# taz.de -- taz-adventskalender „Frohe Botschaft“ (7): Der König von Kreuzberg
       
       > Ja, die KreuzbergerInnen wollen gerne, dass in ihrem Stadtteil an Rio
       > Reiser, den Sänger von Ton Steine Scherben, erinnert wird – belegt eine
       > Anwohnerbefragung.
       
 (IMG) Bild: Das Künstlerhaus Bethanien in Kreuzberg, einst besungen von Rio Reiser
       
       Nach dem christlichen Kalender wird die Frohe Botschaft ja erst am 24.
       Dezember verkündet. Weil es in diesem irdischen Jammertal aber so selten
       Grund zur Freude gibt, präsentieren wir bis Weihnachten täglich eine gute
       Nachricht. 
       
       König von Deutschland zu sein, davon träumte er – und soll posthum jetzt
       zumindest König von Kreuzberg werden, das ja nicht Deutschlands
       schlechtester Teil ist. In dem mythenumwobenen Stadtteil soll ein Platz
       nach Rio Reiser benannt werden, der als Sänger des Musikerkollektivs Ton
       Steine Scherben am Kreuzberger Mythos mitgestrickt hat.
       
       Eine große Mehrheit der AnwohnerInnen rund um den Kreuzberger Mariannen-
       und den Heinrichplatz sprachen sich in einer Befragung durch das Bezirksamt
       dafür aus, den 1950 in Berlin geborenen und 1996 verstorbenen Ralph
       Christian Möbius aka Rio Reiser im öffentlichen Raum zu ehren. 5.000
       Fragebögen hatte das Bezirksamt verteilt und 950 ausgefüllt wieder
       einsammeln können.
       
       Darin spricht sich mit einem Drittel der Befragten die größte Gruppe für
       eine Umbenennung des Heinrich-Platzes in Rio-Reiser-Platz aus. Das hätte,
       anders als beim ebenfalls in Erwägung stehenden Mariannenplatz, den
       Vorteil, dass nicht ein Frauenname einem Männernamen weichen müsste. Denn
       Berlin hat sich ja eigentlich auferlegt, Straßen und Plätze so lange nur
       noch nach Frauen zu benennen, bis diesbezüglich eine quantitative
       Geschlechtergleichheit hergestellt ist.
       
       ## Kreuzbergs buntes Gesicht
       
       25 Prozent befürworteten eine Umbenennung von Teilen des Mariannenplatzes,
       30 Prozent eine andere öffentliche Ehrung, etwa ein Denkmal. Reiser und
       seine Band hätten mit dem „Rauch Haus Song“ die „Hymne der
       Hausbesetzerbewegung“ geschrieben, so das Bezirksamt in seiner
       Pressemitteilung zum Ergebnis der Befragung. Im „Rauch Haus Song“ geht es
       um die Besetzung des ehemaligen Bethanien-Krankenhauses direkt am
       Mariannenplatz im Dezember 1971. Die Lieder der Scherben hätten „eine ganze
       Generation politischer junger Menschen begleitet“ und mit dazu beigetragen,
       „dem Stadtteil Kreuzberg sein heutiges buntes Gesicht zu verleihen“.
       
       Um Kreuzbergs buntes Gesicht ging es auch noch in einem anderen Teil der
       AnwohnerInnenbefragung: Neben der einen Frage zum Rio-Reiser-Denkmal gab es
       insgesamt 17 weitere Fragen zu den jährlichen 1.-Mai-Feierlichkeiten in dem
       Stadtteil. Sollen das MyFest vom Oranien- bis Mariannenplatz und das neue
       MaiGörli-Fest im Görlitzer Park weiterhin stattfinden?, war eine davon.
       
       Die Auswertung dieser Antworten dauere „aufgrund der Komplexität der
       Fragen“ länger, hieß es aus dem Bezirksamt auf taz-Anfrage. Auf diese
       nächste hoffentlich ebenfalls Frohe Botschaft müssen wir also noch ein
       wenig warten.
       
       7 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
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