Vorwurf lautet: Planwirtschaft.
       
 (DIR) Kommentar CO2-Grenzwerte für Lkws: Ein Anfang, mehr aber nicht
       
       Die EU hat sich erstmals auf Obergrenzen für den CO2-Ausstoß neuer
       Lastwagen und Busse geeinigt. Für echten Klimaschutz reicht das nicht.
       
 (DIR) Ausgleich für den CO2-Fußabdruck: Geschäft mit dem schlechten Gewissen
       
       Nach dem Hitzesommer wollen mehr Menschen, Firmen und Behörden ihren
       Beitrag zum Treibhauseffekt kompensieren. Was hilft das?
       
 (DIR) Schüler*innenproteste fürs Klima: Wenn Erwachsene von Kindern lernen
       
       Jeden Freitag demonstrieren Schüler*innen für eine gute Zukunft, die durch
       den Klimawandel in Gefahr ist. Vier Jugendliche sprechen.
       
 (DIR) Kohleausstieg 2038: Kein Knaller fürs Klima
       
       Der Kompromiss verfehlt die Ziele des Pariser Abkommens, sagen Experten.
       Deutschland müsste seine Anstrengungen nochmals steigern.
       
 (DIR) Abschlussbericht der Kohlekommission: Zerreißprobe für Klimaschützer
       
       Sie haben gekämpft, aber längst nicht alle Ziele erreicht. Dennoch stimmen
       die Umweltverbände am Ende zu – im Gegensatz zu vielen AktivistInnen.