# taz.de -- Legalisierung von Cannabis: „Ich glaube, die Zeit ist reif dafür“
       
       > Am Samstag entscheidet die Berliner SPD über die Cannabis-Freigabe. Das
       > kann bundesweite Folgen haben, sagt Georg Wurth vom Hanfverband.
       
 (IMG) Bild: Auf ihrem Parteitag am Samstag entscheidet die Berliner SPD, ob sie sich für die Legalisierung einsetzt
       
       taz: Herr Wurth, die Berliner SPD stimmt bei ihrem Parteitag am Samstag
       über einen Antrag zur Cannabis-Freigabe ab. Meinen Sie, der kommt durch? 
       
       Georg Wurth: Ich hoffe es. Die SPD in Berlin war ja bei einer
       Mitgliederbefragung schon ganz nah dran, eine Legalisierung zu befürworten.
       Das ist knapp daneben gegangen. Ich glaube, die Zeit ist reif dafür.
       
       Sie meinen die Befragung im Jahr 2015. Damals stimmten 44 Prozent der
       Genossen gegen eine Freigabe und 43,2 dafür. Warum sollten die Delegierten
       des Parteitags das jetzt anders sehen?
       
       Die Dinge haben sich seitdem weiterentwickelt. Einige Bezirksverbände,
       darunter der große Kreisverband Mitte, unterstützen den Antrag bereits. Das
       sind gute Vorzeichen.
       
       Kommt der Antrag durch, was hat das zur Folge? 
       
       Es geht darum, dass die SPD auch bundesweit endlich eine Haltung zu
       Cannabis findet. Im Bundestag liegen seit Januar Anträge zur Abstimmung von
       Grünen, Linkspartei und FDP. Sie fordern die Entkriminalisierung der
       Konsumenten, die Legalisierung von Cannabis oder die Einführung von
       Modellprojekten. Als Hanfverband haben wir zudem eine Petition eingereicht.
       Trotzdem tut sich seit bald einem Jahr nichts – vor allem, weil sich die
       SPD nicht entscheiden kann, wie sie mit dem Thema umgehen soll.
       
       Eine Positionierung der Berliner SPD würde das ändern? 
       
       In so einer Situation ist es sehr wichtig, wie sich die SPD-Landesverbände
       äußern. Die Sozialdemokraten in Bayern und Sachsen haben die Legalisierung
       bereits beschlossen, Bremen hat unter SPD-Führung ein Modellprojekt
       beantragt. Jetzt geht es darum, die Spitze zu überzeugen, zumindest erste
       Schritte zu gehen.
       
       Die da wären? 
       
       Zum Beispiel die rechtliche Lage für Modellprojekte zu klären. Niemand weiß
       genau, ob sie nicht schon genehmigungsfähig wären. Eine Klarstellung im
       Betäubungsmittelgesetz wäre ein echter Fortschritt.
       
       Auch Rot-Rot-Grün in Berlin hat sich auf ein Modellprojekt zur
       kontrollierten Abgabe von Cannabis verständigt. Bisher scheiterten solche
       Vorstöße aber am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das
       zum CDU-geführten Gesundheitsministerium gehört. 
       
       Im Antrag, über den die Berliner SPD abstimmt, wird deshalb gefordert, dass
       in Zukunft die Länder selbst über Modellprojekte entscheiden sollen. Dann
       würde es keine Streitereien mehr mit der Bundesebene geben.
       
       Die Union will aber weder Modellprojekte noch die Cannabis-Freigabe. Es ist
       absehbar, dass sie solche Veränderungen nicht mittragen wird. 
       
       Selbst der Vorsitzende im Gesundheitsausschuss im Bundestag, Erwin Rüddel
       von der CDU, hat gesagt, dass er Modellprojekte gut fände. Man könnte
       sagen: Die CDU schreit geradezu danach, dass die SPD mit einer klaren
       Position in die Verhandlungen geht. Die CDU ist sicherlich nicht komplett
       auf Legalisierungskurs, die SPD auch nicht. Aber insbesondere immer mehr
       Fachpolitiker kommen zu dem Ergebnis, dass das Verbot von Cannabis nicht
       den Konsum senkt, sondern Probleme und Kosten verursacht und wir deshalb
       eine Entkriminalisierung brauchen.
       
       Mit einem CDU-Chef und möglichen Kanzler Friedrich Merz dürfte eine Wende
       hin zum „Kiffen ist okay“ erst recht nicht zu machen sein. Hoffen Sie, das
       sich unter Merkel noch etwas tut? 
       
       Ich hoffe, dass schnell etwas passiert. Wir sehen den gesellschaftlichen
       Wandel in den Umfragen, die wir regelmäßig durchführen. In der Bevölkerung
       wird es bald eine Mehrheit für eine Legalisierung geben. Wenn jetzt noch
       Rückenwind von der Berliner SPD kommt, glaube ich schon, dass da etwas
       geht.
       
       15 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Lang-Lendorff
       
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