# taz.de -- Ausstellungsabsage am Haus der Kunst: Eine Komplott alter weißer Männer
       
       > Erst sagt man die Tate-Ausstellung von Joan Jonas ab. Dann cancelt das
       > Haus der Kunst in München auch die MoMA-Schau von Adrian Piper.
       
 (IMG) Bild: Tempi passati: Okwui Enwezor bei einem Fototermin vor dem Münchner Hauses der Kunst
       
       Die meisten Katastrophen werden in München schnell verziehen. Wir lieben
       Prominenz. Auch dann noch, wenn wir nicht so richtig viel mit ihr anfangen
       können. Okwui Enwezor etwa, auf den waren wir richtig stolz, als er 2011
       Direktor im Haus der Kunst wurde, er war zuvor hochgeschätzter
       documenta-Chef, hat eine Biennale in Venedig verantwortet und hätte
       weltweit viele Posten bekommen können. Jahrelang hat er in München eine
       international ausgerichtete Ausstellungspolitik der globalen Avantgarde
       verfolgt.
       
       Sein Vertrag wurde Anfang letzten Jahres verlängert, auch wenn er und sein
       Programm etwas spröde, manchmal sogar richtig anstrengend beziehungsweise
       bloß anspruchsvoll waren. Der barocke, in München gern gepflegte
       Prestige-Furor überwog alle Bedenken. Aufgrund seiner schweren Erkrankung
       musste Enwezor sich Mitte des vergangenen Jahres zurückziehen. Umgehend
       setzte ein Bashing ein, das seinesgleichen suchte.
       
       Sein Programm: unangenehm elitär; sein Umgang mit dem Budget: die schiere
       Katastrophe. Und er sprach englisch; mia san mia, das hat er, soviel ist
       sicher, nicht verstanden, er ließ sich von der Kulturschickeria nicht
       vereinnahmen, blieb distanziert. Als man schließlich fertig war mit den
       Schmähungen kam, nein, kein neuer Direktor. Der kaufmännische Leiter
       Bernhard Spies übernahm die künstlerische Leitung gleich mal mit – und
       sagte die unter Enwezor mit der Londoner Tate vereinbarte Übernahme der
       Ausstellung von Joan Jonas, der amerikanischen Performance- und
       Video-Künstlerin von weltweitem Rang ab. Aus Kostengründen.
       
       Stattdessen kam Jörg Immendorf, der Düsseldorfer Provokateur der Achtziger
       – und bis heute eine wichtige Position im Portfolio der Galerie Michel
       Werner (Köln, New York, London). Die zweite Absage ging an die
       Adrian-Piper-Schau aus dem New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) und wurde
       mit Sparmaßnahmen begründet, verursacht durch „misguided development in the
       past“.
       
       ## Hans Dampf in allen Gassen der Kunst
       
       Stattdessen kommt Markus Lüpertz. Kostet auch. Aber darum kümmert sich
       Walter Smerling, Chef der Stiftung für Kunst und Kultur e. V. Bonn und auch
       ansonsten facettenreich als Manager und Berater im Dienst der Kunst tätig.
       Er will sich angeblich mit der Beschaffung der Mittel befassen.
       
       Spies, Werner, Lüpertz, Smerling, ein fein und edel gesponnenes rheinisches
       Netzwerk, das sich für die als freundlich kaschierte feindliche Übernahme
       des bayerischen Tempels der zeitgenössischen Kunst bereit macht? Ein brutal
       orchestrierter ultimativer Schlag gegen die Ausstellungspolitik einer
       international hochgeschätzten Koryphäe? Wie dem auch sei, der Freistaat als
       Inhaber und Hauptfinanzier des Hauses lässt sparen. Irgendwie.
       
       Der bayerische Kunstminister, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Hauses der
       Kunst, hat ohne Not in der Vergangenheit auf eine geordnete Budgetierung
       verzichtet. Jetzt verzichtet man auf Haltung und Stil. Koste es, was es
       wolle. Kunsthallen, die im Ausleihgeschäft außer Renommee nichts bieten
       können, da sie keine eigene Sammlung haben, sind auf die Wertschätzung der
       maßgeblichen Museen in aller Welt angewiesen.
       
       Wer da glaubt, er könne Vereinbarungen schnöde absagen, ist entweder nicht
       ganz à jour mit den internationalen Gepflogenheiten oder er verfolgt
       Interessen, die über den regionalen, vielleicht auch persönlichen
       Tellerrand nicht hinausreichen. Beides wäre fatal für die Zukunft eines
       gerade ob seiner Ausstellungspolitik angesehenen Hauses.
       
       9 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annegret Erhard
       
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