# taz.de -- Legalisierung von Cannabis in Berlin: Jetzt durchziehen, Genossen!
       
       > Die Berliner SPD will auf ihrem Parteitag über einen Antrag zur
       > Cannabisfreigabe abstimmen. Der Kreisverband Mitte ist schon mal dafür.
       
 (IMG) Bild: Kiffen ganz legal? Darüber wird die SPD beim Parteitag abstimmen
       
       Im Wahlkampf 2016 ließen die GenossInnen lieber noch die Finger vom Thema
       Cannabis. Nun macht sich die Berliner SPD die Forderung nach einer Freigabe
       möglicherweise doch zu eigen: In einem Antrag für den Landesparteitag im
       November werden nationale und internationale rechtliche Grundlagen „für
       eine staatlich kontrollierte Produktion und Abgabe von Cannabisprodukten an
       Erwachsene“ gefordert.
       
       Einen ersten Stimmungstest gab es bereits: Am vergangenen Samstag segnete
       der Kreisverband Mitte den Antrag ab. Für die Verfechter der Legalisierung
       ein wichtiger Schritt: Mitte ist der Kreis, der auf dem Parteitag die
       meisten Delegierten stellt.
       
       „Mit diesem Rückenwind sind wir sehr zufrieden“, sagte am Montag Thomas
       Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD. Er setzt sich seit
       Jahren für eine kontrollierte Abgabe ein und ist einer der Autoren des
       Antrags. Aus seiner Sicht ist die bisherige Cannabispolitik gescheitert.
       
       „Wir sind keine Fans von Kiffer-Romantik“, hatte Isenberg bereits im
       Frühjahr zusammen mit dem SPD-Fraktionschef Raed Saleh in einem
       [1][Gastbeitrag in der taz] geschrieben. „In unseren Augen würde unsere
       Gesellschaft durch ‚erlaubtes Kiffen‘ nicht gefährlicher, sondern
       sicherer.“ Die Kriminalisierung stigmatisiere nicht nur VerbraucherInnen,
       sie halte auch die Polizei von ihrer eigentlichen Arbeit ab, betonte
       Isenberg am Montag. Außerdem gefährde sie die Gesundheit der Menschen. „Auf
       dem unregulierten Markt wird mit gepanschten Substanzen gehandelt.“
       
       ## Thema im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag
       
       Bei einer Mitgliederbefragung vor der letzten Abgeordnetenhauswahl hatte
       sich die SPD-Basis noch gespalten gezeigt: 44 Prozent stimmten gegen eine
       Cannabis-Freigabe, 43,2 Prozent waren dafür, 13 Prozent enthielten sich.
       Der damalige Landeschef Jan Stöß zog daraus den Schluss: „Eine Mehrheit ist
       skeptisch, also wird das keinen Einzug halten in unser Wahlprogramm.“
       
       Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag tauchte das Thema dann trotzdem auf:
       SPD, Linke und Grüne verständigten sich auf ein „Konzept zur Durchführung
       eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojekts zur kontrollierten Abgabe
       von Cannabis an Erwachsene“. Die Koalition werde sich auch „für dessen
       gesetzliche Absicherung einsetzen“.
       
       Bislang muss ein Modellprojekt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und
       Medizinprodukte beantragt werden, einer Einrichtung, die zum
       Geschäftsbereich des CDU-geführten Gesundheitsministeriums gehört. 2015
       hatte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg einen solchen Antrag eingereicht
       – und scheiterte. Dass unter dem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein
       rot-rot-grünes Modellprojekt nun durchkommt, ist eher nicht zu erwarten.
       
       Im aktuellen SPD-Antrag fordern die Genossen deshalb, dass die Bundesländer
       unmittelbar das Recht erhalten sollen, auf Landesebene die „Durchführung
       und Zulassung wissenschaftlicher Modellprojekte“ zu ermöglichen. Bei
       Modellprojekten solle es eine Besteuerung von Cannabis ähnlich der Alkohol-
       und Tabaksteuer geben, Werbeverbote blieben bestehen, Jugendschutz und
       Prävention sollen gestärkt werden und entsprechende Projekte ausreichend
       Geld bekommen, heißt es in dem Antrag.
       
       ## Die Union ist skeptischer
       
       Winkt die Berliner SPD das Papier Mitte November durch, rückt die Forderung
       nach Legalisierung wieder ein Stückchen weiter in die Mitte der
       Gesellschaft: Sowohl Linke als auch Grüne und FDP befürworten eine
       kontrollierte Cannabis-Freigabe oder Modellprojekte. Selbst der
       CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel, auch Vorsitzender des
       Gesundheitsausschusses, hatte sich zuletzt für Modellprojekte
       ausgesprochen.
       
       Andere in der Union sind skeptischer: Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan
       Pilsinger hält nichts von einer Kurskorrektur. „Wenn etwas legalisiert
       wird, führt das doch zu höherer Akzeptanz“, sagte er der Badischen Zeitung.
       Es werde eben „einfacher, an die Droge zu kommen“.
       
       Demnächst soll im Bundestag über mehrere Anträge abgestimmt werden. Im
       Koalitionsvertrag von CDU/CDU und SPD stehe nichts zu dem Thema, sagte
       Isenberg. „Die SPD-Bundestagsfraktion sollte diese Chance nutzen und den
       Druck erhöhen.“ Wenn in einer überfraktionellen Abstimmung Modellprojekte
       ermöglicht würden, wäre das „ein erster Schritt“.
       
       Georg Wurth vom Hanfverband sieht das ähnlich: „Entscheidend ist, wie sich
       die Bundes-SPD in dieser Frage positioniert.“ Der Impuls der Berliner SPD
       komme da zur rechten Zeit.
       
       17 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gastkommentar-Cannabis-Freigabe/!5496172/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Lang-Lendorff
       
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